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Trauer über einen Verlust

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Trauer über einen Verlust

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    Er ist gebürtiger Kissinger, 58 Jahre alt, Autor und Finanzanalytiker mit den Schwerpunkten Edelmetalle und Devisen. Bekannt wurde er zudem als Kritiker der Euro-Einführung und 1995 als kurzzeitiger OB-Kandidat der Kissinger CSU. Wir sprachen mit Dr. Bruno Bandulet über den Abschied von der D-Mark.

    Frage: Herr Bandulet, erinnern Sie sich noch an Ihre erste Mark?

    Dr. Bruno Bandulet: Nein, ich erinnere mich nur an meine erste Schokolade. Die bekam ich 1947 in der Schönbornstraße von einem amerikanischen Soldaten. Aber die war fast so gut wie Geld damals.

    Die D-Mark geht, der Euro kommt. Sind Sie in diesen Wochen traurig?

    Bandulet: Die Frage überrascht mich etwas, weil ich die Sache so nicht betrachtet hätte. Man muss ja realistisch sein. Aber wenn ich darüber nachdenke, dann ist etwas Trauer dabei. Trauer über einen Verlust. Die Deutsche Mark war wohl die wichtigste Identifikation, die die Deutschen seit dem Krieg hatten.

    Ihr Verhältnis zur D-Mark ist aber offensichtlich schon emotional geprägt. Die Liebe geht sogar so weit, dass die Autos Ihrer Familie die Buchstaben DM im Kennzeichen tragen.

    Bandulet: Die habe ich bewusst genommen. Das war so ein kleiner Protest.

    Und was missfällt Ihnen so am Euro?

    Bandulet: Mir missfällt, dass wir gutes Geld gegen schlechteres Geld eintauschen, dass die ganze Sache unnötig war und dass es ohne Volksbefragung gemacht wurde. Denn die Mark hat dem ganzen Volk gehört, nicht dem Herrn Kohl und dem Herrn Waigel. Das ganze Procedere war sehr undemokratisch.

    Wie wäre eine Volksbefragung denn ausgegangen?

    Bandulet: Ungefähr 55 zu 45 Prozent für die Mark, schätze ich.

    Wäre das eine Ablehnung aus Kenntnis oder ein gefühlsmäßiges Nein gegen etwas Neues gewesen?

    Bandulet: Es wäre eine Ablehnung aus wirtschaftspolitischer Vernunft gewesen. Die Einführung des Euro ist ja eine politische Entscheidung. Es ist aber immer schlecht, wenn wirtschaftliche Vernunft der Politik weichen muss. Oder einfacher gesagt: Die Leute sind gar nicht so blöd, wie die Politiker immer denken.

    Muss man bei der Wirkung des Euro im Verhältnis zu anderen Währungen nicht differenzieren? Für Exporteure in den Dollar-Raum, zum Beispiel, bringt er doch sogar Vorteile. Wer dort etwas kaufen oder Urlaub machen möchte hat dagegen Nachteile.

    Bandulet: Das ist vollkommen richtig. Von jeder Krise, jedem Börsenkrach profitiert immer jemand. Man hätte den Euro ja auch nicht durchsetzen können, wenn es nicht einflussreiche Kreise gäbe, die davon profitieren. Das sind zum Einen die Großbanken. Die waren natürlich an einem großen Kapitalmarkt interessiert. Ich fände es aber falsch, wenn die Großbanken die deutschen Interessen definierten. Die großen Konzerne wollten den Euro, weil er ihnen die Fusionen erleichtert. Auch den Exporteuren hilft eine Abwertung. Aber immer nur eine Zeit lang. Sonst wäre Brasilien ja Exportweltmeister, die werten dauernd ab. Umgekehrt, Deutschland war immer Exportweltmeister mit einer starken Mark. Anders gesagt: Arme Nationen habe immer eine schwache Währung. Die Gleichung: Schwache Währung ist gleich starke Exporte ist jedenfalls eine Milchmädchenrechnung. Das zeigt die gesamte Wirtschaftsgeschichte.

    Finden Sie es arg übertrieben, wenn man sagte, Sie hätten eine kleine persönliche Schicksalsgemeinschaft mit der Mark. Wenn Sie sich nicht so energisch gegen den Euro und damit gegen den früheren Bundesfinanzminister und CSU-Vorsitzenden Theo Waigel gewandt hätten, dann wäre die CSU-Landesleitung 1995 wohl nicht gegen Sie als OB-Kandidat gewesen und Sie wären vielleicht heute Oberbürgermeister.

    Bandulet: Da ist durchaus was dran. Wenn ich mich nicht so stark für den Erhalt der Mark engagiert hätte, hätte es mit Sicherheit keine Konfliktpunkte mit Theo Waigel gegeben. Aber die Demokratie lebt von der Bürgerbeteiligung, und ich war der Meinung, dass ich als Bürger die Pflicht hatte, vor etwas zu warnen, was ich für falsch gehalten habe.

    Wie schätzen Sie die Lage diesmal ein? Kann Zoll sich in der im Grunde ihres Herzens schwarzen Stadt Bad Kissingen noch einmal behaupten?

    Bandulet: Also, ich habe das Gefühl, dass es der CSU-Kandidat knapp schafft. Denn schon beim letzten Mal wollten viele Leute den Wechsel. Warum sollte das jetzt anders sein?

    Sie werden die D-Mark bestimmt nicht sang- und klanglos ad acta legen. Was geschieht mit Ihrer letzten Mark? Kommt die in die Vitrine? Wird sie vergoldet?

    Bandulet: Eine letzte Mark wird's bei mir nicht geben, weil ich größere Mengen davon aufhebe. Man muss bei den Münzen ja auch sehr vorsichtig sein mit Weggeben. Die sind zum Teil unter Sammlern sehr wertvoll. Auch ein paar Scheine werde ich aufheben. Ich würde auch der Bundesbank dringend empfehlen, die eingezogenen DM-Scheine nicht zu vernichten. Was ist, wenn der Euro in - sagen wir - zehn Jahren scheitert? Dann wäre es ganz praktisch, wenn man die Mark über Nacht wieder in Umlauf bringen könnte. Ich glaube auch, dass die Mark in manchen Ländern Osteuropas noch eine Weile in Gebrauch bleiben wird. Theoretisch könnten Sie sogar in Deutschland weiterhin mit Mark bezahlen, wenn ihr Gegenüber das annimmt. Die im Sommer aufgelegte Goldmark habe ich mir natürlich auch besorgt. Das ist nicht nur eine Erinnerung, sondern eine fabelhafte Anlage. Die wird inzwischen im Münzhandel mit Aufschlägen von bis zu 100 Prozent gehandelt.

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