Im Tiefflug schwebt der Hubschrauber übers Gelände und setzt auf einer Waldlichtung ab. Dann geht alles rasend schnell. Zwei Soldaten kommen aus ihrer Deckung, spurten zur Maschine und werden in Sekundenschnelle aus der Gefahrenzone geflogen. Es sind Scharfschützen, die den bis Bonnland vorgedrungenen Feind aufhalten sollen. Einige hundert Meter weiter auf einer Anhöhe beziehen sie neue Stellung. Von hier aus können sie das gesamte Gelände überblicken und so schon auf weite Entfernung den Feind ins Visier nehmen.
Solche Szenarien gehören zur Ausbildung von Scharfschützen und waren Teil des viertägigen Wettkampfs an der Infanterieschule. Neun Nationen hatten dazu ihre Scharfschützen geschickt. Allein von der Bundeswehr waren sieben Teams angetreten, die bis auf ein Team alle vorne mitmischten. Darunter auch ein Scharfschützen-Duo des Hammelburger Jägerregiments, das sich hervorragend schlug und hinter den siegreichen Fallschirmjägern Platz zwei belegte. Dritter wurden die Österreicher. Die Plätze vier bis sieben sicherten sich wiederum Scharfschützen-Teams der Bundeswehr. Auf die weiteren Ränge folgten die Teams aus Schweden und Großbritannien sowie die deutschen Marinesoldaten. Schlusslichter waren die Schützen aus Spanien, Polen, USA und Frankreich.
Ziel des bereits zum zweiten Mal international ausgetragenen Wettkampfs ist nicht nur das Kräftemessen, sondern auch der Erfahrungsaustausch. „Wir wollen die Schützen zusammenbringen und einmal über den Tellerrand gucken lassen“, erklärt der Kommandeur der Infanterieschule, Brigadegeneral Johann Berger, die Intention des Wettkampfs, den er ins Leben gerufen hat. Die große Resonanz der beteiligten Nationen unterstreicht diese Zielsetzung.
Nicht nur ihre Schießfertigkeit auf weit entfernte und schnell wechselnde Ziele mussten die Teilnehmer bei diesem Wettkampf unter Beweis stellen, sondern auch klassische Scharfschützenaufgaben im Gelände erfüllen. Dazu gehören Erkundungs- und Aufklärungsmärsche. Anhand von Karte und Luftbildaufnahme galt es beispielsweise, verschiedene Ziele im Gelände ausfindig zu machen und das in möglichst kurzer Zeit. Erlaubt waren als Hilfsmittel dabei nur Fernglas und Kompass. Die deutschen Gebirgsjäger waren mit 36 Minuten die Schnellsten, das Team der Amerikaner gehörte zu den Verlierern. Die GIs hatten die Karte nicht richtig ausgewertet und waren in die falsche Richtung gelaufen.
Scharfschützen werden bei der Bundeswehr auch im Rahmen der friedensunterstützenden Maßnahmen eingesetzt. Sie überwachen dort Grenzregionen oder Stadtgebiete. Ausgebildet werden sie nach einer Vorausbildung in ihren jeweiligen Bataillonen in einem vierwöchigen Lehrgang an der Hammelburger Infanterieschule. Vor einem Auslandseinsatz kommt noch einmal ein Sonderlehrgang von dreiwöchiger Dauer ebenfalls an der Infanterieschule Hammelburg hinzu.