Lucy wurde nicht mehr gebraucht. Das Tier hätte Tierarztkosten verursacht. Nur noch für den Pferdemetzger schien es interessant. Da entdeckte es Kerstin Belz aus Bad Brückenau vor etwa einem Jahr in Aschaffenburg bei einem Viehhändler und kaufte es frei. Das misshandelte Pferd sollte es gut haben – die Kinder freuten sich.
Der Termin fürs Einschläfern stand
Lucy wurde aufgepäppelt, es schien wieder alles gut zu werden. Doch dann veränderte sich der Krankheitsverlauf dramatisch. Zu lange war es dem kleinen Pferd wohl sehr schlecht gegangen. Die Tierarztkosten schnellten so in die Höhe, dass Familie Belz sie nicht mehr hätte tragen können. Dem Tier ging es so schlecht, dass selbst der Tierarzt dazu riet, es einschläfern zu lassen. Ein Termin wurde festgesetzt.
Doch Kerstin Belz und ihre Familie nahm das sehr mit. Dann wollte es der Zufall, dass sie in Bad Brückenau ihrer Bekannten Hannelore Hingst aus Kothen begegnete und ihr von dem Drama mit dem Pferd erzählte, das nur noch ein paar Tage zu Leben gehabt hätte.
Für Hingst als engagierte Tierschützerin war das Motivation genug, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um das Leben Lucys zu retten. Sie unterhält gute Kontakte zu Gut Aiderbichl, einem Asyl für Tiere. Dem dort für Patenschaften zuständigen Paul Kaiser schilderte sie den Notfall und bat um eine Aufnahme des Tieres.
„Aber da treffen Tausende von Notrufen ein“, weiß Hingst. „Schlimm genug, dass es so viele Tiere gibt, die in oft katastrophalen Verhältnissen dahinvegetieren müssen.“ Aiderbichl-Gründer Michael Aufhauser, war trotzdem einverstanden, Lucy sollte aufgenommen werden. Den Transport von der Rhön in eines der Aiderbichl-Güter in Österreich und Südbayern, musste aber selbst organisiert werden.
Transport noch in der Nacht
Weil sich die Situation des Pferdes weiter verschlechterte, wurde der erst für Sonntag vorgesehene Transport einige Tage vorgezogen. Am Mittwoch, noch in der Nacht, machten sich Hannelore Hingst und ihr Lebensgefährte Siegfried Möller auf den Weg. Ziel war das Gut Henndorf in Österreich. Lucys Besitzerin Kerstin Belz war ziemlich unglücklich, dass sie an diesem Tag anderer Verpflichtungen wegen nicht mitfahren konnte.
Bedenken gab es, da die Strecke auf das Gut mit 520 Kilometer sehr lang war. Das Pferd wurde medizinisch versorgt. Schmerzmittel sollten den Transport so stressfrei wie möglich machen. „Wir waren glücklich, dass das Tier bei der Ankunft ganz gelassen dem Hänger entstieg“, strahlt Hannelore Hingst. „Es war also alles gut gegangen.“ Unterwegs hatte man immer wieder nach dem Tier geschaut.
„Eine Pferdepflegerin und ein Hufschmied übernahmen Lucy, die so schnell wie möglich versorgt und untersucht wurde. Danach kamen weitere Untersuchungen durch einen Tierarzt dazu. Ein Behandlungsplan aufgestellt“, berichtete Hingst. Hufrehe, die Krankheit an der Lucy leidet, kann die unterschiedlichsten Ursachen haben. Das Futter für das Pferd wird umgestellt. Es bekommt eine Art Stützschuh und wird auf mit Sägemehl bedecktem, weichen Boden stehen, erfuhr Hingst. „Jetzt hat es die Chance, noch viele Jahre alt zu werden“, sind Hannelore Hingst und Kerstin Belz glücklich. „Die ganze Aktion, die ja sehr schnell gehen musste, hat sich gelohnt.“
Lucy wird zusammen mit vielen anderen Tieren ein wohl versorgtes, tiergemäßes Leben führen können. Tierpaten wie Hannelore Hingst tragen praktisch, aber auch mit Geld dazu bei, dass Tieren, wie dem Pony geholfen werden kann.
Online-Tipp
Näheres findet man im Internet unter www.gut-aiderbichl.de
Das Stichwort
Gut Aiderbichl
Im Jahr 2000 gründete Michael Aufhauser „Gut Aiderbichl“ bei Salzburg. Inzwischen gibt es fünf Höfe, einen in Frankreich. Aufhauser und mehr als 50 fest angestellte Mitarbeiter retten Tiere in Not und geben ihnen ihre Würde zurück. Und sie helfen behinderten und bedürftigen Kindern sowie alten Menschen. Sie wollen Achtung vor dem Leben in jeder Form vermitteln. Das Gut wurde durch die Fernsehsendung „Weihnachten auf Gut Aiderbichl“ bekannt. Es finanziert sich vor allem über Eintritte, Merchandising und Förderer. Mehr als 1000 Tiere werden derzeit betreut, darunter 400 Pferde.