Es ist mittlerweile schon Tradition geworden, die Dürrmühle alle zwei Jahre zum Feiertag an Mariä Himmelfahrt für das Volk zu öffnen. So gab es heuer zum siebten Mal wieder ein gut besuchtes Mühlenfest. Viele Interessierte warteten geduldig auf die Mühlenführung von Benno Zellhan.
„Fünf Generationen lang betrieb unsere Familie diese Mühle“, erklärt Zellhan den Besuchern bei seiner Führung. Die Ursprünge des Betriebs lagen zwischen den Jahren 1820 und 1830. Damals seien zwei benachbarte Mühlen zu einem einzigen Betrieb zusammengeführt worden.
Zurzeit werde die Mühle für die Stromerzeugung durch eine Turbine genutzt, bestätigt Zellhan. Im Jahre 2000 sei die Turbine auf den neuesten technischen Stand gebracht worden. Die erste Wasserturbine laufe schon seit 1930, weil diese effektiver als ein gewöhnliches Wasserrad gewesen sei, so Zellhan. Die neue Turbine liefere etwa 10 000 bis 15 000 Kilowatt elektrischen Strom jährlich. Das reiche für die Versorgung von bis zu sechs Familienhaushalten.
„Mehl in einer solchen Dürrmühle heute noch herzustellen, rechne sich nicht“, sagt Zellhan. Zwar funktioniere noch alles, aber das industriell produzierte Mehl koste erheblich weniger in der Herstellung. „Das handwerklich hergestellte kauft mir heute keiner ab!“, ist Zellhan überzeugt. Der Aufwand an Arbeit für Pflege und Reinigung stehe in keinem Verhältnis zu den Kosten.
Fasziniert lauschten die Besucher der Mühlenführung Zellhans Erklärungen und ließen sich in die Zeit vor einem halben Jahrhundert zurückversetzen. Die von den Landwirten angelieferten Säcke mit Weizen oder Roggen wurden seinerzeit in die riesigen Vorratsbehälter geleert. Je nach Bedarf wurde das Korn per Aufzugsband in kleinen Behältern, dem so genannten Elevator, in die oberen Etagen befördert. Die Trennung von Kornschale und Keimling erfordern weitere Bearbeitungsstationen. Das verbleibende reine Getreidekorn wird zwischen den Walzenstühlen verschieden fein gemahlen. Zwischendurch wird gesiebt und getrennt. Je nach Bedarf kann so fein gemahlen werden, dass das Mehl schließlich zu Staub wird.
Großes Erstaunen machte sich auf den Gesichtern der Besucher breit, als sie den Plansichter-Geräten bei der Arbeit zuschauten. Die riesigen hölzernen Kästen rotieren lautstark per Exzenterwelle auf der Stelle und sieben das Mehl durch feinmaschige Textilien. Angetrieben werden sämtliche Maschinen in der Dürrmühle durch breite Transmissionsriemen aus Leder, die stockwerkübergreifend verbunden sind. Der längste Transmissionsriemen hat eine Länge von 45 Metern.
Wenn die metallenen Nahtstellen dieser Riemen über die Räder der Antriebswellen laufen, gibt es ein unüberhörbares Geräusch. Geräuschlos sind aber auch die angeschlossen Maschinen nicht. Bald surrt, klappert und summt es überall in der Mühle. Die metallene und größtenteils hölzerne Technik aus dem vergangenen Jahrhundert ist grobklotzig, aber recht gut überschaubar. Vieles ist mit eigenen Mitteln reparierbar. So zum Beispiel das riesige Getriebezahnrad, dessen hölzerne Zähne einzeln austauschbar sind.
Bei guter Lagerung sei frisches Mehl ein Vierteljahr lang haltbar, bestätigt Benno Zellhan. Aber gerade im Sommer bestehe die erhöhte Gefahr von Mottennestern, Mehlwürmern und weiteren unerwünschten Mitessern im Mehl. Ältere Mühlen mit alten Röhrensystemen hätten gegenüber neuen Anlagen ein größeres Hygieneproblem. „Es gibt nämlich einige schwer zugängliche Ecken in den Holzkästen mit verbliebenen Mehlresten“, bestätigt er. Im Jahr 2003 hatte Zellhan ein letztes Mal Mehl mit vollem Programm in der Dürrmühle gemahlen. Jetzt lief lediglich ein Schaumahlen mit einer Miniportion Mehl.
Die Bäcker aus dem eigenen Ort und den Nachbardörfern seien vor 50 Jahren die Stammkunden der Dürrmühle gewesen. Viel habe man in Richtung Aschenroth und Weyersfeld geliefert. Senior Waldemar Zellhan erinnert sich noch an jene Auslieferung anfangs der 50er Jahre. „Damals war ich 17 Jahre alt und mir sind die Wagengäule durchgegangen“, erzählt er. Erst unten an der Saale habe er die Zugpferde wieder einsammeln können. Auslöser für das Ausbrechen der Pferde sei das laute Plopp-plopp eines vorbei fahrenden Lanz-Bulldog gewesen.
Mühlensalat war an Mariä Himmelfahrt der Renner in der Dürrmühle. „Das ist ein Rohkostsalat mit gebratenen Hühnerbruststreifen und zweierlei Dressing“, erklärt die Küchenmannschaft. Chili und Kräuter seien in den Dressings anzutreffen, bestätigt Cornelia Zellhan. „Die genaue Zusammensetzung der beiden Salatsoßen ist aber Betriebsgeheimnis“, sagt sie und verrät nichts Näheres. Kein Geheimnis waren die Getreideflocken, die den Mühlenbraten stilgerecht zierten. Alsbald war kein Sitzplatz mehr frei im Mühlenhof. Viele Besucher kamen bei herrlichem Wetter mit ihren Fahrrädern vorbei. Rund 60 Helfer – hauptsächlich von der Feuerwehr – kochten und servierten an diesem Tag.
„Damals war ich 17 Jahre alt und mir sind die Wagengäule durchgegangen!“
Waldemar Zellhan über die Mehllieferungen früher