Das hat es in Nüdlingen noch nie gegeben: Am Samstagabend findet dort der erste Nachtflohmarkt statt – privat organisiert, auf Privatgrund, aber nicht-kommerziell, dafür caritativ. Wer genug gefeilscht hat, kann mit Gleichgesinnten verfolgen, wie sich die deutsche Nationalmannschaft beim Auftaktspiel der Fußball-Europameisterschaft gegen Portugal schlägt.
Zu verdanken ist diese bemerkenswerte Mischung Mark Zuckerberg, den Begründer von Facebook. Zu den 901 Millionen monatlich aktiven Nutzern gehört nämlich auch Diana Breitenfeldt, Einzelhandelskauffrau aus Nüdlingen. Als sich die 30-Jährige vor zwei Jahren diesem sozialen Netzwerk anschloss, tat sie dies nur, um in Kontakt mit einer Freundin zu bleiben, die nach Amerika gezogen war.
Doch dann rutschte sie in eine Facebook-Gruppe hinein mit dem sinngebenden Titel: „Verkaufe/Suche Bad Kissingen“. Nicht dass da jemand die Stadt Bad Kissingen verscherbeln oder suchen würde: Es ist vielmehr ein regionale Internet-Börse, eine Mischung aus Kleinanzeigen, Flohmarkt und E-Bay. Mit folgenden Einschränkungen: Willkommen sind nur nicht-kommerzielle Anbieter aus dem Landkreis Bad Kissingen und allenfalls den Randgebieten. Denn schließlich wird die Ware dann persönlich übergeben und bezahlt, und das setzt kurze Wege voraus.
So wollte es Stefanie Veenedaal aus Garitz, die diese Gruppe ins Leben gerufen, sich dann aber nach zwei Jahren verabschiedet hat. Die Chef-Funktion als Administratorin übernahm Anfang des Jahres Diana Breitenfeldt, die sich in Facebook Didi Breitenfeldt nennt.
Unter ihrer Federführung und Moderation ist die Zahl der Gruppenmitglieder von 500 auf mittlerweile 13 833 Mitglieder angewachsen. Zwei, drei, vier Dutzend Angebote werden täglich eingestellt, sagt sie. Was verkauft ist, wird gelöscht. Das Gleiche passiert mit Ladenhütern, bei denen sich wochenlang nichts mehr bewegt.
Zwei bis drei Stunden, meistens abends, wenn das siebenjährige Söhnchen Leon im Bett liegt, sitzt Didi Breitenfeldt am Computer und sorgt für Ordnung. Kindische Sachen wie „Verkaufe Blumen aus Nachbars Garten“ oder „Verkaufe meine Freundin“ fliegen ebenso raus wie Langstreckenraketen. Waffen oder Computerspiele, die erst für 18-Jährige freigegeben sind, „das sind halt Sachen, die nicht gehen“. Ob die Spiele jugendfrei sind oder nicht, das überprüft oft ihr Lebenspartner Heiko Zirkenbach. „Meistens sitz' ich daneben und guck parallel bei Amazon“, grinst er.
Alleine kommt Didi Breitenfeldt mit der Pflege der Gruppe gar nicht mehr rum. Mit Thomas Sucharek aus Bad Kissingen, Andre Seidel aus Riedenberg, Patrick S. Thamer aus Westheim und Sebastian Becker aus Fuchsstadt hat sie Unterstützer gefunden. Carmen Walter aus Garitz pflegt die Untergruppe Babys (400 Mitglieder), Stefan Markert aus Reith das jüngste Gruppenbaby, Singles (100 Mitglieder), und Katja Müller aus Untergeiersnest die Gruppe Tiere, die schon 611 Mitglieder zählt.
Breitenfeldt, die im DM-Drogeriemarkt in Garitz arbeitet, macht das Ganze aus Spaß an der Freud. „Man lernt Leute kennen“, sagt sie. Sie selbst habe sich einen richtigen Freundeskreis aufgebaut, der sich auch schon mal zum gemeinsamen Frühstück trifft.
Nun also steht auch noch das Abenteuer Nachtflohmarkt an, mit Public Viewing und Discjockey, Verpflegung und Tombola. „Das ist was für die Jüngeren“, so Breitenfeldt. Der Erlös geht ans Tierheim Wannigsmühle.
Die Idee dazu hatte Administrator Thomas Sucharek. Unterstützung bekamen die Facebook-Händler vom Nüdlinger Harald Hoffmann, der in der ehemaligen Schlecker-Filiale in Hausen ein Schnäppchenhaus eingerichtet und schon Erfahrungen mit Nachtflohmärkten in diesem Stadtteil gesammelt hat. Bis zu 60 Biertische (mit jeweils zwei Sitzbänken) stehen für die Händler bereit. Angemeldet sind bislang 20. Fußball geguckt wird in den zwei früheren Werkshallen.
1. Nachtflohmarkt am 9. Juni in Nüdlingen, Kissinger Straße 54 (Metallbau Eschenbacher). Beginn: 19 Uhr. Anmeldung ist noch möglich am heutigen Freitag ab 14 Uhr unter Tel. (09 71) 78 55 98 17.