Seit Sonntag 22 Uhr ist die Schifffahrt auf dem Main zwischen Bamberg und Marktheidenfeld gesperrt. Auf dem Abschnitt stromab bis Aschaffenburg geht seit Montag 22 Uhr nichts mehr. „Der Main ist heuer schneller zugefroren als üblich“, sagt Heiko Fröhner, der am Wasser- und Schifffahrtsamt Schweinfurt Sachbereichsleiter für Wasserstraßen und Schifffahrt ist. Die ersten nennenswerten Eisschollen hatten sich erst vor einer Woche gebildet. Inzwischen staut sich das Eis vor allem oberhalb der Staustufen bereits kilometerweit. Die treibenden Eisschollen schieben sich teilweise geräuschvoll übereinander und frieren aneinander fest.
Die vergangenen Tage konnte man noch einige Schiffe beobachten, die leer talwärts fuhren. Das waren sozusagen Eisflüchter, die versuchten, den Rhein zu erreichen. Während der Main und der Rhein-Main-Donau-Kanal zugefroren sind, friert der Rhein fast nie zu. Schiffsführer Heinz Stapf (71), der von Duisburg mit Eisenerzoxid gerade noch rechtzeitig in seinem Zielhafen des Karlstadter Zementwerks Schwenk angekommen ist, erinnert sich, dass dies zuletzt im Winter 1962/63 der Fall war.
Für andere, die beispielsweise in Rotterdam vor ein paar Tagen eine Fracht für die Donau übernommen hatten, wird irgendein Ort am Main zur vorübergehenden Heimat. „Wichtig ist, dass sie Trinkwasser aufnehmen können und mit dem Auto zum Einkaufen fahren können“, sagt Fröhner.
Stapf wird seine Ladung in Karlstadt löschen. Eigentlich wollte er tags darauf dort neue Fracht laden. Doch er geht davon aus, dass daraus nichts wird, solange die Schifffahrt ruht. Denn ist das Schiff erst beladen, muss der Auftraggeber – der sogenannte Befrachter –normalerweise Eisgeld zahlen. Das freilich hängt auch von der Vertragsgestaltung ab: Viele der etwa 30 Schiffe, die derzeit zwischen Bamberg und Marktheidenfeld im Eis liegen, dürften solches Eisgeld bekommen. Stapf hingegen rechnet mit 800 Euro Verlust täglich.
Momentan wird am Wasser- und Schifffahrtamt Schweinfurt der Einsatz der beiden Eisbrecher „von Grassmann“ und „Angermünde“ koordiniert. Sie gehören zum Bauhof Würzburg und dienen das Jahr über als Schubboote bei Arbeitseinsätzen. Jetzt aber sind ihre besonderen Fähigkeiten gefragt. „Von Grassmann“ hat am Montagmorgen das Güterschiff „Ulrike“, das am Abend vorher oberhalb der Schleuse von Dettelbach festgefroren war, befreit. Der Eisbrecher umkreiste die Schiffsdame mehrmals und lockerte das Eis auch auf dem Weg zur Liegemauer auf. Oberhalb der Schleuse hatte sich ein Eisstau mit mehr als einem Kilometer Länge und einer Stärke von 30 Zentimetern gebildet.
Bereits am Sonntag hatte der Eisbrecher zwei Schiffe, die an der Schleuse Ottendorf oberhalb von Schweinfurt zu Tal fahren wollten, freigebrochen. Jetzt liegt „von Grassmann“ bei Gerlachshausen. Das Schiff soll später Richtung Rhein-Main-Donau-Kanal fahren, um dort bei Tauwetter zu räumen. „Von Grassmann“ eignet sich dafür besonders gut, weil der Eisbrecher eine Unwucht hat. Er ist relativ klein und passt gut unter den Brücken im Kanal hindurch.
Der größere Eisbrecher „Angermünde“ dagegen ist derzeit noch im Kanal bei Bamberg und auf dem Weg zum Gemündener Schutzhafen. Er wird sein Einsatzgebiet flussabwärts im Spessartbereich haben. Erfahrungsgemäß ist dort besonders viel Eis, bedingt durch die weniger besonnten und tiefer eingeschnittenen Spessarttäler. Wann dieser Eisbrecher in Gemünden eintrifft, kann aber keiner kalkulieren. Teils müssen Schleusentore mit Bunsenbrennern losgeeist werden, um die Durchfahrt zu ermöglichen.
