Häusliche Gewalt ist allgegenwärtig. Das wissen die beiden Polizeibeamtinnen Sabrina Albert und Bianca Brettschneider ganz genau. Seit dem Jahr 2009 sind die jungen Frauen bei der Hammelburger Polizei neben dem normalen Streifendienst für den Bereich Häusliche Gewalt eingesetzt.
Albert und Brettschneider sind bei Einsätzen vor Ort, kümmern sich um die Opfer und bieten Beratungsgespräche an. Dabei geben die Beamtinnen den Betroffenen Tipps, an welche Betreuungsstellen sie sich wenden können. „Meist sind es Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind und durch den Ehemann, den Lebensgefährten oder den Ex-Partner bedroht werden“, sagt Brettschneider. So ist zum Beispiel das Frauenhaus in Schweinfurt eine Einrichtung, die sich der Opfer annimmt, in akuten Notfällen können Frauen und ihre Kinder auch eine Zeit lang dort wohnen. „Uns liegt es sehr am Herzen den Frauen zu helfen und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie in Notsituationen handeln können.“
In einer Ehe oder einer Partnerschaft kann sich Häusliche Gewalt auf vielfältige Weise zeigen, erklärt Dienststellenleiter Albrecht Renninger: zum Beispiel durch Prügelstrafen bei Verfehlungen oder Widerstand, Verboten und Erniedrigungen oder Vergewaltigungen. Auslöser der Gewalt können Kleinigkeiten im alltäglichen Zusammenleben sein, wie zum Beispiel Verspätungen, das Fehlen einer warmen Mahlzeit oder Eifersucht. „Oft passieren die Gewaltausbrüche unter Einfluss von Alkohol“, so Renninger. Insbesondere Kinder, die in den betroffenen Familien leben und die Gewalt mitbekommen, gehören zu den Leidtragenden. Deshalb ist für seine Beamtinnen auch das Zusammenspiel mit dem Jugendamt wichtig. „Auch hier gibt es Möglichkeiten Mutter und Kind zu betreuen, um das Gewalterlebnis zu verarbeiten“, erklärt der Dienststellenleiter.
Im akuten Fall ist aber erstmal ein Platzverweis möglich, der zeitlich begrenzt ist. „Wer schlägt, der geht“, lautet das Motto, das diesem zugrundeliegt, erklärt Polizeibeamtin Albert. „Den Platzverweis können wir aussprechen, wenn eine Gewalttat unmittelbar bevorsteht oder wenn wir für die Opfer eine konkrete Gefahr sehen.“ Auch eine Kontaktsperre sei durchaus üblich, um eine weitere Gefährdung zu vermeiden. „Der Täter darf dann weder per Telefon noch per SMS oder E–Mail Kontakt aufnehmen“, erklärt die 34-Jährige. Wenn er sich nicht daran hält, kann er in Gewahrsam genommen werden.
„Es ist furchtbar, was manche Menschen durchmachen“, sagt Brettschneider. Leider komme es oft vor, dass die Frau trotz heftiger Prügelattacke bei ihrem Mann bleibt, einen Strafantrag zurückzieht oder in einem Verfahren zu keiner Zeugenaussage mehr bereit ist. Brettschneider erzählt von einer Frau, die 30 Jahre lang verheiratet war und in dieser Zeit immer wieder vergewaltigt wurde. Sie durfte nicht arbeiten, hatte keine Sozialkontakte. „Plötzlich, nach so langer Zeit, wandte sie sich an uns und suchte Hilfe.“ Auch Renninger kennt einen Fall, in dem eine Frau in 60 Ehejahren immer wieder Gewalt durch ihren Mann erfahren hat.
„Sicherlich ist die Dunkelziffer immer noch hoch, dennoch hat sich in der vergangenen Zeit viel getan“, sagt der stellvertretende Dienststellenleiter Elmar Hofmann. Das Gewaltschutzgesetz, das am 1. Januar 2002 in Kraft trat, verbessert die rechtliche Situation der Opfer. Täter können zur Verantwortung gezogen werden.
Aufklärungsarbeit und das „Brücken bauen“ zwischen verschiedenen Institutionen haben dazu beigetragen, die Situation der Frauen zu verbessern, so Renninger. Auch der Landkreis Bad Kissingen engagiert sich und rief im Jahr 2002 einen „Runden Tisch gegen Häusliche Gewalt“ ins Leben, an dem neben Vertretern des Landratsamtes und der Polizei auch Vertreter des Frauenhauses und weiterer sozialer Organisationen teilnehmen. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagt Hofmann. Und Renninger lobt seine Mitarbeiterinnen, die zudem die einzigen weiblichen Polizeibeamtinnen auf der Wache sind: „Sie haben das richtige Gespür und Gefühl für diese Aufgabe.“ Die Hemmschwelle für Opfer sei geringer, wenn sie es mit Frauen zu tun haben.
Eine Sprechstunde mit einer fixen Uhrzeit bieten die Polizistinnen nicht, aber: „Zu uns kann man immer kommen.“ Zudem setzt Hofmann auf Zivilcourage: „Immer öfter melden sich besorgte Nachbarn, denen etwas aufgefallen ist.“ Foto: Thinkstock
Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen
Am 25. November ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Er wird seit 1981 jedes Jahr an diesem Datum begangen. Hintergrund ist der Tod dreier Schwestern, die im Jahr 1960 in der Dominikanischen Republik entführt, gefoltert, missbraucht und ermordet wurden. Sie hatten sich gegen den damaligen Diktator Rafael Trujillo aufgelehnt und waren von den Militärs verschleppt worden.
In Hammelburg wurden im Jahr 2010 insgesamt 30 Fälle von häuslicher Gewalt verzeichnet. Landkreisweit waren es im vergangenen Jahr 135 Fälle. In Unterfranken lag die Zahl der Opfer von häuslicher Gewalt im Jahr 2010 bei 1681. Dabei sind bis auf wenige Ausnahmen Frauen die Opfer.