Machtilshausen - Erfinderische Ladies gibt es nicht nur in Yorkshire. Was in der englischen Kleinstadt in den 90er Jahren für Schlagzeilen sorgte und Anfang des Jahres dann als "Kalendergirls" hierzulande über die Kinoleinwand flimmerte, das regte die Fantasie der Frauen vom Singkreis Miriam in Machtilshausen an. Auch sie haben sich zu Gunsten der Krebsforschung für einen Kalender ablichten lassen. Gleich vorab: Die Hüllen ließen die Damen nicht fallen, die Fotos der "Frauenzimmer" haben es aber trotzdem in sich.
Wie so oft, wenn in Machtilshausen etwas passiert, steckt Ingrid Mützel dahinter. Die rührige Vorsitzende des Gartenbauvereins, Leiterin des Frauen-Werkkreises und Chefin des Miriam-Singkreises hat ihre Frauen sozusagen im Handstreich zu Modells gemacht. Als nämlich Anfang des Jahres der Film Kalendergirls in die Kinos kam, wurde darüber auch in den Proben vom Singkreis Miriam im historischen Schreinersch' Haus diskutiert.
Zum Hintergrund: Basierend auf eine wahre Geschichte inszenierte Regisseur Nigle Cole eine witzige Komödie, in der sich Mitfünfzigerinnen für Kalenderfotos nackt ablichten lassen, um so Geld für das örtliche Krankenhaus zu sammeln, in dem der Ehemann einer der Frauen an Leukämie gestorben war.
"So etwas können wir auch", scherzten die Frauen, die in etwa das gleiche Alter haben. Doch was nur aus Spaß so daher gesagt war, verarbeitete Ingrid Mützel sogleich zu einer fixen Idee. Schon bei der nächsten Chorprobe im Schreinersch' Haus stand sie mit dem Fotoapparat da und überraschte ihre Frauen mit einer verrückten Idee. Nicht ausziehen sollten sie sich, sondern anziehen - und zwar alte Kleider von den Menschen, die einst in dem alten Bauernhaus gelebt haben.
Heftige Diskussionen habe es gegeben und keinesfalls hätten alle gleich mitmachen wollen, erinnert sich Ingrid Mützel. In ihrer bekannt hartnäckigen Art hat sie aber letztlich doch alle dazu gebracht, sich vor die Kamera zu stellen. Keine war geschminkt, keine frisiert, doch das ist es gerade, was den Reiz der Machtilshäuser Kalendergirls ausmacht.
Jede der zwölf Frauen wurde in ein für sie passendes Outfit gesteckt und immer in einem anderen Zimmer des Schreinersch' Haus fotografiert - so entstand auch der Titel "Frauenzimmer". Da ist die Waschfrau in der Küche zu sehen, die Gemeindesekretärin an der Schreibmaschine in der Amtsstube des Dorf-Schultheis, die Bäuerin in der Schneiderwerkstatt oder die zu Bett Gehende in der Schlafstube. Auch ein Badefräulin im schicken Rüschchen-Badeanzug in der eisernen Blechwanne lacht den Betrachter an.
Viel Lacherei hat es beim Foto-Shooting allein der Kleider wegen gegeben, erzählt Ingrid Mützel, denn diese waren nicht immer für die Figuren der Frauen passend. Da war es schon eine fotografische Kunst, die in enge Korsetts gequetschten Damen so abzulichten, dass man den klaffenden Reißverschluss nicht erkennen kann. Zu allem Unglück wurde ein Teil der Digitalaufnahmen dann auch noch von der Festplatte gelöscht, so dass sich einige Frauen ein zweites Mal einschnüren lassen mussten. Die Mühe jedoch hat gelohnt: Der nur für den Eigenbedarf produzierte Kalender ist so gut gelungen, dass die Frauen beschlossen, ihn zu verkaufen und den Erlös für die Krebsforschung zu spenden. Denn auch in ihrem Freundeskreis sind zwei Menschen an Leukämie gestorben.
Neben dem Wohltätigkeitsaspekt hat der "Frauenzimmer"-Kalender für Ingrid Mützel noch eine andere Bedeutung. "Er soll an die Frauen im Schreinersch' Haus erinnern." Da sind die Frauen, die dort einst gelebt haben, dann die Frauen, die bei der Sanierung mitgeholfen haben und letztlich jene Frauen, die heute das Schreinersch' Haus nutzen wie beispielsweise der Singkreis Miriam, der hier seine Proben abhält. Der Kalender kann bei Ingrid Mützel, Tel. (0 97 04) 51 02, bestellt werden.