Karl Heinz Laudenbach, der damalige Bad Kissinger Oberbürgermeister, war stolz: Von Bad Kissingen aus wollte die China Liangtse Group ganz Europa mit medizinischen Massagesalons erobern. Daraus ist nichts geworden. Jetzt steht die Kissinger Filiale sogar vor der – vorübergehenden – Schließung.
Die Dependance in der Bismarckstraße 27 versprüht eher spröden Charme. Der Putz blättert, das Restaurant ist seit längerem „vorübergehend“ geschlossen. Am Eingang informiert ein Anschlag mit dürren Worten: „Wichtig. Ab 01. 12. 2013 wird unser Wellness wegen Umbau mindestens ein Jahr geschlossen. Wir bitten Sie, Ihre Gutscheine rechtzeitig bei uns einzulösen. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Ihr China Liangtse Team.“
Keine weiteren Auskünfte
Wegen Umbaus? Mindestens ein Jahr? Und dann ist Wiedereröffnung? Die Dame am Telefon antwortet mit einem zögerlichen Ja. Dann würgt sie höflich das Gespräch ab. Mehr könne sie nicht sagen.
Stammkundin Margarete G. ist sauer. Sie habe noch zehn Gutscheine im Wert von rund 300 Euro. Davon habe sie einige als Weihnachtsgeschenk verwenden wollen. Margarete G. „Ich finde es unverschämt, dass man die nun alle in den nächsten 14 Tagen einlösen soll.“ Von einer Mitarbeiterin sei sie vertröstet worden, bis Ende des Monats finde sich wohl eine Lösung.
Auch das Ehepaar Raap gönnte sich viele Massagen. Eine Mitarbeiterin habe sie kürzlich angerufen und mitgeteilt, dass man Ende November schließe. Das findet Jürgen Raap bedauerlich. Denn „wir waren sehr zufrieden“. Die wenigen noch verbliebenen Gutscheine würden er und seine Frau Hannelore in den nächsten Tagen abarbeiten.“
Andere Kunden sahen die Einrichtung seit längerem auf einem „absteigenden Ast“. Denn die guten Masseure seien weg, wieder zurück nach China. Eine Kraft habe sich in Aura selbstständig gemacht. Masseur Flo wechsle in die Berliner Filiale.
Große Pläne sind geplatzt
Bei der Stadtverwaltung Bad Kissingen ist nichts von größeren, genehmigungspflichtigen Umbauplänen bekannt. Angeblich gibt es große Probleme mit der Kanalisation. Die Ausländerbehörde teilt mit, im Kreis seien 28 Chinesen mit Arbeitserlaubnis gemeldet, sechs bei China Liangtse.
Shi Lei, die Tochter von Unternehmensgründer Yang Jiang Shi, legte mit Vollgas los. Anfang 2009 würdigte der Freistaat Bayern ihre Geschäftsidee mit einem Preis. Filialen eröffneten in Lindau, Hamburg, Berlin, München und Bad Malente. Helsinki, London und Den Haag kamen hinzu. Yang Jiang Shi träumte vom Börsengang, in Bad Kissingens Fußgängerzone tanzten chinesische Löwen. Bayerns damaliger Wirtschaftsminister Martin Zeil von der FDP traf Shi Lei zu einem Meinungsaustausch.
Vor gut zwei Jahren hatte eine Angestellte der Kissinger Filiale geklagt: „Die Arbeitserlaubnisse sind unser größtes Problem.“ Die restriktiven Gesetze würden die Expansion bremsen. Kunden wollen offenbar von Chinesen massiert werden, nicht von angelernten Deutschen. Schon damals war nicht mehr die Rede von den einst genannten sieben Millionen Euro, die China Liangtse investieren wolle.
Langsam wurde es ruhiger. Die Filiale Lindau schloss wieder, die in Berlin und in Bad Malente arbeiten selbstständig.
Auch die Homepage spricht Bände: Die Filiale Bad Kissingen wird im Vergleich zu Hamburg und Berlin stiefmütterlich behandelt. Ein Hinweis auf die bevorstehende, „vorübergehende“ Schließung der Filiale fehlt.
China Liangtse Group
Mutter Die Huaxia-Liangzi Gruppe ist nach eigenen Angaben einer der größten Anbieter im Gesundheits- und Wellness-Bereich weltweit. Yang Jiang Shi soll sie 1997 in der Provinz Shandong gegründet haben. Angaben über die Zahl der Beschäftigten – 20 000 oder 30 000 – schwanken. Der Umsatz soll 300 Millionen Euro betragen. Alleine in China soll es mehr als 300 Filialen mit je 70 bis 100 Masseuren geben. Deutsche Niederlassungen sind viel kleiner.
Tochter Die China Liangtse GmbH mit Sitz in Bad Kissingen wurde 2005 gegründet. Chefin ist Shi Lei. 2006 kaufte das Unternehmen in der Bismarckstraße das frühere Hotel Vier Jahreszeiten. Dort arbeiten seit 2007 auf Fußreflexzonen-Massage spezialisierte Fachkräfte. Ein Ausbildungszentrum sollen 40 bis 50 Deutsche durchlaufen haben.