Einen Bedarf von vier Kinderärzten im Landkreis nennt die Kassenärztliche Vereinigung. Dass es nur zwei sind, bekommen besonders die Bewohner im westlichen und nördlichen Landkreis zu spüren. Altersbedingt hatte der letzte Kinderarzt von Bad Brückenau 2003 seine Praxis aufgegeben, dieses Jahr hat sich das Ärzte-Ehepaar Garn in Hammelburg zur Ruhe gesetzt. Und damit nach Ansicht vieler Eltern eine tiefe Lücke hinterlassen.
"Wir werden die Stelle weiter im Ärzteblatt ausschreiben", betont Reinhold Muth von der Kassenärztlichen Vereinigung (Würzburg). Angeschrieben habe man auch alle Kliniken bis nach Erlangen, die Kinderärzte ausbilden. Bislang bemühe man sich aber vergeblich.
Kandidaten verunsichert
Dies habe wohl weniger mit der mangelnden Bereitschaft zu tun, sich auf dem Land niederzulassen. Vielmehr führe die Gesundheitsrefeorm und die steigende Bürokratie zur Verunsicherung potenzieller Bewerber. Anders als bei den Kinderärzten sei die Versorgung mit Allgemeinmedizinern im Landkreis eher übererfüllt. Statt dem "Soll" von 74 gebe es 81 niedergelassene Hausärzte.
Dieser Überschuss könnte ein Grund mit dafür sein, warum sich niemand zusätzlich als Kinderarzt ansiedelt. Denn die Allgemeinmediziner behandeln auch Kinder. "Das ein spezieller Kinderarzt gebraucht wird, merken Eltern meistens erst im Notfall", sagt Dr. Juan-Carlos Menéndez-Castro (Bad Kissingen). Dabei sei gerader der Kinderarzt für die Behandlung des Organismus der Kleinen geschult. Er kenne sich besonders mit den verschiedenen Entwicklungstadien des Kindes in den Bereichen Körperbau, Psychologie und Neurologie aus. Ständig gibt es in diesen Bereichen neue Erkenntnisse.
Deshalb besucht Menéndez, der zweiter Bezirksvorsitzende des Berufsverbands der Kinderärzte Deutschlands ist, zwei Mal im Monat Schulungen an der Universität in Würzburg. Er trägt, unterstützt von seinem Kollegen Andreas Schloßbauer (ebenfalls Bad Kissingen), die Hauptlast des Kinderarzt-Mangels. Vor allem beim Notdienst verteilt sich die Last auf zu wenig Schultern.
Menéndez-Castro verweist auf seine tägliche Arbeitsbelastung von bis zu 14 Stunden. Im Winter sind kleine Patienten noch anfälliger. Das schlägt sich auch in Arztterminen neider. "Da komme ich oft erst nach Mitternacht heim", sagt der Kinderarzt. Um dann noch für weitere Einsätze im "Blaulicht-Dienst" in Bereitschaft zu stehen.
Ohne Idealismus und Liebe zum Beruf sei das nicht zu schaffen, betont der Arzt. Solche Verpflichtungen wollten heute nicht mehr alle Kollegen eingehen. Zumal die Gesundheitsreform für Verunsicherung sorge und das engagierte Bemühen immer weniger honoriere. Immer mehr Zeit gehe für die Bürokratie drauf, die Budgetierung setzte der Behandlung Grenzen. Wer eine Praxis eröffne, müsse auch betriebswirtschaftlich rechnen. Rund 250 000 Euro seien dafür erforderlich, sagt Menéndez-Castro. Neben Ultraschall- und EKG-Gerät brauche es speziell für Kinder akkustische Herztester, Hör- und Sehtest, Blutdruckmedssgerät und Lungenfunktionsgerät.
Beim Warten auf Verstärkung rät Menéndez-Castro zur Gelassenheit. Man könne nichts erzwingen. Er wäre dennoch dankbar, wenn sich noch ein weiterer Kollege niederläßt, um die Last auf mehr Schultern zu verteilen.