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ELTINGSHAUSEN: Rechtschaffen und handylos

ELTINGSHAUSEN

Rechtschaffen und handylos

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    Es gibt sie noch, Handwerksgesellen, die dem Mainstream entgegensteuern und alte Traditionen pflegen. Christian Schmidt aus Fürstenwalde an der Spree ist so jemand. Der 24-Jährige ist seit fast dreieinhalb Jahren als rechtschaffener fremder Schlosser unterwegs. Die letzte Station des Wandergesellen in Deutschland ist Eltingshausen, wo er seit März bei Metallbau Schlotter untergekommen ist.

    „Man lernt, mit sehr wenig auszukommen“, ist eine von vielen Erkenntnissen, die der 24-Jährige gewonnen hat. „Ick seh' das als eine Art Lebensschule. Ick hab' vom Obdachlosen bis zum Topmanager alles kennengelernt“, sagt er und rückt seinen Edelhut ein wenig gerade.

    Den Gesellen hat es nach seiner Metallbau-Lehre mit Fachrichtung Konstruktionstechnik nicht mehr im heimatlichen Betrieb gehalten. „Ick wollte Menschen kennenlernen und hab' Spaß am Reisen“, nennt er Gründe, sich mit Hilfe der Gesellschaft für rechtschaffen fremde und einheimische Maurer- und Steinhauergesellen von Hamburg aus auf die Reise der etwas anderen Art zu machen.

    Alles freiwillig

    Mindestens drei Jahre und einen Tag muss der Geselle unterwegs sein, so verlangt es die Tradition. „Im Mittelalter musste der Handwerkergeselle länger reisen ... ... als die Lehre dauert, um den Meister zu erlangen.“ Heute freilich ist das Reisen von Betrieb zu Betrieb ein freiwilliges Unternehmen. „Und die Meisterprüfung muss man sich noch extra erarbeiten.“

    In den Rucksack darf eine zweite Arbeitsgarnitur, Wäsche zum Wechseln, Waschzeug, ein bisschen Werkzeug. „Mehr kann man nicht auf Dauer herumtragen“, sagt Schmidt. Dinge, die das Leben schöner machen, bleiben zuhause. „Ein Handy mitzunehmen, ist verpönt“, so der 24-Jährige mit dem Kinnbärtchen. „Außerdem“, grinst er, „würde Mutti sonst dauernd anrufen“.

    Eines schönes Tags im März stand Schmidt vor der Tür, erinnert sich Thorsten Schlotter, Schmidts Derzeit-Meister, „und dann hat er seinen Spruch gesagt“. Der Spruch, das ist das gut gehütete Geheimnis aller Wandergesellen, das nur einem Meister mitgeteilt wird. Auf diese Weise wird die alte Tradition vor Trittbrettfahrern bewahrt. Er bürgt für Originalität und Ehrlichkeit.

    „Christian bringt viel Erfahrung mit“, lobt Schlotter den 24-Jährigen, der bei einer Verwandten der Familie in Reiterswiesen untergekommen ist. Zuletzt hat er in Erfurt gearbeitet. „Zum Abschluss würde ick gern noch einmal in die Schweiz, da war ick schon mal.“

    Kein Zuckerschlecken

    Das Dasein eines Wandergesellen ist aber nicht nur Zuckerschlecken. „Im Winter zu Laufen ist ganz schön hart, und diesmal ...

    ... war es besonders heftig“, gibt Schmidt zu. Wenn er in einem neuen Ort ankommt, sucht er sich als erstes eine Schlafunterkunft. „Die Nacht im Warmen zu verbringen ist ganz wichtig“, sagt er. „Meistens klingel ick bei Pfarrern.“

    Nicht immer stoße man auf Hilfsbereitschaft der Bevölkerung, sagt der 24-Jährige nachdenklich. Doch auch das kann etwas Gutes haben: „Man wird sehr selbstständig.“ Schmidt weiß denn auch, dass er in naher Zukunft auf jeden Fall seinen Meister machen und als Selbstständiger seiner Handwerksleidenschaft nachgehen will.

    Wie sehr er sich der Schlosserei verbunden fühlt, zeigt das Tattoo auf seinem rechten Unterarm: ein Katzenkopf, verbunden mit einem Vorhängeschloss. „Der Katzenkopf ist ein altes Symbol für Schlösser.“ Schlosser wollten immer das unknackbare Schloss bauen, aber das sei ja noch keinem gelungen.

    Fester Wohnsitz

    Ab Oktober will Schmidt gern wieder einen festen Wohnsitz haben. Dann muss er auch nicht mehr dauernd laufen oder per Anhalter fahren. Dann freut sich wohl auch Mutti, dass der Filius vielleicht nicht mehr so arg weit weg weilt. Denn: „Als Wandergeselle darf man nicht näher als 50 Kilometer an den Heimatort ran.“

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