„Los, Udo, zähl mal die vier ein!“ Ein bisschen ungeduldig sind die jungen Damen und Herren mit den Gitarren, Akkordeon, Blockflöten, Schlag-Hölzern, Saxophonen und Zug-Posaunen im Musik-Raum des Franz-Miltenberger-Gymnasiums schon mit Udo: Mal bringt der Schlagzeuger im Rücken des kleinen Orchesters die Zähl-Zeiten zu schnell, mal serviert er sie, so jedenfalls behauptet es im Augenblick das Akkordeon, zu langsam.
Tja: beim Sirtaki muss eben vor Allem das Tempo sitzen: Langsamer Anfang, ein allmähliches Accelerando, das beschleunigt, um dann zum Ende hin so richtig Alexis-Sorbas-mäßig in die Vollen zu gehen. Fast möchte man ihnen zum Spielen einen Ouzo ans Notenpult stellen.
Aber das hier ist kein griechisches Gasthaus, sondern ein griechisches Lustspiel. Bei der antiken Komödie Lysistrata, über deren Vorbereitungen bis zur Aufführung am 24. Und 25. März wir regelmäßig berichten, soll als Bühnenmusik, darauf legt Regisseur Dirk Hönerlage großen Wert, natürlich „nix vom Band kommen, sondern live gespielt werden.“
Ein Vorhaben, das durchaus musikalischen Risiken birgt: Denn das kleinen Ensemble besteht nicht nur aus musikalisch erprobten Orchester-Mitgliedern, einige sind über die Blockflöten-Schule nicht allzu weit hinaus gekommen. Was den Regisseur nicht stört. Im Gegenteil: „Umso authentischer klingt es, denn die Musiker sind zugleich auch Darsteller einer Gruppe von Griechen, die spontan zu den Instrumenten greifen, lachen, trinken und zum Fest aufspielen“, sagt Hönerlage.
Das darf dann auch mal so klingen, dass es zum hellenischen Ausdruck für wirren Lärm passt: Kakophonie heißt das griechische Fremdwort, dem im Deutschen der Begriff Dissonanz oder Missklang entspricht. Und vielleicht ist manchem gereiften Spieler auch ein bisschen mulmig dabei, sich mit einem eher in der Vor-Pubertät erlernten Instrument fotografiert zu wissen. „O, nä, hey: Bitte nicht mit der Blockflöte!“, fleht denn auch Matthias Schmittnägel, als er gemeinsam mit Niels Hönerlage vom Auge des Objektivs eingefangen wird.
Immerhin völlig aus dem Ruder laufen kann der Sirtaki nicht, denn erstens hört er sich bereits bei der ersten Probe am vorgestrigen Montag recht leidenschaftlich an. Zweitens gibt es Noten zu jenem Tanz, der mit Anthony Quinns Rolle in der Verfilmung des Romans „Der große Grieche“ in den 60er Jahren populär wurde. Dirk Hönerlage hat eigens einen Freund in Karlsruhe gebeten, eine Bearbeitung der einst von Mikis Theodorakis instrumentierten Fassung für das kleine Bad Brückenauer Lysistrata-Orchester zu komponieren.
Dass der Regisseur und seine Schultheater-Gruppe Kompass eben gerade nicht auf gestandene Musiker auf der Bühne zurück greifen möchte, ist auch aus Motiven gewollt, die mit musikalischer Authentizität nichts zu tun haben. Jeder soll sich nämlich mal auf der Bühne beweisen können. „Wir sind hier nicht bei Deutschland sucht den Superstar“, sagt Hönerlage. Neben dem Spaß, auf der Bühne mal jemand Anderer zu sein, sei es auch für weniger darstellerisch routinierte Schüler wichtig, mal auf den Brettern vor Publikum zu stehen. „Das bekomme ich jedenfalls als Rückmeldung von Schülern älterer Jahrgänge, die Erfahrung kann auch im Berufsleben ganz wichtig sein.“ Daneben sei es auch für die, die ganz gerne vorne an der Rampe stünden, eine gute Erfahrung, unterstützend mit zu spielen, wenn sie im Hintergrund der Bühne gerade mal nichts zu sagen haben.
Bis zur Aufführung am 24. und 25.März, die im Lola-Montez-Saal statt finden soll, sind noch einige Arbeitsschritte zu tun, die sicher auch Darstellern und Mitarbeitern anderer Laientheater-Gruppen nur allzu gut bekannt sind: Da müssen noch Spenden akquiriert werden, dort ist noch ein Kleinlaster für das transportable Bühnenbild zu leihen, für die mittlerweile gestalteten Plakat-Entwürfe muss eine Druckerei gesucht werden, die preislich den Möglichkeiten eines Schul-Theaters entspricht.
Und es braucht auch einen Frisör, besser vielleicht noch eine Friseuse, die zur Generalprobe und bei den beiden Aufführen beim Haare-machen und beim Schminken hilft.