Auf einer Betriebsversammlung wurde den Mitarbeitern der Kissinger Milchwerke diese Woche mitgeteilt, dass die Bayerische Milchindustrie eG (BMI) mit Sitz in Landshut, zu denen die Milchwerke gehören, plant, die Kissinger Molkerei zum 31. Dezember 2012 zu schließen. Die gesamte Quarkproduktion soll ins rund 100 Kilometer entfernte oberfränkische Zapfendorf verlegt werden. Davon wären 45 Mitarbeiter, darunter vier Auszubildende, betroffen.
„Details wurden uns keine mitgeteilt, auch Zahlen nicht“, sagt Betriebsleiter Christian Thierauf auf Anfrage der Main-Post. Es gehe wohl um Einsparpotenziale und es werde einen Sozialplan geben. 2011 solle zunächst normal weiterproduziert werden. Im ersten Quartal 2012 solle dann der erste Schritt in Richtung Verlagerung geschehen, im zweiten Quartal der zweite.
Thierauf kann die Pläne des Mutterkonzerns nicht verstehen: „Wir schreiben schwarze Zahlen und haben jedes Jahr steigende Produktionsmengen und Absatzzahlen.“ Deshalb habe man auch schon die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten eingeschaltet.
Den Mitarbeitern stoße insbesondere auf, dass sie schon seit 2005 auf einen Teil ihres Lohnes verzichten und für das gleiche Geld 40 statt 38 Stunden arbeiten. Das entspreche Lohneinbußen von 5,25 Prozent, rechnet Thierauf vor. „Spruchreif ist noch nichts“, sagt der Betriebsleiter, allerdings sei vor kurzem erst das BMI-Werk Tirschenreuth in der Oberpfalz geschlossen worden.
Hintergrund sei wohl, dass die BMI 2009 durch die Wirtschaftskrise in eine finanzielle Schieflage geraten sei. Insbesondere der Export von Milchpulver sei stark eingebrochen, so Robert Hein, BMI-Gesamtbetriebsratsvorsitzender aus Kissingen. Die Wirtschaftskrise habe nichts mit der Kissinger Molkerei zu tun.
In Zapfendorf müsste die Quarkproduktion allerdings erst aufgebaut werden, so Hein, während der Standort Bad Kissingen seit Jahren mit Preisen für seinen Speisequark überschüttet werde. Die Kissinger Molkerei sei außerdem IFS-zertifiziert (International Food Standard), einer Zertifizierung auf höchstem Niveau im Bereich der Lebensmittelproduktion.
Die Molkerei verarbeitet im Jahr bis zu 62 Millionen Kilogramm Milch zu knapp 19 Millionen Kilogramm Speisequark.
Die Milchwerke bestehen seit mittlerweile 75 Jahren. Gegründet wurden sie als Max-Müller-Milchzentrale GmbH in der Hartmannstraße. Seit 1947 befindet sich der Sitz der Molkerei, die ihren Namen mehrfach änderte, in der Winkelser Straße. Als die Werke 1998 kurz vor dem Konkurs standen, wurden sie von den Milchwerken Mainfranken in Würzburg übernommen. Die Milchwerke Mainfranken wiederum gingen – „ohne wirtschaftliche Not“, so Thierauf – zu Beginn des Jahres 2008 an die BMI.