Ein im Januar im westafrikanischen Nigeria entführter deutscher Ingenieur ist nach Angaben von Sicherheitskräften getötet worden. Dass es sich bei dem Toten um Edgar R. aus Bad Mergentheim handelt, konnte das Auswärtige Amt am Donnerstag nicht bestätigen. Man versuche weiter, nähere Informationen zur Identität des Opfers zu bekommen, sagte eine Ministeriumssprecherin am Abend. Der für den Baukonzern Bilfinger Berger (Mannheim) tätige Deutsche sei während eines Militäreinsatzes in der Stadt Kano im Norden des Landes von seinen Geiselnehmern umgebracht worden, teilten Vertreter von Nigerias Armee und Polizei mit. Es hieß, Militäreinheiten hätten am Morgen das Versteck angegriffen, in dem sich die Geiselnehmer mit dem Deutschen aufgehalten hätten. Anwohner berichteten von Explosionen und Schüssen, die mehr als eine halbe Stunde angedauert hätten. Offenbar seien mehrere hundert Soldaten an dem Einsatz beteiligt gewesen. Als die Entführer erkannt hätten, „dass dies das Ende für sie ist, haben sie die Geisel umgebracht“, sagte ein Sicherheitsbeamter in Nigeria. Bei dem Einsatz wurden demnach auch mehrere Geiselnehmer getötet. Zeugen schilderten, das Haus, in dem sich die Geiselnehmer mit ihrem Opfer verschanzten, sei nach dem Einsatz zerstört worden. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte, sie könne die Angaben „zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigen“. Der Krisenstab und die Botschaft in Nigeria seien aber „mit Hochdruck um Aufklärung bemüht“. Edgar R. war Ende Januar verschleppt worden. Der ledige Bauingenieur arbeitete seit zehn Jahren für Bilfinger Berger in Afrika. Er galt als Kenner der Situation vor Ort. In einer Videobotschaft, die im März aufgetaucht war, nennt er seinen Namen, seine Herkunft („Bad Mergentheim im Main-Tauber-Kreis, Baden-Württemberg“) und fleht auf Deutsch und Englisch: „Ich bitte meine Regierung um mein Leben. Es geht um mein Leben, sonst sterbe ich hier.“ Der Film zeigt Edgar R. mit auf dem Rücken gefesselten Händen vor zwei vermummten, bewaffneten Männern. Das Terrornetzwerk El Kaida im Islamischen Maghreb (AQMI) bekannte sich in einem Begleitschreiben zum Video zu der Entführung. Sie drohte mit der Ermordung von Edgar R., falls nicht eine zu dem Zeitpunkt in Deutschland inhaftierte, zum Islam konvertierte Frau freigelassen werde. Bei der Frau handelt es sich um Filiz G., die vor gut einem Jahr zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilte Ehefrau des Islamisten Fritz G. Dieser war als Mitglied der sogenannten Sauerland-Gruppe 2010 zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Filiz G. befindet sich jedoch seit rund einem Monat auf freiem Fuß, nachdem ihre Reststrafe Ende April zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der ARD-Terrorismus-Experte Holger Schmidt berichtet in seinem „Terrorismus Blog“ auf der Homepage des Südwestrundfunks (SWR), G. selbst sei über den Freipressungsversuch entsetzt gewesen. „Sie will das nicht und sie will nicht, dass dem Mann (Edgar R.) etwas passiert“, zitiert der Radio-Mann ihren Anwalt. Laut Schmidt soll die deutsche Botschaft zwei Wochen nach der Freilassung von G. eine Zeitungsanzeige aufgegeben haben. Neben einem Bild von Edgar R. habe dort sinngemäß gestanden: „Seit 100 Tagen vermisst. Euere Schwester Filiz G. ist nun seit zwei Wochen frei. Wann lasst Ihr unseren Bruder Edgar frei? Seine Freunde warten auf ihn . . .“ Bei Bilfinger Berger war man am Donnerstag „in allergrößter Sorge“. „Auch wenn es noch keine Bestätigung des Außenministeriums gibt, fürchten wir, dass unserem Mitarbeiter Schreckliches zugestoßen ist“, sagte Pressechef Martin Büllesbach. Die Polizei in Tauberbischofsheim verwies auf Nachfrage ans Auswärtige Amt in Berlin.
BAD MERGENTHEIM