Es riecht nach Holz. Späne bedecken den Boden in den neuen Werkstatträumen der Lebenshilfe. Mitarbeiter Rüdiger De Haan ist gerade dabei, das Fichtenholz für den Bau von Hochsitzen zurechtzuschneiden. „Der Verkauf unserer Hochsitze läuft sehr gut“, sagt Werkstattleiter Holger Oberfichtner. Fünf verschiedene Modelle werden gefertigt, die Auftraggeber sitzen zwischen Rhön und Steigerwald und sind meist Forstämter, Forstbetriebe oder private Waldbesitzer. Neu in diesem Jahr wird laut Oberfichtner sein, dass auch Hochsitze zum „selbst montieren“ angefertigt werden. Diese können dann über den Postweg versandt werden, was bisher nicht der Fall war.
„Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt“
Holger Oberfichtner Werkstattleiter der Lebenshilfe
In Zeiten der Wirtschaftskrise, „die auch wir deutlich zu spüren bekommen“, sei es wichtig, mehrere Standbeine zu haben, so der Werkstattleiter. Gerade im Bereich der Metallarbeiten, bei denen die Lebenshilfe mit Automobilzulieferern zusammenarbeitet, sei die Auftragslage momentan schwierig. Umso mehr freut sich Oberfichtner über den neu gewonnenen Platz von 350 Quadratmetern für sperrige Holzarbeiten in der ehemaligen Mercedes-Werkstatt – etwa 200 Meter Luftlinie entfernt von den Räumlichkeiten der Lebenshilfe in der Berliner Straße.
Nähe zum Haupthaus
„Fast ein Jahr lang haben wir gesucht, denn die Nähe zum Haupthaus war uns wichtig.“ Dort nämlich gibt es Mittagessen und die Mitarbeiter werden von Sozialpädagogen betreut. „Die Ansprache ist für unsere Menschen unheimlich wichtig.“
Vorteil der neuen Werkstatt ist, so Oberfichtner, dass nun auch Arbeiten wie beispielsweise das Montieren der Hochsitze bei einer Raumhöhe von über vier Metern im Inneren erledigt werden können. Das sei vorher wegen der niedrigen Decke nur im Außenbereich möglich gewesen. Bei den Temperaturen eine echte Herausforderung. „Wir können jetzt auch Aufträge annehmen, die wir vorher absagen mussten, weil es einfach vom Platz her nicht machbar war.“ Und: Die Mitarbeiter können problemlos allein von der Berliner Straße in die neuen Räume gelangen, „auch das schafft Selbstbewusstsein“. So wie Rüdiger De Haan, der nicht nur seine Arbeit hervorragend meistert, sondern auch die Mitarbeiter der Werkstatt vertritt.
Auch Gruppenleiter Jens Kaiser freut sich in der Holzverarbeitung über die neu gewonnene Fläche: „Das schafft eindeutig mehr Möglichkeiten.“ Die Kosten, so Oberfichtner, beschränken sich auf die Miete, außerdem wurde ein zweiter Gabelstapler angeschafft.
Insgesamt 210 Menschen mit Behinderung im Alter zwischen 20 und 65 Jahren sind bei der Lebenshilfe Hammelburg beschäftigt. Jährlich ist laut Oberfichtner mit einem Zuwachs von etwa drei bis fünf Personen zu rechnen, „wobei die ersten Mitarbeiter demnächst in Rente gehen werden“. Gebaut war die bisherige Werkstatt eigentlich nur für 154 Arbeitsplätze, „deshalb platzten wir aus alles Nähten“. Etwas mehr Raum kam im Frühjahr 2007 durch den 500 Quadratmeter umfassenden Neubau der Lagerhalle dazu, in der sowohl Rohmaterialien als auch fertige Produkte untergebracht sind.
Leider, so der Werkstattleiter, sei es immer noch sehr schwierig, Menschen mit Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Gründe sehe er nicht unbedingt in der Arbeit selbst, sondern in einem fehlenden sozialen Umfeld für die Mitarbeiter. „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt. In der freien Wirtschaft steht der Dienst der Sozialpädagogen am Arbeitsplatz aber leider nicht zur Verfügung.“
Hintergrund
Lebenshilfe-Werkstatt Die Werkstatt der Lebenshilfe in Hammelburg besteht seit 1971. Sie bietet Menschen mit Behinderung die Möglichkeit, produktiv zu arbeiten. Durch individuelle Trainingsprogramme werden die Mitarbeiter für die differenzierten Anforderungen qualifiziert.