Wenn der Main zufriert, bildet sich durch den Schiffsverkehr eine Art Spur durchs Eis. Die Schiffer sprechen von Rille. Stapf berichtet: „In der Rille lässt es sich gut fahren. Wenn man seitlich abkommt, wird es schwieriger. Da ist es schon leichter, eine eigene Spur durchs Eis zu brechen.“
Wenn man einmal vom Kurs abgekommen sei, könne man auch zurückstoßen. Das Blech seines 85 Meter langen „St. Josef“ dürfte am Bug acht bis zehn Millimeter stark sein. Wie weit er sich selbst den Weg durchs Eis bahnen kann, hänge aber von der Maschine ab. „Mit meinen 600 PS könnte ich bis zu 20 Zentimeter dickes Eis schaffen“, schätzt Stapf. „Doch bei der Fahrt durch die Schollen macht der Propeller Krach, als würden Steine durchfliegen, das tut einem richtig weh“, berichtet der Schiffer. Er fährt bei Eisgang vor allem etwas langsamer.
Während der Zeit im Hafen muss immer einer an Bord bleiben. Während sich Stapf von seiner Frau abholen lässt, um die Nacht zu Hause in Faulbach zu verbringen, hält der tschechische Bootsmann Lumir Drapal die Stellung. Tagsüber erledigt er Arbeiten im Maschinenraum. Da wird geputzt und gestrichen. Auch der Bugstrahl ist schon wieder auf Vordermann gebracht. Stapf ist froh, dass es im Hafen des Zementwerks einen Stromanschluss gibt. „Sonst müssten wir die ganze Zeit das Aggregat laufen lassen.“
Wenn Tauwetter einsetzt, wird das Wasser- und Schifffahrtsamt auch die Markierungs-Tonnen kontrollieren. Bei Zellingen beispielsweise war bereits am Wochenende eine rote Tonne vom Eis „verzogen“ worden, wie die Fachleute sagen. Früher, als sie noch mit Gewichten am Boden gehalten wurden, kam das häufiger vor. Inzwischen sind die Ketten der Tonnen fest am Grund des Mains verankert. Wenn eine Markierungstonne also ihren Standort gewechselt hat, ist vermutlich die Kette gerissen. Wenn der Schiffsverkehr wieder einsetzt, ist es für die Schifffahrt kein Problem, wenn nicht alle Markierungen an ihrem Stammplatz sind – deren eigentliche Lage ist ja bekannt.
Sicherheitstipps
Bevor man sich aufs Eis wagt, sollte man sichergehen, dass es trägt. Es kann jedoch unterschiedlich dick sein. Dunkle und offene Stellen sollte man ebenso weiträumig meiden wie Zu- und Abflüsse. Man sollte sich, bevor man das Eis betritt, nach geeigneten Rettungsmitteln umschauen, zum Beispiel Stangen oder Ästen, und sie gut sichtbar an einem sicheren Ort bereitlegen. Außerdem sollte man nie alleine aufs Eis gehen. Sobald ein Knistern oder Knacken zu hören ist, sofort das Eis verlassen. Bei Einbruchgefahr auf die Eisfläche legen.
Wenn man ins Eis eingebrochen ist, verbleibt nicht viel Zeit, um sich aus dem frostigen Wasser auf die Eisfläche zu retten. Innerhalb kurzer Zeit kühlt man aus. Wichtig ist, Ruhe zu bewahren und Panik zu vermeiden, aber schnell und entschlossen zu handeln. Man sollte laut um Hilfe rufen, damit andere auf einen aufmerksam werden und den Notruf (112) wählen können. Die Arme sollte man über das Eis vor sich ausbreiten und versuchen, sich mit den Füßen am Rand abzustoßen und sich langsam flach auf die Eisfläche zu schieben um kriechend das Ufer zu erreichen. Unter allen Umständen sollte man vermeiden, unter das Eis zu geraten. Ist man in Sicherheit, sollte sofort der nächste Arzt oder ein Krankenhaus aufgesucht werden.
Wenn jemand anderes ins Eis eingebrochen ist, sollte man andere um Unterstützung bitten und sofort die 112 wählen. Wenn möglich, sollte man nicht selbst aufs Eis, sondern vom Ufer aus dem Eingebrochenen leichte lange oder großflächige Gegenstände zuwerfen, zuschieben oder zureichen (Ast, Leiter, Seil oder Schal etc.). Gelingt es dem Verunglückten nicht, sich so an Land zu ziehen, muss der Retter ihm auf dem Eis zu Hilfe kommen, und zwar flach auf dem Eis liegend. Statt die Hand sollte man dem Eingebrochenen Hilfsmittel reichen, sonst könnte er einen mit ins Wasser ziehen. Den Geretteten wärmen, aber auf keinen Fall warmreiben. Kaffee, schwarzer Tee und Alkohol zum „Wärmen“ können tödlich sein.
Wer allen Warnungen zum Trotz einbricht, muss für seine Rettung in der Regel nichts zahlen. Nur wer sich vorsätzlich oder grob fahrlässig in Gefahr begibt, könne unter Umständen an den Kosten beteiligt werden, erklärten Sprecher des Innenministeriums und der Münchner Feuerwehr am Montag. Text: bjk, Quelle: DLRG/dpa