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WÜRZBURG: Ein Netz, das Schwerverletzte auffängt

WÜRZBURG

Ein Netz, das Schwerverletzte auffängt

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    Übung im Schockraum: An einer Puppe arbeiten Unfallchirurg, Anästhesist, Mitarbeiter aus der Notaufnahme sowie Vertreter aus Anästhesie- und OP-Pflege bei diesem Training in der Rotkreuzklinik Wertheim. Die Klinik gehört zu den 17 Krankenhäusern des neuen Trauma-Netzwerks Nordbayern-Würzburg.
    Übung im Schockraum: An einer Puppe arbeiten Unfallchirurg, Anästhesist, Mitarbeiter aus der Notaufnahme sowie Vertreter aus Anästhesie- und OP-Pflege bei diesem Training in der Rotkreuzklinik Wertheim. Die Klinik gehört zu den 17 Krankenhäusern des neuen Trauma-Netzwerks Nordbayern-Würzburg. Foto: Foto: Rotkreuzklinik Wertheim

    Ein Sturz vom Baugerüst, ein fataler Ausrutscher auf der Treppe, ein schwerer Zusammenstoß im Straßenverkehr – jedes Jahr erleiden in Deutschland rund 35 000 Menschen schwere und schwerste Verletzungen bei Unfällen und Unglücken. Jeder Einzelne braucht möglichst schnell möglichst gute unfallchirurgische Hilfe. Um sicherzustellen, dass Schwerstverletzte unabhängig von Ort und Zeit ihres Unfalls nach den gleichen hohen Qualitätsstandards behandelt werden, hat die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) vor einigen Jahren das Konzept der regionalen Traumanetzwerke entwickelt. 25 solcher Verbünde gab es bundesweit bislang. Der Sechsundzwanzigste ist jetzt offiziell in Würzburg zertifiziert worden.

    „Gerade für die kleineren Häuser unseres Netzwerks hat dies in den vergangenen Jahren immense Anstrengungen und auch zum Teil deutliche Investitionen bedeutet.“

    Professor Rainer Meffert Universitäts-Unfallklinik

    17 Kliniken aus dem weiten Umkreis haben sich im Traumanetzwerk Nordbayern-Würzburg zusammengeschlossen, um die schnelle Versorgung von Schwerverletzten rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr zu garantieren. Gemeinsam decken sie eine Region ab, die sich von Ansbach bis nach Bad Neustadt, von Aschaffenburg bis Lichtenfels erstreckt. Organisatorisches Zentrum ist die Uniklinik Würzburg. Die Einrichtungen verpflichten sich beispielsweise zu einer 24-stündigen Aufnahmebereitschaft von Schwerverletzten – an sieben Tagen in der Woche.

    Horrorszenarien, dass Rettungshubschrauber nicht wussten, wo sie mit lebensgefährlich Verletzten landen sollten, weil sie nicht wussten, an welcher Klinik operiert werden konnte, gebe es heute nicht mehr, sagt Professor Rainer Meffert, Direktor der Würzburger Universitäts-Unfallklinik und Sprecher des Traumanetzwerks. Der neue Verbund soll nun auch dafür sorgen, dass Patienten „schneller an die richtige Stelle kommen“.

    Was tun bei instabiler Wirbelsäule? Wie handeln bei einem Schädel-Hirn-Trauma? An den beteiligten Kliniken wird durch das Netzwerk möglichst rasch entschieden, ob ein traumatisierter Patient vor Ort behandelt werden kann – oder besser an eine andere, spezialisierte Klinik verlegt wird. So wird die akute Milzblutung beispielsweise von den Ärzten in Wertheim gestoppt. Die komplizierte Beckenfraktur kann später an der Uniklinik operiert werden.

    „Die Prognose eines Verletzten hängt gleichermaßen von der Rettungsdauer wie von einer schnellen, dem individuellen Verletzungsmuster angepassten Behandlung in spezialisierten Kliniken ab“, sagt Dr. Christian Kühne von der DGU. Vier Jahre Vorarbeit mit Schulungen für Ärzte und Pfleger waren für die Zertifizierung nötig. Die DGU schreibt zudem genau vor, wie der Schockraum, in dem der Verletzte zuerst versorgt wird, eingerichtet sein muss.

    „Gerade für die kleineren Häuser unseres Netzwerks hat dies in den vergangenen Jahren immense Anstrengungen und auch zum Teil deutliche Investitionen bedeutet“, sagt Netzwerk-Sprecher Professor Rainer Meffert. Bei regelmäßigen Konferenzen wurden und werden jetzt mit der Uniklinik gemeinsam spezialisierte Behandlungswege, Fehlervermeidungsstrategien und Verbesserungsmaßnahmen diskutiert.

    Was die Zahl der versorgten Schwerverletzten an Universitätskliniken angeht, liegt Würzburg übrigens inzwischen bundesweit auf Rang vier. Nur in Berlin, Freiburg und Heidelberg wurden im Jahr 2009 mehr Polytrauma-Fälle verzeichnet.

    Traumanetzwerk

    Polytrauma-Patienten sind an mehreren Körperregionen oder Organsystemen verletzt, wobei mindestens eine Verletzung lebensbedrohlich ist. Im Jahr 2010 wurden an der Uniklinik Würzburg 180 Polytrauma-Patienten behandelt. An den 17 Kliniken des Netzwerks waren es insgesamt 365. Der Schockraum ist Teil der Notaufnahme und wird auch Reanimationsraum genannt. Dort werden Patienten, die in Lebensgefahr schweben, erstversorgt. An der Uniklinik gibt es pro Jahr rund 450 Schockraumeinsätze. An den 17 Netzwerk-Kliniken waren es im Jahr 2010 insgesamt über 1500 Einsätze im Schockraum. Die Sterberate bei Schwerstverletzten geht zurück: Laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie sank bei gleichbleibender Verletzungsschwere die Zahl der tödlichen Unfälle in Deutschland von 22,8 Prozent im Jahr 1993 und auf 18,7 Prozent im Jahr 2005. Vor allem die Zahl der Verkehrstoten ist gesunken. Beteiligt am Traumanetzwerk Nordbayern-Würzburg sind auf regionaler Ebene das Klinikum Aschaffenburg, das Leopoldina-Krankenhaus Schweinfurt, das Klinikum Ansbach, das Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim, das Helmut-G.-Walther-Klinikum Lichtenfels und das Juliusspital Würzburg. Lokale Zentren sind die Stiftung Juliusspital Würzburg, die Kliniken Miltenberg-Erlenbach, das Krankenhaus Rothenburg, das Krankenhaus St. Josef Schweinfurt, die Kreisklinik Bad Neustadt a.d. Saale, die Klinik Kitzinger Land, das Kreiskrankenhaus Tauberbischofsheim, die Missionsärztliche Klinik Würzburg, das St. Elisabeth-Krankenhaus, die Rotkreuzklinik Wertheim sowie das Klinikum Main-Spessart/Gesundheitszentrum Lohr. Text: Nat

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