Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bad Kissingen
Icon Pfeil nach unten
Münnerstadt
Icon Pfeil nach unten

RANNUNGEN: Live bei Dylan und Clapton

RANNUNGEN

Live bei Dylan und Clapton

    • |
    • |

    Als Bob Dylan am 1. Juli 1978 auf der Bühne in Nürnberg im dämmernden Abendlicht zur Gitarre greift und „She loves crazy“ anstimmt, johlt die Menge unter ihm auf. Lang genug haben die mehr als 80 000 Anhänger des Protestsängers aus Woodstock auf ihr Idol gewartet. Zudem ist Dylan zum ersten Mal in Deutschland zu hören. Auch eine Gruppe junger Leute aus Rannungen ist bei dem legendären Popfestival auf dem Zeppelinfeld dabei. Mit Decken und Proviant haben sie es sich an den Mauern des früheren Reichstagsgebäudes gemütlich gemacht. Gegenüber, – nicht gerade in greifbarer Nähe – sieht man die Roadys auf der kolossalen Bühne hin- und herräumen. Gegen 14 Uhr rollen die ersten Klänge in gewaltigen Wellen herüber.

    Zunächst geben Chicken Shack, sowie Sonny Terry & Brownie McGee ihr Bestes. Lake ist 1978 dabei, den Pop-Olymp zu erklimmen. Nicht wenige kommen auch wegen Eric Clapton. Champion Jack Dupree stimmt spätnachmittags mit leisem Blues die Folkgemeinde ein. Und dann kommt Dylan, der die Mundharmonika wie kein anderer zum Jaulen bringt. Der Mann, der meisterlich aus der Kehle nuschelt, die Töne durch die Nase knört und so manchen Song fast wehleidig dahernölt. Es sind Hits, die später in die Pop-Geschichte eingehen sollten.

    „Wenn man als Kerl vom Dorf zum ersten Mal in solch eine Massenveranstaltung kommt, ist das schon ein absolutes Highlight“, erinnert sich Manfred Röder (heute Würzburg) an seine Empfindungen. „Es war eine schöne Stimmung, ein ganz besonderes Gefühl.“ Irgendwie waberten Dampfschwaden über den Leuten und es hing „süßlicher Geruch“ in der Luft – Haschisch gab's schließlich an allen Ecken und Enden.

    Wenngleich der gebürtige Rannunger für Dylans Musik damals noch nicht so schwärmte („Man kannte die Stars nur aus dem Radio“), waren ihm Songs wie „Blowin' in the Wind“ und „Mr. Tambourine Man“ freilich ein Begriff. Clapton war schon eher seine Kragenweite, denn der war früher bei seiner Lieblingsgruppen Cream dabei gewesen. Lake hatte Röder bereits einmal in Bad Neustadt als Vorgruppe von UFO gehört.

    Der Rannunger war in der Top Ten der Popmusik ziemlich bewandert. Davon bekam auch der Bayerische Rundfunk Wind. Der Sender spielte in der Samstagssendung Popselection auf Bayern II die von dem 21-Jährigen selbst zusammen gestellte Hitliste ab. „Heute gestaltet Manfred Röder aus Rannungen die Sendung Popselection“, tönte es dann Punkt 14 Uhr aus dem Radiogerät. „Da saß sogar die Oma auf dem Sofa und hörte wilde Musik.“

    „Ich wurde als Einzige am Eingang gefilzt“. Gerlinde Reuter (heute Partenstein) muss lachen, wenn sie an das Popfestival zurückdenkt. Denn die Rannunger Crew hatte beschlossen, Weinflaschen, in die Schlafsäcke eingewickelt, aufs Gelände zu schmuggeln. Bei zwei anderen Freunden klappte das, bei ihr nicht. „Wahrscheinlich hab ich zu unschuldig dreingeschaut. Jedenfalls musste ich die Flaschen bei der Eingangskontrolle in die Blechtonne schmatzen.“ Die kunterbunte Mischung der Menschen faszinierte sie. Und plötzlich flammt noch eine andere Erinnerung auf: In der Nähe türmten Amerikaner eine riesige Wand aus leeren Bierdosen auf. Dazu errichteten sie eine riesige Menschenpyramide. „Eric Clapton war klasse. Und als es dunkel war, gingen plötzlich vorn die Lichter an und Bob Dylan betrat die Bühne, einfach klasse.“

    „Wir waren ja vom Wein ein bisschen beduselt“, sagt Theresia Röder. Alle hatten sich in einer Spielpause etwas ausgeruht. „Und dann bin ich von leisen Bluesklängen geweckt worden. Champion Jack Dupree spielte. Das war einfach gigantisch.“ Hubert Röder war in seinem Leben auf etlichen Festivals gewesen. Das Popereignis 1978 war für ihn ein Highlight, weil „super Gruppen“ spielten. „Und auch wir Rannunger waren eine tolle Truppe.“

    Heutzutage gibt es immer eine Hauptband, wegen der man ein Konzert besucht, sagt Hubert Keß. „Damals sind wir zu solch einem Festival, weil wir das alles in der Gesamtheit miterleben wollten.“ Keß und ein paar andere gehörten im Dorf zur „Rock-Gruppe“, die der „Disco-Gruppe“ Konkurrenz machte. Dylan und Clapton waren „genial“, erinnert sich der Rannunger. Aber auch die Erinnerung an sein erstes Live-Konzert, die Golden Summer Night in Ludwigsburg (1975), bringt ihn zum Schwärmen: Wishbone Ash, Ike & Tina Turner und Nektar werden ihm unvergesslich bleiben.

    ONLINE-TIPP

    Mehr Infos und Bilder im Internet unter www.mainpost.de/die bunten 70er

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden