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OBERBACH: Wanderschäfer ist kein Traumberuf mehr

OBERBACH

Wanderschäfer ist kein Traumberuf mehr

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    Eingemummt: Schäfer Hans Blessing trägt mehrere Schichten Kleidung gegen Kälte und Nässe.
    Eingemummt: Schäfer Hans Blessing trägt mehrere Schichten Kleidung gegen Kälte und Nässe. Foto: Foto: Johanna Kellermann

    Vor Weihnachten kam Wanderschäfer Hans Blessing mit seiner Herde in die Schwarzen Berge. Seither ist er hier und im Sinntal mit seinen Schafen unterwegs. Kein Blöken oder Meckern kündigt die rund 500 Tiere an. In aller Ruhe fressen sie auf den Bergwiesen.

    Wie jedes Jahr um diese Zeit ist es der „Blessings Hans“, der seine Schafe in die Rhön geführt hat, begleitet von den altdeutschen Hütehunden Prinz und Carlo, die ein wachsames Auge auf die Herde haben, aber auch jeden Fremden aufmerksam beäugen. Als es Abend wird, gegen 16.30 Uhr, weidet die Herde auf ein aufgestelltes Gatter zu.

    „Hier finden sie gutes Futter“, sagt ihr Hirte. Und da in diesem Winter der Schnee so lange auf sich warten ließ, blieb er in der Rhön. Sonst wäre er schon wieder in mildere Gefilde gezogen. „Ich komm' aus der Bamberger Gegend“, sagt der gebürtige Wernecker, dick vermummt gegen den beißenden Wind. „Im Herbst bin ich von dort aufgebrochen. Das sind an die 200 Wegkilometer“, erzählt er. „Ich hab' so an die 500 Stück Tiere, das meiste sind Merino-Landschafe“, erklärt er. Dazu kommen etwa 30 Ziegen. „Die Ziegen sind dazu da, dass sie anfliegende Verbuschung eindämmen, die fressen nämlich ganz andere Sachen als die Schafe“, erklärt Blessing.

    „Mit Fleisch ist heute nicht mehr viel verdient“, stellt er fest. „Die Wolle ist schon lange nichts mehr wert. In manchen Jahren kann ich von dem Erlös grade mal die Scherer bezahlen. Es geht Null zu Null auf.“ Nur manchmal bleibe etwas übrig, wenn der Wollpreis gerade gut ist. Aber geschoren werden müssen die Tiere, bevor die warme Jahreszeit beginnt.

    „Meinen Hauptverdienst habe ich durch die Landschaftspflege mit der Herde“, erklärt er. Dafür aber muss er strenge Auflagen einhalten. Es darf nicht überall gehütet werden. „Die Schafe sind nicht überall beliebt“, weiß Blessing. Manchmal gibt es Konflikte mit Jägern. „Sie sagen, dass kein Wild mehr auf die beweideten Flächen geht“. Er hat andere Erfahrungen und erzählt von Begegnungen von Wildtieren mit seiner Herde. „Ich seh' es noch heute vor mir, wie eine Hirschkuh mit ihrem Kalb ganz ruhig mitten durch die Herde gezogen ist“, schmunzelt er. Ein andermal kreuzte eine Rotte von 18 Wildschweinen den Weg der Herde.

    Die Flächen zur Beweidung werden vorher ausgehandelt. „Das wird auch immer schwieriger“, sagt Blessing. Denn für eine Herde sei es wichtig, durchgehende Strecken zur Verfügung zu bekommen. „Und jetzt nach 40 Jahren kommen sie mir auch noch mit dem Quellenschutz“, klagt er. Die Bürokratie werde immer einengender. „Der Beruf ist nicht mehr weiterzuempfehlen, es gibt zu viele Vorschriften“, klagt er.

    Dabei war Schäfer der Traumberuf Blessings gewesen. „Seit sechs Generationen liegt das bei uns in der Familie, von Vater- und von Mutterseite her.“ Sein Vater war Gemeindeschäfer in Ettleben (Lkr. Schweinfurt). Ab 1921 hat er in Riedenberg die Bauernschafe gehütet. Daher rühren Blessings Beziehungen ins Sinntal. Er selbst hat Metzger gelernt, war bei der Bundeswehr und machte sich dann selbstständig, als Schäfer.

    Diese Zeit geht für Blessing allerdings dem Ende entgegen. 1948 geboren, verbrachte er fast sein ganzes Erwachsenenleben mit den Tieren. Familie hat er nicht. „Im Sommer wohne ich in einem Wohnwagen, im Winter habe ich eine Unterkunft in Leubach“, erzählt Blessing. Derzeit hat er eine Unterkunft in Riedenberg, dank alter Kontakte. „Vor allem aber habe ich da jemandem, mit dem ich reden kann“, sagt er.

    Und während er sein Leben schildert, ist zu spüren, dass er sich für seinen Ruhestand jemanden an seiner Seite wünscht, mit dem er den Rest seines Lebens verbringen kann.

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