Kutte oder Kommunionkleid? An der Kleiderfrage beim Weißen Sonntag ist in Gauaschach ein Streit entbrannt, der Familien- und Freundschaftsbande auseinanderzureißen droht. Dabei hätte die Frage eigentlich gar nicht aufkommen dürfen. Denn in der Pfarreiengemeinschaft „Sieben Sterne im Saaletal“, in der Gauaschach einer der sieben Sterne ist, tragen die Kommunionkinder schon immer einheitlich Alben, im Volksmund Kutten genannt. Das hat der gemeinsame Ausschuss der Pfarreiengemeinschaft bei deren Gründung 2009 einstimmig so beschlossen. Und alle hielten sich daran.
Bis jetzt. Die sechs Gauaschacher Kommunionkindereltern in diesem Jahr scheren nämlich aus. Sie beschlossen, dass ihre Kinder (fünf Mädchen und ein Junge) in individueller Kommunionkleidung an den Tisch des Herrn treten sollen. Und seit sie das öffentlich gemacht haben, gibt es heftige Diskussionen im Dorf, ja sogar Anfeindungen gegen die Kommunionkindereltern.
Von Anfang an seien sich alle Eltern einig gewesen, dass man die Kutten nicht haben will, sagt Markus Göbel, der Sprecher der Kommunionkindereltern. Dies habe man dem Pfarrer rechtzeitig mitgeteilt, sei aber auf nicht viel Gegenliebe gestoßen. Mehrere Gespräche habe es gegeben, ein Konsens sei letztlich aber nicht erzielt worden. Die Differenzen konnte auch die Diözese in Würzburg nicht beheben, an die sich beide Seiten gewandt hatten. Zumindest erhielten die Eltern von dort aber die Bestätigung, dass es für die Erstkommunionfeier keine verpflichtende Kleidervorschrift gibt und niemand diese den Kommunionkindern auferlegen kann.
Das bestätigt auch Liturgiereferent Stephan Steger: „Es gibt keine Kleidervorschrift. Beides ist legitim, die Albe und das Kommunionkleid.“ Allerdings gibt es eine theologische Begründung für das Tragen der Albe. Sie erinnert an das Taufkleid, das die Neugetauften in der Frühzeit des Christentums beim Empfangen der Taufe in der Auferstehungsfeier am Osterfest bis zum darauffolgenden Sonntag, in der so genannten Weißen Woche, trugen. Traditionell wird deshalb auch die Feier der Erstkommunion am ersten Sonntag nach Ostern, dem Weißen Sonntag, begangen, wird doch in der Erstkommunionfeier die Erneuerung der Taufe gesehen.
Die weißen Kleidchen für die Mädchen und die dunklen Anzüge für die Jungen sind erst im 20. Jahrhundert aufgekommen, als die Erstkommunion als eigenständiges Fest gefeiert wurde. Da schickte es sich, Festtagskleidung zu tragen. Diese wurde im Lauf der Jahre dann immer pompöser und kostspieliger, bis man sich in den 1980er Jahren mit der Einführung der Alben wieder verstärkt auf die eigentliche Bedeutung des Festes zurückbesann. Die schlichten Gewänder sollten verhindern, dass die Kleidung wichtiger wird als das Fest.
Gerade deshalb aber gibt es in manchen Gemeinden keine Kleiderordnung. So zum Beispiel in der benachbarten Pfarreiengemeinschaft Saalekreuz mit den acht Gemeinden Elfershausen, Fuchsstadt, Langendorf, Machtilshausen, Feuerthal, Westheim, Engenthal und Trimberg. „Bei einem Zwang gibt es nur Reibereien“, sagt Pfarrer Erich Sauer. Er fände es zwar ein schönes Zeichen der Einheitlichkeit, wenn alle Kommunionkinder Alben trügen, kann aber gut damit leben, dass die Kleidung bunt gemischt ist. Auch Pfarrer Jaroslaw Woch, der die Pfarreiengemeinschaft Sankt Michael im Thulbatal betreut, legt keinen Wert auf Einheitsgewänder. „Bei uns gehen die Kinder traditionell in feierlicher Kleidung, manche auch in Alben.“ Genauso verhält es sich in der Pfarreiengemeinschaft Sturmiusberg. Pfarrer Kowol überlässt es den Eltern, wie sich die Kinder anziehen. „Mir ist das nicht so wichtig.“
Warum also so ein Disput in Gauaschach? Für Pfarrer Christian Müssig hat der Alleingang der Gauaschacher Eltern verschiedene Dimensionen. Zum einen bekommen dadurch Dinge, die peripher sind, ein großes Gewicht, zum anderen werde der gewählte Ausschuss der Pfarreiengemeinschaft nicht ernst und die Kompetenz des Pfarrers sogar in Frage gestellt. Der Ausschuss habe seinen 2009 gefassten Beschluss für die einheitliche Kleidung extra noch einmal bekräftigt, als die Gauaschacher Eltern ihr Ansinnen kundtaten. Als Vorsitzender des Gremiums fühle er sich daran gebunden, und wer das Gremium respektiere, müsse sich daran halten.
Für Pfarrer Müssig stellt sich nun die Frage, inwieweit man in der Pfarreiengemeinschaft überhaupt Vereinbarungen treffen kann, wenn diese nicht eingehalten werden. Welche Funktion hat dann dieser Ausschuss? Wie ernst fühlen sich die Mitglieder dieses Gremiums noch genommen? Lässt sich eine Pfarreiengemeinschaft in dieser Größe überhaupt durch eine Konsensgemeinschaft steuern? Diese Fragen sind es, die Müssig angesichts der Gauaschacher Kleiderrevolte nun beschäftigen. „Es wird künftig mühsam für mich sein“, befürchtet der Pfarrer.