Kirchenmusiker oder Mediziner: Diese beiden Berufswünsche hatte Jonathan Ziegler in der engeren Wahl. Bekannt ist er, weil er im Alter von 14 Jahren als jüngster Organist der Diözese in seinem Heimatort Gauaschach und ringsherum die Orgel spielte. Dass sich der heute 21-Jährige dann doch für das Medizinstudium entschied, danken ihm augenblicklich Patienten im indonesischen Ungaran.
Im Rahmen eines Stipendiums hilft er bei der Behandlung von Kranken. Ihm fiel beim Lesen der Onlineausgabe der Main-Post die Meldung auf, dass junge Leute ins Hammelburger Freibad eingebrochen waren: „Dass hier unterdessen junge Menschen sterben, weil ihre Angehörigen die notwendigen, eigentlich günstigen Medikamente nicht bezahlen können, finde ich eigentlich schockierender“, schreibt er daraufhin per E-Mail an die Redaktion.
Ausgezeichneter Schulsanitäter
Knapp vier Wochen hilft Ziegler als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes bei der Behandlung von Patienten. Das Helfen liegt ihm am Herzen. So erhielt er bei der Abiturfeier 2008 am Frobenius-Gymnasium einen Sonderpreis für langes soziales Engagement als Schulsanitäter.
In Indonesien hat er ein besseres, weil privates Krankenhaus erwischt. Bis aus dem 800 Kilometer entfernten Sumatra kommen Leidende, weil Krankenhäuser dünn gesät sind. Der leitende Arzt seines Hospitals hat in Deutschland studiert.
Jonathan Ziegler sammelt unvergessliche Eindrücke in einem Land, das unter der Überbevölkerung ächzt und fast durchgehend besiedelt ist. Im Großraum Jakarta leben 30 Millionen Menschen. „Es gibt kaum Natur“, sagt Ziegler. Das führe zu hygienischen Problemen. Viele Patienten kommen mit Tuberkulose. Untergebracht werden sie nach einem Dreiklassen-System.
Weil es in Indonesien keine Krankenversicherung gibt, wird die Behandlung von Patienten zu einem Rechenexempel für die Angehörigen. Dies unter den Vorzeichen, dass der Straßenverkehr unglaublich viele Opfer fordert. „Keiner hält sich an die Fahrstreifen“, sagt Ziegler. Die Behandlung von Knochenbrüchen ist ein trauriger Schwerpunkt seiner Arbeit. Die Operation eines Schlüsselbeinbruchs kostet 1800 Euro. Beim Durchschnittsgehalt eines Lehrers von etwa 250 Euro eine Menge Geld für die Selbstzahler.
Weil es an Antibiotika fehlt, kommt es nach Brüchen oft zu Entzündungen. Vor allem in kleineren öffentlichen Krankenhäusern seien Amputationen gang und gäbe. Wenn es Antibiotika gibt, dann meistens undifferenziert wirkende „Hämmer“.
Abstand sucht Ziegler auch beim sonntäglichen Gottesdienst. In dem zu 95 Prozent islamischen Indonesien sind diese für Katholiken nicht so breit gestreut. Immerhin sei die Christenverfolgung abgeflaut. Vor einigen Jahren musste der Klinikleiter seine aus Deutschland stammende Frau noch wegen Anfeindungen für längere Zeit außer Landes bringen.
Über Bali, Singapur und Dubai tritt Ziegler die Heimreise an. Er freut sich darauf, wieder in einer Lübecker Gemeinde, am Timmendorfer Strand und in Bad Schwartau die Orgel zu spielen. Beruf und Glauben kann der angehende Arzt auch bei seinem nächsten Schritt ins Berufsleben vereinen. Bei einem Auslandssemester in Rom wird er sich nah an den Quellen seiner christlichen Überzeugung bewegen.