An Weihnachten geht's los. Dann steigt Edgar Thomas in sein Feuerwehrauto und macht sich auf die gut 8000 Kilometer lange Reise nach Mauretanien. Am Steuer des Mercedes-LKW mit der aufgesetzten schwenkbaren Drehleiter sitzt allerdings sein Nüdlinger Feuerwehrkollege Stefan Eichholz, „denn ich bin lieber nebenan Navigator und will unterwegs sehen, wo ich gerade bin“. 18 Nüdlinger und sieben Bad Kissinger machen sich mit zehn Fahrzeugen am 25. Dezember auf einen 22-tägigen Roadtrip quer durch Frankreich, Spanien und Marokko, um schließlich in Mauretanien ihre Fahrzeuge zu verkaufen und den Gewinn einem Waisenhaus in Nouadhibou (früher Port-Étienne) an der westafrikanischen Atlantikküste zu spenden.
Bereits zwei Charity-Fahrten
Für Edgar Thomas ist es nicht die erste Charity-Fahrt dieser Art. 2012 mischte er sich mit seinen Freunden schon bei der Allgäu-Orient-Rallye unter die Abenteurer, die gebrauchte Autos ab Oberstaufen bis nach Jordanien überführten. Im Juni 2015 war er dann mit seinen Kumpels wieder am Start: In Hamburg fiel damals der Startschuss zur Baltic Sea Rallye, die über Dänemark, Schweden und Norwegen auch nach Finnland, Russland und Polen führte.
2015 wurde Thomas 50 und beschloss, sich zu diesem privaten Jubiläum ein „feuerrotes Spielmobil“ zuzulegen. Billig sind solche ausgedienten Fahrzeugmodelle ja nicht. Für den Mercedes-LKW mit Fahrgestell und Aufbau von den Feuerwehrkollegen aus Mellrichstadt musste er schon einige tausend Euro hinblättern. Da kam er auf die Idee, Freunde, die ihm etwas zum runden Geburtstag schenken wollten, lieber zu einer Geldspende für das geplante Charity-Fahrzeug zu animieren. Dabei kamen schließlich stolze 2500 Euro zusammen, was allerdings nicht einmal die Hälfte des Fahrzeugs erlöste.
Feuerwehrfahrzeug als Fata Morgana
Bei der diesjährigen Dust-and-Diesel-Rallye ist vom VW Polo über einen Mercedes der E-Klasse bis hin zum VW-Bus alles dabei, sagt Thomas. Das Sonderfahrzeug mit der Drehleiter wird allerdings auf dieser Fahrt sicher zur spektakulären „Erscheinung“ werden. Man stelle sich beispielsweise nur mal vor, wie der feuerrote Mercedes-LKW auf den sandigen Routen der Westsahara in der Ferne im gleißenden Hitzedunst auftaucht. Da könnte so mancher Beduine vielleicht an eine Fata Morgana glauben.
Am ersten Weihnachtsfeiertag werden sich dann die Rallye-Fans im Thomas'schen Hof in Nüdlingen versammeln, natürlich nur mit knappem Handgepäck, denn die Autos werden ja letztendlich verkauft. „Allerdings brauchen wir ein paar Ersatzreifen und etwas Werkzeug, um unterwegs Reparaturen machen zu können“, sagt Thomas und ergänzt, dass sicher ein paar Schaufeln für mögliche Sandverwehungen auf den Wüstenstraßen auch tauglich sein könnten. „Geschlafen wird in den Autos“, sagt der 52-Jährige und lacht: „Am Samstag war für Stefan und mich schon mal Probeliegen unter der Drehleiter angesagt.“
Briefing im spanischen Tarifa
Los geht's dann um die Mittagszeit in Richtung Frankreich. Nach dem Grenzübergang bei Mühlhausen fährt der fränkische Autokorso am ersten Tag noch bis Belfort. Am zweiten Tag wird dann „irgendwo zwischen Marseille und Barcelona“ übernachtet, bevor es am 27. Dezember ganz runter in den Süden Spaniens geht. In der Nähe von Algeciras, genauer gesagt in Tarifa, treffen sich alle Rallye-Teilnehmer mit den Organisatoren der Charity-Tour, allen voran der Würzburger Florian Schmitt, abends zum allgemeinen Briefing.
Am nächsten Morgen geht die Fähre von Tarifa nach Tanger, von dort fahren alle weitere 300 Kilometer nach Fez, der drittgrößten Stadt Marokkos. „Dann ist erst mal ein bisschen Ruhe angesagt“, freut sich Thomas und hofft dabei auch mal auf einen interessanten Ausflug in der ältesten Königsstadt des Landes. Silvester werden die fränkischen Globetrotter, wenn alles gut geht, in Marrakesch verbringen und dort vielleicht auf dem zentralen Marktplatz, der berühmten Djemaa el Fna, stehen und orientalischen Geschichtenerzählern, Schlangenbeschwörern, Affenhaltern und Gauklern zusehen, wenn das Neue Jahr beginnt.
Tagelang die Westsahara erleben
Am 2. Januar geht's an der Atlantikküste entlang mehrere Tage durch die Westsahara Richtung Ad-Dakhla, wo kurz danach Mauretanien beginnt. Am 7. Januar wollen die Reisenden das Waisenhaus in Nouadhibou erreichen, für das sie den Erlös ihrer Fahrzeuge spenden. Und schließlich folgt noch einmal Sahara-Sand und Strandpiste bis Nouakschott. Dort werden die Autos abgegeben. Die Rallye-Teilnehmer fahren am 12.Januar mit Busch-Taxis über die Grenze in den Senegal. Dort heißt's vorwiegend Entspannen, Wandern, Baden, bevor am 15. Januar der Rückflug ab Dakar ansteht.
Sprit auf Vorrat dabei
„Ganz ungefährlich ist es in der Westsahara nicht“, weiß Thomas, verlässt sich aber auf die militärische Unterstützung, die die Reisenden zugesagt bekamen. Ein bisschen problematisch könnte es vielleicht mit dem Tanken werden, glaubt der Nüdlinger, 80 bis 100 Liter Sprit wollen die Wüstenfüchse aber immer an Bord haben, sagt Thomas. Wichtig ist das vor allem für sein Feuerwehrfahrzeug, das einen recht kleinen Tank hat.
Berührende Erlebnisse
„Abenteuerlust muss man da schon haben und bereit sein, sich mal von der Couch wegzubewegen“. Das gemeinsame Erlebnis mit all den unterschiedlichen Leuten ist für ihn auf der Tour das Schönste. „Und man lernt andere Menschen, andere Sitten, andere Länder kennen. Man weitet den Blick für die Welt.“ Gerade in der heutigen Zeit sei das ganz wichtig. „Denn Offenheit stößt meist wieder auf Offenheit“, sagt er und erzählt von berührenden Erlebnissen. Zum Beispiel als er auf einer Rallye-Reise in Georgien auf ganz arme Menschen traf, die ihn und seine Freunde aber sofort freundlich einluden und dafür sorgten, dass es ihnen an nichts fehlte.