Untergebracht sind die Klienten, alles Sucht- oder/und psychisch Kranke in drei Wohnungen, die als Zweier-Wohngemeinschaften konzipiert sind und übergangsweise in Räumen des Hotel Winkelmann.
Wie Tiziano Zenorini, der seit Mitte Juli in Münnerstadt wohnt und im Gespräch mit der Main-Post seinen Weg in die Alkoholabhängigkeit nachzeichnete. Nichts Spektakuläres wohnt diesem Abstieg inne, er verlief, wie so oft, schleichend. Denn bis zum Abzug der Amerikaner betrieb der Vater zweier Kinder in Wildflecken, der seit 1988 in Deutschland lebt, eine gut gehende Pizzeria, anschließend dann einen Imbiss.
Schleichender Abstieg
Als er dort nicht mehr arbeiten konnte, schlug er sich mit befristeten Arbeitsmaßnahmen durch, während der Alkohol einen immer größeren Stellenwert in seinem Leben einnahm, was ihn schließlich seine Beziehung kostete und dann auch seine Wohnung, weil er die Miete nicht mehr zahlen konnte. Letzter Rettungsanker war der evangelische Pfarrer von Wildflecken, der ihm Unterschlupf gewährte.
Nach einem kurzen Aufenthalt in Werneck kam Zenorini nach Münnerstadt. „Alles nette Leute hier“, sagt der 60 Jahre alte Mann über sein neues Umfeld. Im Integrations-Café arbeitet er jetzt in der Spülküche und möchte in absehbarere Zeit ebenfalls in eine Wohnung ziehen.
„Sein Leben hat jetzt etwas Struktur bekommen“, sagt Willi Michel und spricht damit eines der Hauptanliegen der Betreuung an. Allein im Pensionsbereich und im Café arbeiten derzeit vier Personen, unter anderem auch ein gelernter Bäcker, der Kuchen für das Café backt. Außerdem gibt es ein tägliches Frühstücksbüfett. Das Angebot soll jetzt um kleine Speisen erweitert werden. Andere erledigen kleine Arbeiten für die Stadt, wie etwa Mäharbeiten im Novizengarten oder Jörgentorpark. Die Leute verdienen sich so etwas zu ihrer Rente oder Grundsicherung dazu und lernen dabei wieder, ihren Tag sinnvoll zu gestalten, erläutert Michel.
Bald Konkurrenz vom Bezirk?
Klienten melden sich bei Michels Betreuungsdienst entweder selbst oder werden über das Haus Windsburg des Bezirks Unterfranken vermittelt. In Vorbereitung ist ein Kooperationsvertrag zwischen beiden Einrichtungen bis spätestens Ende des Jahres, wie Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel in einem Schreiben an Michel betont. Trotzdem hält der Bezirk an seinem Ziel fest, eigene Wohngruppen in Münnerstadt zu installieren. Ein Vorhaben, dass wohl erst mittelfristig zu verwirklichen sein wird, wie Thoraxzentrum-Betriebsleiter Jürgen Oswald gegenüber der Main-Post betont, weil derzeit die geeigneten Personen fehlen. Eine Konkurrenz zu Michels Betreuungsdienst sieht er nicht, weil grundsätzlich die Nachfrage nach solchen Plätzen zunehme.
Auch Michel registriert steigendes Interesse, auch wenn er noch gar nicht richtig mit Werbung begonnen hat und der Betrieb sich noch in der Aufbauphase sieht. Gut 40 000 Euro hat der 55 Jahre alte tiefenpsychologische Berater in Renovierungen und Personalkosten investiert. Ein neuer Bewohner soll dafür gewonnen werden, eine Homepage zu erstellen.
Zunehmende Resonanz
Feierabend kennen Michel und seine Frau Judith, die für das Café und den Pensionsbetrieb zuständig ist, seit gut drei Monaten eigentlich nicht mehr. Auch wenn sich das Integrations-Café noch nicht aus eigener Kraft trägt, ist er doch ganz zufrieden mit der Entwicklung. Schon treffen sich eine Selbsthilfegruppe und eine Gruppe der Anonymen Alkoholiker regelmäßig in den Räumen. Daneben stehen insbesondere der große Saal im ersten Stock für Tagungen, Konferenzen und Familienfeiern zur Verfügung.
In diesen Ausnahmefällen, dazu zählt auch die Bürgerversammlung am 13. November, gibt es dann auch Alkohol. Wenn alles so weiterläuft, dann ist sich Michel auch sicher, bald ein wichtiges Ziel erreichen zu können. „Es geht auch darum, dass man gar nicht mehr merkt, um was für eine Einrichtung es sich handelt.“