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MÜNNERSTADT: Fünf Monate im Lager Kundus

MÜNNERSTADT

Fünf Monate im Lager Kundus

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    „Das was man hat, schätzt man mehr“, sagt der 22-jährige Zeitsoldat, der seit wenigen Tagen wieder zurück in Münnerstadt ist. Statt Tarnkleidung im Wüstenoutfit trägt er jetzt einen Trainingsanzug des heimischen TSV. „Das Schöne kann man viel mehr genießen, wenn man sieht, wie schnell es gehen kann“.

    Wie schnell das Leben zu Ende sein kann, hat er am 23. Juni erlebt, als einer der Freunde aus seiner Stammeinheit in Bad Salzungen bei einem Einsatz während der Offensive gegen die Taliban getötet wurde. „Mit dem habe ich montags immer Fußball gespielt“, sagt Thomann und wird nachdenklich. „Da haben gestandene Männer nicht nur Tränen in den Augen gehabt“, erinnert er sich an die Trauerfeier, „manche sind auch zusammengebrochen.“ Aus seinen Worten spricht großer Respekt vor „den Jungs, die tagtäglich ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben“.

    Im Hinterhalt

    Als Mitglied der MAT-Gruppe, die mit Versorgungsaufgaben befasst ist, ist der junge Stabsunteroffizier nur einmal bei einer Fahrt zum kleinen Stützpunkt Talukan in einen Hinterhalt der Taliban geraten. Der Konvoi wurde zwar beschossen, alles ging aber gut. Weit weniger Schrecken, als man in sicherer Entfernung von Deutschland aus meinen könnte, verbreiten die Raketen, die immer wieder auf das Lager in Kundus abgefeuert werden, aber glücklicherweise selten treffen.

    Die erste Zeit hat Thomann versucht, so schnell wie möglich in einen Schutzraum zu kommen, „später ärgert man sich, weil man nicht weiterarbeiten kann.“ Zu tun gibt es in dem Lager, in dem zwischen 950 und 1200 Menschen leben, soviel, das oft ein Zehn- bis Zwölfstundentag nicht reicht. Die viele Arbeit hat der junge Soldat, dessen Großvater Karl Scharf übrigens der Ehrenpräsident des TSV Münnerstadt ist, immer als angenehm empfunden. „Da geht die Zeit rum wie nichts.“

    Schnitzel vom Deutschen Eck

    Denn ein kleiner Stadtbummel in der fünf Kilometer entfernte Stadt Kundus ist natürlich wegen der angespannten Sicherheitslage nicht drin. Das ist derzeit auch für die Angestellten der verschiedenen deutschen Firmen nicht möglich, die früher immer mal gerne im „Deutschen Eck“ vorbeigeschaut haben. So heißt die Kneipe, die ein ehemaliger deutscher Soldat aus Koblenz in der knapp 100 000 Einwohner zählenden Stadt aufgemacht hat und in der es zünftige Hausmannskost gibt. „Da haben wir uns mal ein Schnitzel bringen lassen“, sagt Thomann, will sich aber über die Kantinenverpflegung im Lager nicht beschweren.

    Auch wenn im Lager mit dem „Lummerland“, einem Aufenthalts- und Fernsehraum, für etwas Abwechslung gesorgt wird, allzu viel kann man nicht anstellen, Highlights sind selten. Wie etwa der Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Franz-Josef Jung im April dieses Jahres. Da hatte Thomann die Aufgabe, den Hubschrauber wieder aufzutanken, mit dem die beiden Politiker unterwegs waren.

    Freunde fürs Leben

    Der Kontakt zur Bevölkerung beschränkt sich in erster Linie auf die 200 bis 300 „Lokals“, die im Lager Bauarbeiten verrichten, in der Küche helfen oder auch Wachaufgaben wahrnehmen, wie die „Guards“ am Tor. „Das sind sehr freundliche, fleißige Menschen, sagt Thomann.

    Trotz aller Beschwernisse, der fehlenden Intimsphäre und dem ungewohnten Klima mit Temperaturen von bis zu 48 Grad im Schatten und der Freude, wieder zu Hause bei Familie und Freundin zu sein, möchte der junge Mann, der im Lager am 1. Juli seinen 22. Geburtstag gefeiert hat, die Erfahrung der vergangenen fünf Monate nicht missen. Hat er doch sehr gute Erfahrungen menschlicher Art gemacht und viele Freunde fürs Leben gewonnen, wie er sagt. Und deshalb liebäugelt er auch mit einem zweiten Einsatz, denn jetzt weiß er, was der Satz zu bedeuten hat, dem ihm ein ältere Soldat zu Anfang gesagt hat. „Man verlässt zweimal seine Familie bei einem solchen Einsatz.“

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