Nach einigen guten Jahren sind nun schwierige Zeiten für das Gastgewerbe angebrochen, deren Ende noch nicht absehbar ist. Dies war die Kernaussage in der Frühjahrsversammlung des Kreisverbandes Bad Kissingen im Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (BHG). Erschwert wird die aktuelle Situation durch eine im Gastgewerbe wohl notwendige Preissteigerung um mindestens 20 Prozent.
Überbrückungshilfen verlängern
Von den „sieben mageren Jahren“, die nun als Folge von Corona und Ukraine-Krieg wohl den vorangegangenen „sieben fetten Jahren“ zu folgen scheinen, sprach BHG-Kreisvorsitzender Heinz Stempfle.
Er erinnerte an die Jahre vor Corona, die der Branche jährliche Rekordwerte an Gästen und Übernachtungen bescherten. Doch mit den Lockdowns und anderen Corona-Einschränkungen kam ab März 2020 die heftige Wende. Gaststätten und Hotels hatten sich nur durch staatliche Hilfen vor dem Ruin retten können. Im Landkreis seien ihm noch keine Betriebsschließungen bekannt, die direkt auf Corona zurückzuführen seien.
Da aber trotz Aufhebung aller Corona-Maßnahmen noch immer in vielen Teilen der Bevölkerung angesichts aktueller Inzidenz-Rekordwerte Unsicherheit und Angst vor Restaurantbesuchen oder Hotelübernachtungen festzustellen seien, sei die von der Bundesregierung beschlossene „Verlängerung der Überbrückungshilfen und des Kurzarbeitergeldes bis mindestens 30. Juni zwingend notwendig, um Insolvenzen in der Gastronomie zu verhindern“, betonte Stempfle.
Nach zwei Jahren Corona sei die betriebswirtschaftliche Situation vor allem für mittelständische Privatbetriebe in vielen Fällen kritisch. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs drohe nun eine Verschärfung der Lage. Stempfle: „Wir hatten gehofft, endlich wieder durchstarten zu können, werden aber jetzt erneut Kundschaft einbüßen müssen.“
Explodierende Energiekosten und steigende Lebensmittelpreise hätten nicht nur jede Kalkulation für das Jahr zu Makulatur werden lassen, stellte der Kreisvorsitzende fest, sondern schmälern das Netto-Einkommen der Verbraucher. „Für freiwillige Leistungen wie Restaurantbesuche oder Urlaubstage bleibt da zwangsläufig weniger Geld übrig.“
Dennoch mahnte Michael Schwägerl, Geschäftsführer des BHG-Bezirksverbandes Unterfranken, alle Gastronomen, ihre Preise genau zu kalkulieren. Zusätzlich zu den steigenden Einkaufspreisen und Verbrauchskosten kommen seit 1. April nach dem neuen zwischen dem BHG und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) geschlossenen Entgelttarifvertrag bis 2024 in drei Stufen Lohnsteigerungen von insgesamt etwa zehn Prozent hinzu.
Eine Preiserhöhung um mindestens 20 Prozent sei deshalb unumgänglich. Schwägerl: „Wir müssen unseren Gästen sagen: Es wird richtig teuer.“ Eine Scheu vor Preiserhöhungen sei falsch: Die deutsche Gastronomie sei im Vergleich mit allen westeuropäischen Ländern immer noch die preiswerteste, gab er zu bedenken. „Wenn Sie Ihre Preise nicht erhöhen, gehen Sie in jedem Fall pleite.“ Auch ihm seien in Unterfranken noch keine konkret auf Corona zurückzuführenden Betriebsschließungen bekannt.
Sieben statt 19 Prozent
Der BHG-Geschäftsführer forderte dazu auf, auf ihre Landtags- und Bundestagsabgeordneten einzuwirken, bei der noch bis 31. Dezember befristeten Mehrwertsteuerminderung bei Speisen auf sieben statt 19 Prozent eine „Entfristung“ auf unbestimmte Zeit vorzunehmen.
Eine Entscheidung darüber sei in Berlin um die Sommerpause herum geplant. Eine zweite Forderung an die Politik sei die zwingende Änderung des „verkrusteten Arbeitszeitgesetzes aus dem vorigen Jahrhundert“, wonach ein Arbeitnehmer in der Gastronomie nicht länger als zehn Stunden am Tag arbeiten darf. Dies sei bei Hochzeiten oder vergleichbaren Festlichkeiten nicht praktikabel. „Wir finden keine Mitarbeiter mehr. Auch deshalb muss das Gesetz dringend geändert werden.“ (svd)