„Es lag ein schwer belastetes Arbeitsverhältnis vor“, erläuterte Arbeitsrichter Jürgen-Ludwig Walter dieser Zeitung auf Nachfrage kurz nach seiner knappen Urteilsverkündung. Es sei wohl unfair gearbeitet worden, „gegebenenfalls von beiden Seiten“, so der Richter. Eine klassische Täter-Opfer-Beziehung im Sinne der juristischen Würdigung habe aber nicht vorgelegen.
Mobbing verstehe sich als systematische Anfeindung, Schikanierung und Diskriminierung. „Es kommt auf die Gesamtschau an“, so der Richter. Nachdem die 1300-seitige Klageschrift keine Vorwürfe zwischen Dezember 2005 und Oktober 2006 umfasse, seien die Einzelzeiträume vorher und nachher zu betrachten. Dabei fielen je ein bis zwei fragliche Vorfälle ins Auge, die aber nicht ausreichten, den Mobbingvorwurf zu erhärten.
Außerdem greife eine „Verfristung“ nach öffentlichem Tarifrecht. Demnach müssen Mobbingvorwürfe spätestens nach sechs Monaten geltend gemacht werden. Gegen Landrat Bold bestünden keine Ansprüche, weil er nicht der Arbeitgeber Grollmanns gewesen sei. Ergebnisse anderer Verfahren seien nicht in die Mobbingvorwürfe einzubeziehen, sondern jeweils gesondert zu betrachten, fuhr der Richter fort.
„Wo ist denn hier das öffentliche Verfahren“, kommentierte Grollmann den Umstand, dass sich der Richter und die Schöffen kurz nach Prozessauftakt zurückzogen und die Urteilsverkündung fünf Stunden später ansetzen. Vor einer detaillierten Stellungnahme wollte er mit seinen Anwälten die Urteilsbegründung abwarten. Grollmann war sieben Jahre Direktor der Bildungsstätte für Verbände, Orchester- und Laienmusiker in Hammelburg. Im Sommer 2007 war er unter anderem wegen Kompetenzüberschreitungen und Bereicherung fristlos entlassen worden. Das Arbeitsgericht Schweinfurt und das Landesarbeitsgericht in Nürnberg hielten die Form der Kündigung zwar für nicht rechtens. Das Arbeitsverhältnis wurde dennoch aufgelöst. Das Landesarbeitsgericht sprach Grollmann jedoch eine Abfindung von gut 35.000 Euro zu. Anschließend forderte Grollmann vom Trägerverein 125.000 Euro Schmerzensgeld. Zur Begründung führte der ehemalige Chef der Musikakademie an, er sei vom Verein und dessen Vorsitzendem, dem Bad Kissinger Landrat Thomas Bold (CSU), jahrelang gemobbt worden. Grollmanns Anwalt Klaus Michael Alenfelder erklärte, er werde gegen die Entscheidung notfalls bis zum Bundesarbeitsgericht vorgehen. Zur Begründung sagte der Professor für Wirtschaftsrecht der Deutschen Presse-Agentur dpa, das Gericht habe seinen Mandanten nicht auf rechtliche Bedenken hingewiesen und somit das rechtliche Gehör verweigert. In der ersten Verhandlungsrunde im Herbst 2009 hatte das Gericht noch einem Befangenheitsantrag gegen den hauptamtlichen Richter stattgegeben.