Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt, sagt ein fernöstliches Sprichwort. Catherine Scherner war schon 19 Jahre alt, als sie endlich den ersehnten ersten Schritt tun und eine Ballettschule besuchen konnte. Ein spätes Einstiegsalter in dieses Metier, aber nichtsdestotrotz ein erfolgreicher Weg für die heute 63-jährige Französin, denn nun feiert sie das 30-jährige Bestehen ihres Kissinger Ballettstudios.
Catherine Scherner studierte zunächst Kunstgeschichte und französische Literaturwissenschaft in Bordeaux, ehe sie Mitte der 70er-Jahre ihrem Mann nach Bad Kissingen folgte. Das Balletttanzen pflegte sie weiter als Hobby: „Ich habe einfach eine Stange im Schlafzimmer montiert und viel Gymnastik gemacht.“ Davon bekamen auch Freundinnen Wind – und Lust, also musste bald eine kleine Halle her, die die Caritas in der Hartmannstraße zur Verfügung stellte.
Werbung war nicht nötig
Aber die taugte bald nicht mehr, erinnert sich Catherine Scherner, denn immer mehr Interessierte meldeten sich bei ihr. Die Französin mietete einen Raum in der Pestalozzistraße. „Werbung musste ich keine machen, die Leute waren einfach da. Junge Mädchen, ältere Frauen, sogar Männer. Wir waren voller Enthusiasmus.“ Inzwischen gab sie mehrmals pro Woche Unterricht.
Heute hat Scherners Ballettstudio seinen Standort in der Gutenbergstraße gefunden. Zusammen mit Kollegin Ulrike Lorösch bietet sie klassisches und modernes Ballett an, Improvisation, Bodengymnastik und Renaissancetänze. Wie viele Schüler sie hat, weiß die 63-Jährige nicht. „Zahlen sind mir nicht wichtig.“ Wer kommt und sich mit seinem Wesen einbringen will, ist ihr willkommen, unabhängig von Alter oder Aussehen. „Es kommt mir auf die innere Einstellung an. Wenn alle einfach gleich sind, wäre es für mich nicht authentisch.“
Catherine Scherner hat sich in zahlreichen Kursen in Deutschland und Frankreich weitergebildet und längst ihren eigenen Stil gefunden. Dass sie erst mit 19 Jahren zum Ballett kam, sieht sie heute als großen Vorzug. „Mir wurde nichts eingebrockt oder aufgedrückt wie bei einer professionellen Ausbildung. Ich bin den unüblichen Weg gegangen und kann in meine Arbeit viel von meinem Wesen und meiner Lebensphilosophie einbringen“, ist sie im Rückblick dankbar.
Auf der Suche nach Perfektion
Ballett, so die 63-Jährige, sei nicht nur Tüll und Schwanensee. „Die klassische Ausbildung ist zwar die Basis, aber man kann auch moderne Bewegungen zu klassischer Musik machen.“ Sie sei immer auf der Suche nach Perfektion und Körperbewusstsein. „Es geht mir darum, Gefühle auszudrücken.“
Gemeinsam mit ihren Schülern hört sie Musik, gestaltet eine Rolle, improvisiert und setzt eigene Akzente. „Die Entstehungsphase macht fast mehr Spaß als die Aufführung.“
Zur Feier des 30-jährigen Bestehens ihres Ballettstudios hat sich Catherine Scherner etwas Besonderes überlegt (siehe Infobox). Die Aufführung im Kurtheater hat sie seit Januar mit ihren Schülern vorbereitet, parallel dazu gibt es eine Ausstellung Tanz, organisiert von Galeristin Elisabeth Hirnickel, mit der Catherine Scherner seit vielen Jahren befreundet ist. In den Ruhestand zieht es die quirlige 63-Jährige noch lange nicht. Gemäß ihres Mottos: „Wer tanzt, hat mehr vom Leben.“
Peters Traum und mehr
Das Ballettstudio Catherine Scherner zeigt anlässlich seines 30-jährigen Bestehens in Bad Kissingen am 21. und 22. Juli jeweils um 17 Uhr eine Aufführung im Kurtheater.
In dem rund dreistündigen Programm präsentieren Kinder und Erwachsene unter anderem Peters Traum, eine Interpretation Scherners von Peterchens Mondfahrt, eine Performance deutscher und französischer Kinderlieder und der Feuerwerksmusik von Händel. Des Weiteren darf sich das Publikum auf drei Live-Stücke von Mona Münzel an der Marimba und weitere musikalische Highlights freuen. Parallel dazu zeigt die Galeristin Elisabeth Hirnickel aus Euerdorf im Kurtheater eine zweitägige Ausstellung mit dem Titel Tanz, die am Freitag, 20. Juli um 17 Uhr mit der Vernissage beginnt. swg