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WILDFLECKEN: Sie ist blind: Leonie gehört zur Klasse wie alle

WILDFLECKEN

Sie ist blind: Leonie gehört zur Klasse wie alle

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    Ein paar Wochen war Leonie alt, als ihre Eltern bemerkten, dass etwas nicht stimmt. Von Uniklinik zu Uniklinik sind sie mit ihrem Baby gefahren, bis sich rausstellte: Leonie kann nicht sehen. Ganz grelle Farben kann sie erkennen, erzählt ihre Oma Lydia Fiedler. Mit 22 Monaten erkrankt Leonie an Diabetes; sie trägt eine kleines Gerät in der Taille, das über einen Katheder Insulin in ihren Körper abgibt.

    Keine guten Voraussetzungen für eine normale Schullaufbahn. Aber Leonies Familie hatte von Anfang an ein Ziel: Ihr kleines Mädchen soll so normal wie möglich leben. Es fügt sich, dass Leonies Eltern, Yvonne und Alexander Roth, die Menschen finden, die Leonies Weg in die Regelschule unterstützen und begleiten.

    Normal wäre gewesen, dass Leonie vor einem Jahr in das Internat für blinde Kinder nach Würzburg gekommen wäre. Weit weg von ihren Lieben in Oberwildflecken. Die Familie sucht nach einer anderen Möglichkeit. Leonie hatte den Kindergarten in Oberwildflecken besucht. Dort hat sie mit den anderen Kindern gespielt. Nachmittags hat sie nebenan ihre Freundin Gina besucht, über den Zaun konnte sie sogar allein rüber klettern. Leonie fährt Fahrrad – auf großen, autofreien Plätzen allein, bei Ausflügen mit einer Tandemstange an das Rad des Großvaters gekoppelt. Inlineskaten, schwimmen, all das macht die Siebenjährige: „Ich habe auch schon mal Wettlauf gemacht.“

    Nach vielen Besprechungen und Überlegungen wird der Weg in die Grundschule Wildflecken frei. Seit einigen Jahren ist es möglich, dass Kinder mit Behinderungen Regelschulen besuchen dürfen. Leonie hat eine Begleiterin, die sie jeden Morgen zu Hause abholt und mit ihr im Bus zur Schule fährt. Marianne Schmitt, die Erzieherin gelernt hat und später im Hort in Wildflecken arbeitete, hat sich der Aufgabe gestellt. Auch wenn sie damals noch keine Ahnung von Blindenschrift, der so genannten Brailleschrift, hatte. Ab April bereitete sie sich intensiv auf die Einschulung im September 2007 vor. Jetzt haben Leonie und sie die 1. Klasse geschafft, sind ein starkes Team geworden. Für die Pause gibt es inzwischen einen Pausendienst für Leonie, zwei Mitschüler kümmern sich. Marianne Schmitt bleibt in der Nähe.

    In der Schule ist der Weg ins Klassenzimmer grellgelb markiert. Auch nach den Sommerferien als 2. Klasse bleiben Leonie und ihre Mitschüler in selben Raum. „Mittlerweile kann sie sich im Schulhaus problemlos orientieren“, sagt ihre Lehrerin Nadine Mattis. Die junge Pädagogin kam wegen Leonie nach Wildflecken. Sie hatte im Referendariat in Würzburg in einer Integrationsklasse mit behinderten Kindern gearbeitet.

    In die Bedürfnisse eines blinden Schülers muss sich die junge Pädagogin erst einarbeiten. Dazu kommt, dass sie zum ersten Mal eine 1. Klasse hat und Klassleiterin ist.

    Sie nimmt die Herausforderung an. In enger Zusammenarbeit mit Leonies Begleiterin bereitetet sie das Unterrichtsmaterial so vor, dass Leonie damit klar kommt. Das Mädchen schreibt mit einer Braille-Schreibmaschine. Texte werden für sie in der Blindenschrift ausgedruckt, so dass auch sie ihren Mitschülern vorlesen kann. Neulich sollten die Kinder als Hausaufgabe ein Wiesentier suchen und malen. Malen kann Leonie nicht, aber mit ihrer Mama hat sie einen Regenwurm gesucht und danach ihre Erfahrungen in ein Diktiergerät gesprochen. Manchmal muss die Aufgabenstellung für sie eben etwas anders sein.

    Die Nacht vor der Zeugnisübergabe haben Leonie und ihre 21 Klassenkameraden in der Schule verbracht. Piratenlesenacht ist angesagt, noch nachts um halb elf toben die Kinder durch die Turnhalle, Leonie mittendrin, manchmal an der Hand ihrer Begleiterin, manchmal fast genauso frei wie die anderen Mädchen und Jungs auch.

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