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REITERSWIESEN: Zweite Unterkunft für Flüchtlinge

REITERSWIESEN

Zweite Unterkunft für Flüchtlinge

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    Dezentrale Unterkunft: Funda Ersindigil hilft schon ihr ganzes Leben Migranten, meistens türkisch- und arabischstämmigen, sich in Deutschland zurecht zu finden. Mit der Investition in das ehemalige Hotel Am Ballinghain versucht sie sich eine eigene Existenz aufzubauen.
    Dezentrale Unterkunft: Funda Ersindigil hilft schon ihr ganzes Leben Migranten, meistens türkisch- und arabischstämmigen, sich in Deutschland zurecht zu finden. Mit der Investition in das ehemalige Hotel Am Ballinghain versucht sie sich eine eigene Existenz aufzubauen. Foto: Foto: Benedikt Borst

    Funda Ersindigil baut Brücken. Schon ihr ganzes Leben lang hilft sie Migranten, meistens türkisch- und arabischstämmigen, sich in Deutschland zurecht zu finden. Sie hilft, die deutsche Bürokratie verstehen, Pflichten und Gesetze kennen zu lernen. „Ich helfe gern Menschen und helfe ihnen gern, sich zu integrieren“, sagt sie. Gemeinsam mit ihrer Familie hat sie das Hotel Am Ballinghain in Reiterswiesen erworben und wird dort ab Februar 36 Asylbewerber unterbringen. Die Inhaberfamilie Vierbaum hört aus Altersgründen auf. Der Kauf ist zwar formal noch nicht komplett abgewickelt, allerdings ist der Rest nur noch Formsache.

    Die 43-Jährige wurde in Nordrhein-Westfalen geboren und hat türkische und syrische Wurzeln. Sie spricht fließend türkisch und versteht arabisch sowie diverse Dialekte aus der Region. Vor 15 Jahren ist sie nach Kissingen gezogen. In Schweinfurt war sie lange Vorsitzende des Ausländerbeirats und arbeitete außerdem bis 2011 für die Stadt Schweinfurt als Integrationsbeauftragte. „Ich habe aber schon immer gern in Bad Kissingen gelebt. Es ist eine gemütliche Stadt“, sagt sie.

    Ersindigil ist ein politischer Mensch und von klein auf in der Rolle des interkulturellen Vermittlers aufgewachsen. „Meine Eltern konnten nicht gut deutsch sprechen. Ich musste für sie immer auf Elternabenden übersetzen.“ Sie war Sprecherin für türkische Migrantenkinder, übersetzte beim Rektor, engagierte sich außerdem früh in der SPD. In ihrer Heimat Remscheid half Ersindigil erst ihrer eigenen Familie, sich zu integrieren, dann ihren Nachbarn. In Schweinfurt war sie Ansprechpartnerin für alle Migranten.

    Die gelernte Verwaltungsangestellte versucht, sich mit der Investition eine Existenz aufzubauen. Zuerst soll das ehemalige Hotel als dezentrale Unterkunft Flüchtlinge beherbergen, langfristig könne sie sich auch eine Gaststätte vorstellen. Solange Asylbewerber untergebracht sind, will sie sie ehrenamtlich selbst betreuen. „Mir ist meine Arbeit einfach sehr wichtig, ob ehrenamtlich oder angestellt.“ Sie wolle den Menschen eine Perspektive bieten, beim Deutschlernen helfen und am Ende – wenn der Aufenthaltsstatus es erlaubt – sie unterstützen, eine Arbeit zu finden. Ersindigil ist überzeugt: „Die Sprache und eine Arbeit sind das A und das O. Dann kannst du hier ein schönes Leben erwarten.“

    Das Hotel Am Ballinghain ist die zweite dezentrale Unterkunft, die das Landratsamt in der Stadt Bad Kissingen anmietet. Landkreisweit gibt es bislang neun dezentrale Unterkünfte sowie vier Gemeinschaftsunterkünfte, rund 550 Asylbewerber leben darin.

    Stadträtin Karin Reinshagen (SPD) engagiert sich im Helferkreis für die Flüchtlinge in Garitz und koordiniert die siebenköpfige Steuerungsgruppe mit. Zwar habe es anfangs organisatorische Fragen gegeben, etwa: Wie läuft die ärztliche Versorgung ab und wo wird ein Schulplatz organisiert? Grundsätzlich überwiegen die Erfolge. „Die Bürger in Garitz sind sehr entgegenkommend“, sagt Reinshagen. Die acht Flüchtlingsfamilien seien offen empfangen worden. Es gebe keine Ressentiments. Auch Flüchtlinge zeigten sich kooperativ und wissbegierig, die jüngeren Kinder besuchen bereits den Kindergarten Am See, die älteren gehen in die Schule. „Seit dieser Woche haben sie Deutschunterricht“, berichtet Reinshagen. Dreimal pro Woche werden auch die Erwachsenen von Ehrenamtlichen in Räumen der Berufs- und Volksschule unterrichtet. Aufgrund der Erfahrungen in Garitz blickt Reinshagen optimistisch in die Zukunft. Sie ist zuversichtlich, dass die Integration auch in anderen Kissinger Unterkünften gelingt. „Wichtig ist, dass die Bevölkerung unvoreingenommen bleibt“, findet sie.

    Am Dienstag veranstaltet die Stadt einen Infoabend in Reiterswiesen, um den Stadtteil über die Belegung des Hotels Am Ballinghain zu informieren. Reinshagen wird auch anwesend sein und vom Helferkreis Garitz berichten. „Ich möchte meinen Optimismus weitergeben“, sagt sie. Sie will helfen in Reiterswiesen ebenfalls eine funktionierende ehrenamtliche Hilfe aufzubauen. Die könne an den Garitzer Helferkreis anschließen.

    Das begrüßt der Sozialreferent der Stadt, David Rybak. „Es läuft in Garitz sehr gut. Für die Stadt ist das eine vorbildliche Helferstruktur für die künftigen Stadtgebiete“, sagt er. Funda Ersindigil hat in Reiterswiesen bereits die Initiative ergriffen. „Ich habe die Nachbarn besucht und sie eingeladen, dass sie immer willkommen sind“, sagt sie. Ihr Fazit: Die Nachbarn hätten sehr offen reagiert.

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