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DIEBACH: In der Wochenstube steht Welt Kopf

DIEBACH

In der Wochenstube steht Welt Kopf

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    In der Wochenstube steht Welt Kopf
    In der Wochenstube steht Welt Kopf

    Nach den Fledermäusen unter seinem Dach kann Marc Baumgart vom Bund Naturschutz die Uhr stellen: Täglich punkt 22.30 Uhr fliegen die Mitbewohner des Artenschützers aus, um auf Jagd zu gehen. Baumgart steht auf gutem Fuß mit seinen WG-Partnern: „Fledermäuse sind Insektenfresser, keine beißenden Blutsauger“, räumt er mit Klischees über die friedlichen Säuger auf.

    Als er seine 16 Besucher in die Wochenstube der Tiere führt, hat sich auch das zweite Klischee der „Schnarchnasen am Tage“ erledigt: Kurz nach 19 Uhr herrscht Betrieb im Sommerquartier der Großen Mausohren. Nicht nur akustisch wird dies deutlich, sondern auch an den „Gymnastikübungen“ der Tiere: Schließlich müssen ihre Flügel gut durchblutet sein, bevor sie sich auf Nahrungssuche begeben.

    Zwischen 200 und 300 Mausohren hängen im Turm der alten Diebacher Wehrkirche kopfüber von der Decke. Ganz schön anstrengend, sich die ganze Zeit da oben festzuhalten – oder doch nicht? „Wenn sich die Fledermäuse mit ihrem hintersten Fußglied einklinken, ist ihre Muskulatur völlig entspannt. Kraft brauchen sie erst, wenn sie sich wieder von der Decke lösen“, weiß Baumgart.

    Auch beim Insektenfang im schnellen Flug sind die Fledermäuse ganz pragmatisch: Sie setzen ihre hintere Flughaut als Cacher ein und verleiben sich die Beute von dort aus ein. Ihre Jagdgründe finden die Mütter der Wochenstube vorzugsweise in den Saalewiesen – ab Mitte Juli kommen auch die Kinder mit ins Überlebenstraining. Flugfähig sind sie übrigens vom ersten Tag an.

    19 Fledermausarten durchflattern gegenwärtig den Landkreis Bad Kissingen – deutschlandweit sind es rund 25. „Die Bestände sind auf niedrigem bis mittlerem Niveau stabil“, so Baumgart. Dennoch mache die immer intensivere Landwirtschaft den Tieren zu schaffen.

    Eine Gefahr sei auch das sogenannte „Barotrauma“, sagt Baumgart. Ausgelöst durch Druckwellen großer Lastwagen oder Windräder, kann es die Blutgefäße der Tiere zum Platzen bringen.

    Wie die Fels- und Nischenbrüter unserer Region sind Fledermäuse auf offene Türen angewiesen: sei es eine unverschlossene Luke in der Scheune oder ein schmaler Spalt im Mauerwerk. Im Turm der Diebacher Wehrkirche sind auch Turmfalken und Mauersegler willkommen: Für letztere hat der Bund Naturschutz sogar Nisthilfen eingerichtet. Die Eier des letzten Turmfalkengeleges wurden heuer von ihren Eltern verlassen.

    Noch rund sechs Wochen wird die Diebacher Kinderstube bevölkert sein, bevor Ende August der Umzug der Fledermäuse ins Winterquartier ansteht. Dazu geht die Reise bis nach Meiningen: Im Wehrturm wäre es zu kalt und die Tiere würden während des Winterschlafs austrocknen. Doch die Diebacher können darauf vertrauen, die Mausohrkolonie auch im nächsten Frühjahr wieder begrüßen zu dürfen. Denn wenn die Säuger einmal festgestellt haben, wo es ihnen gut geht, kommen sie wieder – fast garantiert.

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