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Unberührte Natur als Lohn für steile Anstiege

Bad Brückenau

Unberührte Natur als Lohn für steile Anstiege

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    Hammelburg Trans-Alp ist jedem Mountainbiker ein Begriff. Jedoch, was verbirgt sich hinter der Trans-Ost? Dies zu erkunden, machten sich sieben Mountainbiker, fünf Männer und zwei Frauen, der Ski- und Radsportabteilung vom TV/DJK Hammelburg auf den Weg. Sie durchquerten in sechs Tagen fünf Gebirge und zwei Länder. Beeindruckende Panoramen über offene Fernen Deutschlands, Tschechiens und des angrenzenden Polens waren der Lohn steiler Anstiege. Das Glücksgefühl, sich sportlich weiter entwickelt zu haben, hingegen der Lohn anspruchsvoller Abfahrten auf wurzeldurchfurchten und mit Steinen gespickten Singletrails.

    Die organisierte Tour bieten Knut Bölstler und Ingo Loth aus Sebnitz an. Sie sind erfahrene Mountainbike- und Rennradfahrer, haben zum Teil sogar etliche Jahre als Radprofi hinter sich. Rund 400 Kilometer und 8500 Höhenmeter hatten wir am Ende der Tour in den Knochen und eine faszinierende Ost-Erweiterung in unseren Köpfen.

    50 Kilometer östlich von Dresden liegt das fesch herausgeputzte Grenzstädtchen Sebnitz. Hier startet die Trans-Ost an einem sonnigen Sonntagmorgen. Vor uns liegen Elbsandsteingebirge, Zittauer Gebirge, Isergebirge, Riesengebirge und Jeschkengebirge.

    Sportlich anspruchsvoll beginnt die Fahrt über einen steilen wurzelbespickten Waldweg, der in ein Seitental des märchenhaften Kirnitzschtals übergeht. Felsen, Farne und ein munterer Gebirgsbach sind anfangs die Wegbegleiter. Wir überqueren kaum merklich die tschechische Grenze und auf dem Weg zum ersten Gipfel gibt es bereits den zweiten Plattfuß zu beklagen. Zum Tannberg hinauf führt eine schmale asphaltierte Straße, die eine durchschnittliche Steigung von 18 Prozent fahrbar macht und erstmals konditionell fordert. Am Aussichtspunkt blickt man auf den weit entfernt liegenden Jeschken mit seinem markanten Gipfelturm. "Auf den Jeschken fahren wir am letzten Tag, das wird unsere härteste Tour", unkt der Guide.

    Mittags gibt's Serviettenknödel, Jüdische Forelle und Gulasch - wir sind angetan von der tschechischen Kochkunst. Ein kurzes Sonnenbad und Türkischen Kaffee zum Nachtisch, bevor es weiter geht, einen steinigen Hohlweg hinauf, der schiebend bewältigt wird. Den romantischen waldgesäumten Höhenpfad auf den Lausche mit Steigungen von bis zu 27 Prozent meistert nur der Guide fahrend. Nach einem Gipfelfoto geht's hinab zur Max-Schmeling-Hütte, wo wir in karg ausgestatteten Zimmern mit Etagendusche unsere müden Glieder ausstrecken.

    Auf einen idyllischen Schmugglerpfad entlang der deutsch-tschechischen Grenze führt die Tour tags darauf weiter. Grillen zirpen, es duftet nach Harz. In dem Naturschutzgebiet begegnet man kaum einer Menschenseele. Im Zittauer Gebirge geht es über Blockhalden und Wurzeln hinab ins Moor. Bohlenpfade weisen den Weg. Auf einem Pfad durch bisher unberührte Brennesselfelder machen drei der Gruppe einen unfreiwilligen Abgang und Bekanntschaft mit den brennenden Nesseln. Jedoch verläuft alles glimpflich und die Fahrt auf breit angelegten Waldwegen bis sagenhaften Singletrails geht weiter. Zeugen möglicher tschechischer Touristenziele wie das brach liegende Schloss in Grabstejn verdeutlichen mangelndes Vermarktungsinteresse. Das erleben man noch häufiger auf dieser Tour.

    Wir sind nun im Isergebirge. Ausdauernd bergauf strampelnd erreichen wir einen der schönsten Aussichtspunkte der Tour, "Die schönen Marie". Der Blick schweift aus 1000 Meter Höhe über scheinbar unendliche Weiten von Tschechien und Polen und offenbart im Hintergrund das Ausmaß des Waldsterbens. Die Fahrt geht kurzzeitig an kahlen Baumstämmen vorbei, die an eine Mondlandschaft erinnern.

