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BAD KISSINGEN: Patienten rücken in weitere Ferne

BAD KISSINGEN

Patienten rücken in weitere Ferne

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    Länger wird die Wartezeit für Patienten, die nachts oder am Wochenende auf eine Diagnose angewiesen sind. Der diensthabende Bereitschaftsarzt muss künftig in seiner Schicht noch mehr Kilometer abspulen. Der Dienstbereich Bad Kissingen wächst um die Region Bad Brückenau. Bereits die Erweiterung um die Bereiche Bad Bocklet, Burkardroth und Hammelburg hatte aufhorchen lassen. Ab 1. Februar liegen die weitesten Pole zwischen Arzt und Patient rund 40 Kilometer auseinander.

    „Die Patienten werden mehr Geduld brauchen, beschreibt Dr. Ralph Brath (Bad Kissingen) die Auswirkungen der Neuordnung. Brath ist einer der drei Obmänner für den neuen Dienstbereich. Gleichberechtigt sind Anton Heilmann (Elfershausen) und Volker Behnke (Zeitlofs). So ein Obmänner-Trio sei ein Novum für ganz Bayern, erzählt Brath. Ziel sei es, alle drei jetzt zusammengeschlossenen Gebiete gleichberechtigt zu vertreten.

    „Das kann schon sportlich werden“, beschreibt Brath die künftigen Anforderungen für sich und seine Kollegen. Es gilt, die Belastungen unter der zunehmend kleineren Zahl der Ärzte aufzuteilen. Insgesamt stünden 40 Kollegen zur Verfügung. Jeden treffe es pro Jahr zweimal an den Wochenenden für einen 24-Stunden-Dienst und zweimal unter der Woche.

    Schon mit der Neuordnung der Dienstbereiche vor zwei Jahren strukturierten die Ärzte ihre Arbeitsweise um. Seitdem gibt es eine mit dem Arzt wechselnde Bereitschaftspraxis und einen Kollegen, der mit dem Auto umher fährt. Auf die Einrichtung einer festen Bereitschaftspraxis verzichte man im Landkreis. So müssten alle Patienten mal einen längeren Weg in Kauf nehmen. Außerdem fühle sich der Diensthabende mit seinen Räumen besser vertraut. Er könne andere Arbeiten verrichten, wenn gerade kein Patient zu untersuchen ist.

    Eine Statistik, wie viele Einsätze es pro 24-Stunden-Schicht gibt, werde von der Kassenärztlichen Vereinigung nicht geführt. Brath kann nur seine eigenen Zahlen als Anhaltspunkt nennen. Der 59-Jährige hatte während seiner Bereitschaftsdienste in der Praxis, beziehungsweise auf Strecke, jeweils zwischen fünf und 20 Patienten. Jetzt kommen wohl welche dazu. Immer wieder muss an einem Tag ein Ort mehrfach angefahren werden. Das kostet natürlich Zeit.

    Deshalb haben die Bereitschaftsärzte Wünsche an die Patienten, um ihre Hilfe zu optimieren. Weit verbreitete „Hotline–Mentalität“ (Brath) führe dazu, dass Gesundheitsprobleme verschleppt werden, um am Wochenende um Fürsorge nachzufragen.

    Kein guter Gedanke sei es auch, zur Zeitersparnis gleich den „Blaulicht-Doktor“ (Notarzt) anzurufen. Manche Atemnot entpuppe sich beim Besuch als schlichte Erkältung. Diese Alarmierungshaltung verhindert rasche Hilfe dort, wo sie nötiger gebraucht wird und sorge auch beim Patienten für Frust: Der Notarzt stellt keine Rezepte aus und keine Krankschreibungen.

    Am sinnvollsten sei es für das System, in die Bereitschaftspraxis zu kommen. Das gehe schneller, als auf den fahrenden Bereitschaftsarzt zu warten. „Natürlich ist das auch eine Frage der Indikation“, räumt Brath ein.

    Die Neustrukturierung des Bereitschaftsdienstes ist dem Ärztemangel auf dem Land geschuldet. „Die Altersstruktur ist bedenklich“, sagt der Obmann. Das Durchschnittsalter der dienstverpflichteten Mediziner liegt bei 52 Jahren.

    Sehr fordernd

    Dabei ist der Zusatzdienst ohne Freizeitausgleich sehr fordernd. Es gebe schon Firmen, die Bereitschaftsärzte von auswärts vermitteln. „Die Qualität ist sehr schwankend“, sagt Brath über einspringende Kollegen. Gleichzeitig äußert er Verständnis für Facharzt-Kollegen, die sich nicht um die Dienste reißen. Wer auf eine Disziplin spezialisiert sei, fühle sich womöglich überfordert. Andererseits gebe es alteingesessene Ruheständler, die das Berufsleben mit dem einen oder anderen Bereitschaftsdienst ausklingen lassen. „Wir machen den Beruf ja, weil wir gerne helfen“, so Brath. Die Bezahlung sei nicht schlecht, aber: „Ein Handwerker ist teurer am Wochenende“.

    Ob sich die ärztliche Versorgung auf dem Land rasch wieder zum Guten wendet, bezweifelt Brath. „Das ist ein langes Thema“, sagt er. Das fange schon bei den Einstellungskriterien für Medizinstudenten an.

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