Natürlich ist es falsch, die Pegida-Bewegung pauschal als eine Ansammlung von dumpfbackigen Nazi-Marschierern zu verteufeln. Etliche von ihnen gehen offensichtlich montags auf die Straße, weil sie sich grundsätzlich mit ihren Sorgen und Nöten nicht ernst genommen fühlen. Weder von der Politik, noch von „den“ Medien. Deshalb suchen sie ihr Heil in einer Gruppierung, die ihnen einfache Antworten auf komplexe Fragen gibt – und die die vermeintlich Schuldigen gleich noch auf dem Silbertablett mitserviert. Die Wut vieler Protestierer scheint so groß, dass sie nicht einmal vor üblen, verallgemeinernden Verunglimpfungen zurückschrecken. Gemeinsam mit rechten Rattenfängern und Rassisten verhöhnen sie Politiker als „Volksverräter“ und Journalisten als Teil einer „Lügenpresse“.
Das sind alles andere als ideale Voraussetzungen für einen Dialog. Dennoch hat Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann recht, wenn er dafür wirbt, mit den Mitläufern das Gespräch zu suchen und sie von etwas Besserem zu überzeugen. Das gilt freilich nicht für die Pegida-Drahtzieher und ihre ideologischen Unterstützer, die Ängste und Vorurteile von Menschen für ihre niederen politischen Zwecke missbrauchen. Wer mit unmenschlicher, rassistischer Hetze das gesellschaftliche Miteinander vergiftet, hat jegliche Grundlage für eine demokratische Auseinandersetzung verlassen. In diesem Fall hilft nur ein konsequenter Widerstand der Anständigen.
Doch machen wir uns nichts vor: In der momentan aufgeheizten Stimmungslage hierzulande ist es schwierig, selbst mit den weniger verbohrten Pegida-Sympathisanten eine Ebene der Verständigung zu finden. Wer sich sein Weltbild vor allem mit Inhalten von obskuren Verschwörungsplattformen im Internet zusammenzimmert, ist für Argumente aus der verhassten „Systempresse“ – wenn überhaupt – nur schwer zugänglich.
Das hat auch damit zu tun, dass sich eine gewisse Medienverdrossenheit breitgemacht hat – nicht nur bei den selbst ernannten Patrioten. Diesen Verlust an Glaubwürdigkeit in Teilen der Gesellschaft dürfen Journalisten nicht auf die leichte Schulter nehmen. Natürlich gibt es, wie in anderen Branchen auch, gelegentliches Versagen. Daraus eine allgemeine Krise des professionellen Journalismus zu konstruieren, ist allerdings abenteuerlich.
Was Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für die Politik festgestellt hat, gilt indes genauso für die Medien: Angesichts der islamfeindlichen Proteste ist es wichtig, noch besser über die Vorteile von Sinn und Nutzen der Zuwanderung aufzuklären. Das wird nach den jüngsten Äußerungen des Ökonomen Hans-Werner Sinn ohnehin unumgänglich sein. Denn seine Feststellung, wonach Zuwanderung in ihrer jetzigen Form für Deutschland ein Verlustgeschäft sei, ist nicht nur Wasser auf die Mühlen der Pegida-Protestler. Dabei war eine Studie des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung erst kürzlich zum gegenteiligen Ergebnis gekommen. Demnach zahlen in Deutschland lebende Ausländer im Schnitt pro Kopf 3300 Euro mehr Steuern und Sozialabgaben, als sie an staatlichen Transferleistungen erhalten.
Ungeachtet dessen steht fest: Deutschland braucht Zuwanderer – und attraktivere Bedingungen für die Interessierten. Dafür muss das Zuwanderungsrecht vereinfacht und eindeutiger gefasst werden.