    Legendär ist nicht nur die Übernachtung im renovierten denkmalgeschützten Hotel Pyramida in Jizerka, der komfortabelsten Unterkunft der Tour, sondern auch die Erzählung über den einstigen Landvermesser Gustav Günzel. Der unkonventionelle Intellektuelle residierte im heute noch ausgeschilderten "Misthaus" und bot in den 1980er Jahren der freiheitsliebenden Ostjugend Raum und Zeit zu ausschweifenden Diskussionen und Gelagen.

    Mit "Ahoi", tschechisch für Tschüß, werden wir am nächsten Morgen verabschiedet. Vereinzelt stehen landestypische farbige Holzhäuser in Wiesen, die überflutet sind mit lilablühenden Disteln. Die Szenerie erinnert irgendwie an Skandinavien.

    Harjachov, ein richtig schnuckeliges Touristenstädtchen, lassen wir mangels Zeit leider links liegen. Der Puls hämmert auf dem steilen Weg aufwärts zum Skigebiet von Spindleruv Mlyn, in dessen unmittelbarer Nähe sich die Elbquelle befindet. Abwärts umklammert jeder seinen Lenker, denn ausgewaschene Regenmulden im schotterigen Forstweg katapultieren uns fast aus dem Sattel.

    "Die TransOst ist kein Zuckerschlecken"

    Ingo Loth

    Wir sind im Riesengebirge angekommen. Duftende Waldwege durch lichte und dichte Säulenbuchen- und Fichtenhaine lassen das Herz höher schlagen. Die teils mystisch wirkende Gebirgsformation ist touristisch auf Wanderer eingestellt. Viele Wege sind für Biker gesperrt. Sommerglut brennt auf Weizenfeldern und Sommerwiesen, während wir stundenlang bergauf radeln.

    Den kargen Gipfel der aussichtsreichen Schneekoppe (1600 Meter), dem Grenzberg zwischen Tschechien und Polen, erobern wir sozusagen nach Feierabend, im nostalgisch anmutenden Doppelsessellift. Der nächste Tag führt über den höchstgelegenen Eishockeyplatz Tschechiens in das touristisch sich langsam erschließende Städtchen Vrchlabi (Hohenelbe). Neben traditioneller Handwerkskunst sehen wir eine Powerpoint-Präsentation über die Landschaft des Riesengebirges. Nach dem Mittagspicknick im wunderschönen Park von Jilemnice wagen wir einen Blick ins Neugierige Gässchen. In dieser historischen Gasse haben alle Häuschen ein Fenster, das einen Blick zum Marktplatz gewährt. Der Fahrradtacho zeigt 45 Grad Celsius in der Sonne an.

    Bergauf, bergab geht es mehr oder weniger munter weiter hinaus aus dem Riesengebirge und hinein in das schöne "Böhmische Paradies". Vorbei an einem malerischen Stausee tauchen wir ein in einen hochalpinen Singletrail, den wir zwei Frauen solidarisch miteinander schiebend statt radelnd erklimmen. Nach vier Tagen auf dem Bike freuen sich alle auf den Ruhetag im pittoresken Erholungsstädtchen Mala Skala mit felsgeführtem Klettern für Einsteiger, einem Besichtigungsrundgang durch die Felsenburg Vranov und Baden im idyllischen Flüsschen Iser.

    Der letzte Tag birgt die Königsetappe: 118 Kilometer und 2200 Höhenmeter liegen vor uns. Nach dem morgendlichen Eichen der Pulsuhren klicken wir in unsere Pedale ein. Wir quälen uns anfangs den sperrigen Forstweg hinauf, erreichen gegen Mittag den Jeschken, schießen ein Gipfelfoto und fahren schnell weiter.

    Auf einer asphaltierten Landstraße geht es 20 Kilometer locker bergab zum Mittagsziel in Malevil. "Hout Bay" heißt die noble Ranch mit Golfplätzen, Reitparcours und Klettergarten. Durchs Zittauer Gebirge beißen wir uns Rampe um Rampe nach oben, um dann den mit Fichtennadeln bedeckten lenkerbreiten Singletrail wieder abwärts zu fahren.

    Einem tschechischen Kioskbesitzer im Grenzgebiet bescheren wir die Rendite des Tages. Völlig ausgedörrt kaufen wir seine Melonen- und Wasserbestände auf. Gestärkt sausen wir durch schmale Schluchten und schattige Waldwege wieder zurück in Grimms Märchenwald, in das zauberhafte Kirnitzschtal. Abends erreichen wir staubig und glücklich die Seidenblumenstadt Sebnitz. Der Kreis hat sich geschlossen, die Trans-Ost ist leider vorbei.

    Fazit: Elf Plattfüße, zahlreiche rasante Abfahrten und schmerzhafte Anstiege durch größtenteils unberührte Natur und unbekannte Landschaft.


    Weitere Infos zu anstehenden Tou-
    ren unter www.transost.com

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