Einen großen Abschied bekam Steinmetzgeselle Alexander Trunk (19) aus Altengronau (Main-Kinzig-Kreis), als er sich am Sonntag in Hausen vor dem Gasthaus zum Adler auf Wanderschaft in die weite Welt aufmachte. Sein erstes konkretes Ziel ist Mainz, später will er nach Frankreich.
Erst am Abend zuvor war der junge Wandergeselle in die Gesellschaft der rechtschaffenen fremden Maurer und Steinhauer aufgenommen worden, deren Bestehen weit ins 17. Jahrhundert zurückreicht. Da er unverheiratet und kinderlos ist, jünger als 30 Jahre, schuldenfrei und nicht vorbestraft, erfüllte er die traditionellen Bedingungen.
Seine Ausbildung absolvierte Trunk bei einem Steinmetz in Steinau, wo er am 18. Juli seinen Gesellenbrief erhielt. Drei Wochen später wurde er als Junggeselle in seine Zunft „eingebunden“. Man band ihm seine „Ehrbarkeit“ um, einen krawattenähnlichen schwarzen Stoffstreifen mit mehreren Samtbändern, den andere nicht anfassen dürfen. „Das wäre so, als wenn man einer Frau an die Brust greift.“
Zwei Lehrsekundanten halfen ihm von nun an, das Zunftritual und die traditionellen Statuten zu erlernen. Erst nach zwei Monaten durfte er am Samstag in Hausen hinter verschlossenen Türen in einem geheimen Ritual in die Zunft aufgenommen werden.
Zu dieser Aufnahme hatte Adler-Wirt Dieter Göbel an andere Handwerksgesellen in sein Gasthaus eingeladen, das allen „Tippelbrüdern“ schon seit Jahren als Herberge dient. Auch Alexander Trunk musste hier seine Wanderschaft beginnen, da es die nächste offizielle Herberge im Umkreis seines Heimatortes ist.
Mehr als 20 Zunft- und Freigesellen – für Letztere gibt es keine Zunft oder sie wollen einfach ungebunden bleiben – aus Hannover und Köln, der schwäbischen Alb und aus Straubing sowie aus der näheren Region folgten Göbels Einladung im Internet, „obwohl elektronische Kommunikationsmittel heute zwar nicht verboten, bei uns aber absolut verpönt sind“. Gelegentliche Besuche in Internetcafés seien heutzutage aber akzeptiert.
Nach der abendlichen Zusammenkunft mit Aufnahmeritual, gab es am frühen Sonntagmorgen noch ein kräftigendes Frühstück im Adler, bevor die Kameraden ihrem neuen Wanderbruder eine „fixe Tippelei“ wünschten und sich dann wieder auf den eigenen Weg machten.
Trunk darf von nun an auf seiner Wanderschaft drei Jahre und einen Tag lang seinem Heimatort Altengronau nicht näher als 50 Kilometer kommen. Das hat er auch gar nicht vor. Bepackt mit seinem Charlottenburger, dem mit den nötigsten Habseligkeiten vollgepackten Stoffbündel, und gestützt auf seinen Stenz, den eingedrehten Wanderstock, zieht er gekleidet in brauner Cordhose, Weste und Jackett, auf dem Kopf seine schwarze Melone, nach Süden der Sonne entgegen. Er wolle auf seiner Wanderschaft zu anderen Steinmetzen nicht nur die Welt kennenlernen, sondern viel über das alte Handwerk erfahren, „eben das volle Programm lernen“. Besonders für das Restaurieren interessiere er sich, verrät er vor seinem Abmarsch.
ONLINE-TIPP
Mehr Informationen im Internet unter www.rechtschaffene-maurer.de