In der Vesperkirche in Schweinfurt, der ersten in Bayern, war am Mittwoch Halbzeit. Bis 8. Februar wird noch jeden Mittag von 11.30 bis 14.30 Uhr in der evangelischen St. Johanniskirche ein günstiges warmes Essen für jedermann angeboten: Am Mittwoch Hähnchenbrust im Knuspermantel und Kartoffelsalat, für die Vegetarier Frühlingsrolle mit Paprikasalat. Für alle gab es vorher eine Suppe, danach Kaffee und Kuchen, wie alle Tage zuvor von Ehrenamtlichen zuhause gebacken.
Zur Premiere kamen 277 Gäste. Am Montag, Dienstag und auch am elften von 22 Tagen Vesperkirche wurden 480 Essen ausgegeben. „Mit täglich 250 Gästen hatten wir gerechnet“, freut sich Cheforganisator Diakon Norbert Holzheid über die Resonanz. Die Küche des städtischen Leopoldina-Krankenhauses hatte sich auf maximal 400 Essen eingerichtet. Die „Lücke“ hat die Küche des Löhe-Pflegeheims der Diakonie geschlossen, des Vesperkirchen-Partners der evangelischen Kirche.
Beim Morgenkreis eine Stunde vor dem Start stimmen Holzheid und Pfarrerin Gisela Bruckmann die zwölf Männer und 39 Frauen ein, die am Mittwoch ehrenamtlich „Dienst tun“ – als Platzanweiser, Bedienung, im Spülbereich, an der Essenausgabe oder der Kuchentheke. Über 200 Ehrenamtliche stehen mittlerweile auf der Liste von Holzheid.
Eine „personellen“ Engpass am Wochenende schließt die Kirchengemeinde Obbach im Kreis Schweinfurt. Pfarrerin Tabea Richter kommt am Samstag mit den Konfirmanden, am Sonntag mit dreizehn Erwachsenen. Für Montag haben sich 17 Kollegiaten des Celtis-Gymnasiums angekündigt. Holzheid sagt, dass die Schüler in ihrer Freizeit helfen. Pfarrerin Bruckmann spricht ein Morgengebet, dann geht' los.
11.15 Uhr, das Essen trifft ein. Vor der Johanniskirche hat sich längst ein Schlange gebildet. Punkt 11.30 Uhr werden die Kirchentüren geöffnet. Man zahlt 1,50 Euro an der Kasse, bekommt zwei Bons, einen fürs Essen, einen für Kaffee und Kuchen danach. Nur ungefähr ein Drittel der Gäste zahlen diesen symbolischen Betrag, die Mehrheit gibt mehr. An den 16 mitten im Kirchenraum stehenden Tischen ist Platz für 130 Gäste.
Die Platzanweiser sorgen für den Mix. Ältere, Junge, Männer, Frauen, Christen, Muslime, Geschäftsleute und Menschen ohne Job. Wie am Mittwoch der 48-Jährige, der schon „lange arbeitslos ist“ und aus finanziellen Gründen kommt, sagt er. „Es ist aber auch das Gespräch", erklärt ein anderer Arbeitsloser. Wenn ein Platz frei wird, holen die Helfer – alle an den Vesperkirchen-Schürzen erkennbar – die nächsten Gäste, die in den Kirchenbänken geduldig warten.
„Das Konzept, das sich die Menschen verschiedenster Schichten auf Augenhöhe begegnen, geht bislang sehr gut auf“, sagt Holzheid. Dekan Oliver Bruckmann spricht von einem „unfassbaren Erfolg“. 90 000 Euro kostet die Vesperkirche. Die Hälfte tragen Diakonie Bayern und Landeskirche. Weil so unerwartet viele kommen, steigt „natürlich unser Defizit“, sagt Holzheid und freut sich über jede Spende. Am Dienstag kam eine Besucherin nach dem Mittagessen nochmals vorbei. Sie spendete spontan 500 Euro.