Svenja (31) und Marco (33) Ebert haben ein neues Möbelstück vor der Garage. Geliefert wurde es unaufgefordert bei Nacht und Nebel: Irgendwann in der Nacht auf Dienstag hat ein Lkw den Altkleider-Container einfach abgeladen. Zunächst haben es die Eberts noch mit Humor genommen: „Erst habe ich gelacht und dachte, die haben sich halt geirrt“, sagt Marco Ebert. Eine Woche und unzählige Telefonate später, ist beiden das Lachen vergangen, weil sie den Container nicht mehr los kriegen: „Er macht ja keinen Schaden, aber uns stört diese Dreistigkeit“, sagt Svenja Ebert, und: „Wir fühlen uns einfach machtlos.“
Montag vergangener Woche kamen die Eberts gegen 22.30 Uhr nach Hause. „Da stand er definitiv noch nicht“, erinnert sich Marco Ebert. Am nächsten Morgen auf dem Weg zur Arbeit war es schon das Gespräch unter den Nachbarn, weil die kleine Fläche den zehn Haus-Eigentümern gemeinsam gehört. Das macht die Sache noch komplizierter, weil alle Nachbarn eigentlich alles gemeinsam beschließen müssten.
Wer auch immer den Container nachts abgeladen hat, war nicht nur dreist, sondern clever: Der Container am Eingang der Raiffeisenstraße in Garitz ist von der Bundesstraße aus gut zu erkennen. Macht weit über 20 000 Fahrzeuge am Tag. Die Eberts wohnen ganz vorne, also am nähesten am Container. Deshalb haben sie sich gekümmert: „Die Polizei hat nicht einmal eine Anzeige aufgenommen“, berichtet Svenja Ebert von einem der erfolglosen Versuche.
Beim Ordnungsamt der Stadt und der Abfallwirtschaft am Landratsamt ging es eben so. „Wir fühlen uns da völlig allein gelassen“, fasst Marco Ebert die Reaktionen zusammen. „Der Eigentümer muss doch irgendwelche Rechte haben“, kann er nicht fassen, dass es keine Handhabe zu geben scheint.
„Unglaublich“ findet auch seine Frau Svenja das Ganze. Vor allem, seit sie im Internet erfahren hat, dass die Firma, die Berliner KSB, mit dieser Masche im ganzen Bundesgebiet unterwegs ist. „Man glaubt nicht, dass wir in Deutschland sind“, kommentiert die 31-Jährige die gefühlte Machtlosigkeit, die sie nun jeden Tag beschäftigt.
„Das ist eine mühsame Geschichte“, kennt Petra Koch vom Landratsamt Bad Kissingen die Problematik zur Genüge. Sie ist für das staatliche Abfallrecht zuständig. „Das ist natürlich eine Frechheit“, kann sie den Ärger der Betroffenen nachvollziehen. Rechtsberatung oder gar Lösung kann sie jedoch keine geben, lediglich eine Warnung: „Wenn man den Container einfach beseitigt, kann es passieren, dass man eine Anzeige wegen Diebstahls am Hals hat.“
„Wer Altkleider, Papier und andere Wertstoffe sammelt, muss das mindestens drei Monate vorher bei uns anzeigen“, beschreibt Petra Koch die Rechtslage. Eine Mitteilung der Firma KSB liege nicht vor, bestätigte sie auf Anfrage der Saale-Zeitung, denkbar wäre also immerhin ein Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit. Allerdings müssten die Familie Ebert und die neun Miteigentümer der Fläche dazu den Fall erst einmal schriftlich beim Landratsamt melden.
„Wir haben damit nichts zu tun, dass ist eine Privat-Angelegenheit“, teilt Thomas Hack von der Stadt Bad Brückenau kurz und knapp mit. „Es scheint mehrere Fälle zu geben“, verweist er auf weitere Nachfragen, ohne aber Namen zu nennen.
Bis vor kurzem standen mehrere Altkleider-Container auf dem Lidl-Gelände in der Hartmannstraße, offenbar auch mindestens einer davon illegal. Wegen Bauarbeiten dort sind die Container zwar weg, wie der Abtransport organisiert wurde, war gestern nicht in Erfahrung zu bringen.
„Das ist eine sehr interessante Thematik“, kommentierte der Leiter der Polizeiinspektion Bad Kissingen, Stefan Haschke, gestern das Thema. Auch er war erstaunt, als er im Internet das Ausmaß der Problematik recherchierte. Aber: „Bei zivilrechtlichen Angelegenheiten sind der Polizei die Hände gebunden.“ Schließlich liege dann, wenn ein Grundstück nicht eingezäunt ist, kein Hausfriedensbruch, sondern lediglich eine Besitzstandsstörung vor.
Wenn jemand ein Fahrzeug einfach beim Nachbarn abstelle, könne die Polizei zumindest bei der Suche nach dem Halter helfen. Im vorliegenden Fall aber sei die Firma ja auf dem Container vermerkt. Problem: Bei der kostenpflichtigen Hotline – bis zu 42 Cent in der Minute – geht nur ein Band hin. Haschke bot zumindest an, die Fälle zu sammeln und Hinweise auf das Lkw-Kennzeichen anzunehmen. Zeugen können sich unter 0971/ 714 90 melden.
Und die Eberts? Sie haben den Container erst einmal zugeklebt, damit die Dreistigkeit nicht auch noch Erfolg hat, und per Aufkleber eine Frist gesetzt. Den Container abtransportieren zu lassen, ist ihnen aber zu heikel.