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RAMSTHAL: Weinprinzessin am Zuckerhut: Melanie Unsleber aus Ramsthal

RAMSTHAL

Weinprinzessin am Zuckerhut: Melanie Unsleber aus Ramsthal

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    Auf dem Campus kletterten wie im Dschungel die Äffchen auf den Bäumen. Rio sei insgesamt eine sehr grüne Stadt, in der das Leben hauptsächlich im Freien stattfinde, erzählt Unsleber. Wein werde in Brasilien weniger getrunken, eher Caipirinha oder Bier.

    Weil sie mit 15 Jahren bereits ein paar Wochen bei einer Gastfamilie in Rio gelebt hatte, fiel Melanie Unsleber die Eingewöhnung recht leicht, auch der Kulturunterricht an der Universität trug dazu bei. Aber die Sprache! Auch nach intensiven Portugiesisch-Kursen war das wissenschaftliche Arbeiten in einer fremden Sprache nicht leicht. „Das Verstehen ging nach zwei bis drei Wochen ganz gut, aber die Verständigung war bis zum Schluss schwierig“, so die Ramsthalerin. Englisch werde dort eher wenig gesprochen.

    In den ersten Wochen lebte Unsleber in einer Wohngemeinschaft mit Brasilianerinnen zusammen. Weil viele Studierende neben dem Studium noch arbeiten müssen, fanden die Vorlesungen oft zwischen 17 und 23 Uhr statt. Die Erfahrung, für längere Zeit in einem anderen Kulturkreis zu leben, bezeichnet Unsleber als sehr prägend. Wichtig sei der Aufenthalt nicht nur für ihr Studium gewesen, sondern auch für ihre persönliche Entwicklung. Auch dass sie dort allein auf sich gestellt war, habe ihr wertvolle Erfahrungen gebracht. Einen offenen Blick für die wirtschaftliche und kulturelle Situation ihres Gastlandes hat die Studentin entwickelt: „Die Brasilianer feiern einfach die ganze Zeit.“ Sie seien viel freundlicher und offener als die Europäer. Das liege sicher auch am Klima, ein Großteil des Alltags findet am traumhaften Strand statt.

    Unsleber hat die Freundlichkeiten auch als eher unverbindlich erlebt, für die Brasilianer sei die Familie sehr viel wichtiger als Freundschaften, auch das mache einen kulturellen Unterschied zu Deutschland aus. Und Rio? Ist das nicht für blonde Frauen ein gefährliches Pflaster? Wenn man sich nicht alleine durch die Stadt bewegt, vor allem nachts nicht, gehe das, erzählt Unsleber. Mit der Zeit lerne man auch, wo man sich ungefährdet bewegen könne. Korruption sei alltäglich, Morde ebenso, Rio sei bekannt für seine hohe Gewaltrate. Nachts waren manchmal Schüsse zu hören. In kaum einem anderen Land der Welt würden mehr Menschen durch Waffengewalt sterben. Die Favelas (Armenviertel), in denen das Leben gefährlich ist, liegen oft an den steilen Hängen der Hügeln und seien durch Erdrutsche bedroht. Vor der Stadt reichen die Slums „so weit man schauen kann“, beschreibt Unsleber das Ausmaß des Elends.

    Mit sechs Millionen Einwohnern habe Rio eine gigantische Größe. Die Brasilianer müssten viel länger als die Deutschen für ihren Lebensunterhalt arbeiten. Den krassen Unterschied zwischen Arm und Reich empfand Unsleber sehr schockierend. An der Uni studierten natürlich nur die Privilegierten, aber auch sie müssten dort viel mehr für das Studium aufwenden als zum Beispiel in Deutschland. Die Reichen seien oft arrogant, snobistisch und protzig, hat sie erfahren.

    Die große Armut, bettelnde Kinder, daneben fette Autos, direkt hinter den Einkaufsstraßen die Favelas – gleichzeitig sei das Lebensgefühl der Brasilianer aber so beeindruckend, der Samba, die Musik, wie sich die Menschen bewegen – von einer solch sinnlichen Lebensfreude könnten die meisten Europäer nur träumen. Die Sambaschulen seien einfach nur große Hallen, „dort gehen die normalen Brasilianer hin, von Haus zu Haus wird andere Musik gespielt – und getanzt natürlich. Die Brasilianer haben versucht, uns das Tanzen beizubringen. Alles wird sehr offen ausgedrückt, auch der Streit.“

    Nach den Studienmonaten reiste Melanie Unsleber noch einige Wochen lang durch das riesige Land. „Nur in Küstennähe gibt es Tourismus, ansonsten ist Brasilien ein sehr armes Land, die Menschen wandern ab in die Städte und dort vergrößern sich die Favelas“, beschreibt die Studentin den Kreislauf der Armut. Der Norden Brasiliens habe wiederum ein anderes kulturelles Leben, dort leben viele Schwarze, deren Vorfahren einst als Sklaven eingeschifft wurden.

    Auf vielen Wanderungen habe sie atemberaubende Naturspektakel erfahren. „Zur Federweißenzeit hatte ich aber schon ein bisschen Heimweh, aber Silvester an der Copacabana zu feiern, war schon etwas Besonderes. Alle trugen dort weiße Kleidung, es war sehr warm, eine einzige riesige Strandparty, die Kreuzschiffe auf dem Wasser, um Mitternacht warf man Lilien ins Meer – Feuerwerk gab es natürlich auch, es war ein überwältigendes Panorama. Da dachte ich, was soll das jemals toppen?“

    War das das Beste an dem Aufenthalt? Die Studentin überlegt einen Moment. Austauschstudierende aus der ganzen Welt kennen zu lernen, einen Freundeskreis über die ganze Welt auszubreiten und damit auch neue Reiseziele zu planen, sei das Wichtigste gewesen. „Mitgenommen habe ich mir auch eine größere Offenheit im Umgang mit Menschen“, so die junge Frau, offenere Augen und eine genauere Wahrnehmung ihrer Umgebung habe sie nun. Außerdem „singe ich häufiger und überall.“ Von den Veränderungen und Erfahrungen eines Auslandsaufenthaltes profitiere man eben auch für das Amt einer Ramsthaler Weinprinzessin, sagt Melanie Unsleber und lächelt – weniger schüchtern als noch zu Beginn ihrer Amtszeit.

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