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KREIS HASSBERGE: Als Kutschen laufen lernten

KREIS HASSBERGE

Als Kutschen laufen lernten

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    Weit vorausschauend, geradezu prophetisch sagte Leonardo da Vinci vor 500 Jahren: „Es wird (einmal) Wagen geben, die von keinem Tier gezogen werden und mit unglaublicher Gewalt daher fahren.“ Jahrhundertelang war das Reisen mit Kutschen und Pferden üblich. Ab 1. April 1923 wurden die Postställe in Untereßfeld und Alsleben aufgehoben. Auf der Strecke Hofheim-Königshofen verkehrte an diesem Tag erstmals ein Benzin-Dreirad als Motorpost.

    Obwohl das Automobil vor 125 Jahren (1886) in Deutschland erfunden wurde: Durch unsere Heimat scheinen erst um die Jahrhundertwende erste Autos getuckert zu sein. Der Haßfurter Sanitätsrat Dr. Ferdinand Albert, leistete sich kurz nach der Jahrhundertwende eine Motorkarosse. Sein Fahrer war der 1869 in Römershofen geborene Georg Gräf gewesen. Neben Dr. Albert gelten Kaplan Otto Karl Hofmann, Nikolaus Schenk und Konrad Schädler als Autopioniere in Haßfurt. Zu den ersten Zulassungen zählt sicher auch das Fahrzeug des Zeiler Sägewerksbesitzers Arthur Fleischmann. Nach einer Mitteilung des Bezirksamts hat dieser im Sommer 1906 ein Automobil mit der Fabrik-Nummer 59 der pfälzischen Fahrradfabrik (vormals Gebrüder Kayser in Kaiserslautern) mit vierpferdigem Benzinmotor im Gewicht von 750 Kilogramm in Betrieb genommen.

    Die ersten Automobile ähnelten Pferdekutschen. Ebenso das Cyklonet des späteren Zeiler Bürgermeisters Oskar Winkler, Großvater von Ex-Bürgermeister Christoph Winkler. Der Steinindustrielle verwendete es vor Einführung des elektrischen Stroms 1921 mittels eines Schwungrades auch als Antrieb einer Kreissäge.

    Es gehört zur Entwicklungsgeschichte des Autos, dass die Benzinkutschen anfangs Pferde-Fuhrwerken untergeordnet waren. So verfügte das Haßfurter Bezirksamt, dass Motorfahrzeuge in Ortschaften maximal zwölf Stundenkilometer fahren dürfen – so schnell wie ein trabendes Pferd. Mindestens seit 1905 verkehrte in Eltmann regelmäßig ein Automobil. Es war 1896 gebaut worden und gehörte dem Autopionier Johann Reitz, der als Erster bei der Steinmetz-Firma Ankenbrand eine Benzinkutsche fuhr.

    Auf der Verbindungsstraße Bamberg-Schweinfurt war es vor allem für die Kinder ein Riesenspektakel, wenn sich eine Benzinkutsche näherte. Die Mutter des späteren Autopioniers Thomas Hofmann (Jahrgang 1903) hat, als der erste Automobilist – der erwähnte Dr. Albert – durch Zeil ratterte, ihr Söhnchen noch gewarnt: „Knie dich hin und bekreuzige dich, der Teufel kommt.“ Weniger ängstlich sah es der 97-jährige Auszügler Martin Diem aus Mechenried, der 1931 gegenüber der Presse bekannte: „Als ich in Haßfurt die ersten Autos sah, habe ich das fast als ein Wunder betrachtet.“

    1907 erließ das Haßfurter Bezirksamt eine ortspolizeiliche Vorschrift. Danach durften Krafträder und -wagen in Ortschaften maximal 15 Stundenkilometer fahren. Das Eberner Bezirksamt begrenzte bei Straßenkurven in Fischbach und Maroldsweisach die Höchstgeschwindigkeit auf sechs Stundenkilometer (!). Die Behörde in Haßfurt beklagte, dass wiederholt Schulkinder durch Stein- und Prügelwürfe gefährliche Angriffe auf Kraftfahrzeuge verübt hätten. Die Neuerung stieß auf Skepsis und Ablehnung. Man kannte das aus der Anfangszeit der Eisenbahn, in der die „feurigen Drachen“ mit Steinen traktiert wurden.

    Der bayerische Automobilclub ließ 1910 an den Staatsstraßen im Bezirk Haßfurt erste Warntafeln für Automobile aufstellen. Diese stellte das Haßfurter Bezirksamt unter gesetzlichen Schutz. Von einem Zeiler Autopionier weiß man, dass bei den Führerscheinprüfungen in den 20er Jahren, ein Mann vorausging und für den Prüfling vorübergehend diverse Verkehrszeichen aufstellte.

    Der Erste Weltkrieg stoppte die Motorisierung im privaten Bereich. 1915 musste man den Verbrauch von Benzin und Reifen massiv einschränken. Kraftfahrzeuge zur Beförderung von Privatpersonen und zu „Luxuszwecken“ wurden stillgelegt. Ein bemerkenswerter Versuch ist im Haßfurter Amtsblatt 1916 dokumentiert: Ärzte des Bezirksamts hatten sich über den miserablen Zustand von Straßen beschwert. Sie sahen die ärztliche Versorgung der Bevölkerung in Gefahr. Der Grund: Den Doktoren gingen die Gummireifen für ihre Autos aus.

    1922 waren im Bezirksamt Hofheim zehn Personen- und ein Lastkraftwagen sowie 15 Motorräder registriert. Der Straßenzustand konnte schon in den 20er Jahren selten mit der moderaten Motorisierung Schritt halten. Der Fremdenverkehrs- und Verschönungsverein Haßfurt klagte 1928 darüber, dass es im Zeichen des Automobil- und Kraftradverkehrs unmöglich sei, auf der Landstraße einen Spaziergang zu unternehmen. Undurchsichtige Staubwolken würden die Fußgänger vertreiben.

    Ältere können sich an die Zeit erinnern, als Autos mit Holz angetrieben wurden. Als während des Zweiten Weltkriegs und danach Sprit knapp war, fuhren im Landkreis die wenigen noch vorhandenen Lastwagen meist als Holzvergaser. Der Steinindustrielle Martin Weinig und die Holzfabrikanten Jakob Basel und Wolf & Barth schufen sich in Zeil in den 40er Jahren eine eigene Energie-Quelle für ihre Autos. Am Setzbachweg beschäftigten sie den Knetzgauer Köhler Franz Hymon, der für sie Holzkohle herstellte, für ihre mit Holzvergasermotoren ausgestatteten Autos.

    Nach dem Krieg, 1945, zählte man im heutigen Landkreis Haßberge 1224 Autos, Laster, Zugmaschinen und Motorräder. Die Personenwagen hätten damals auf einem der heutigen mittleren Parkplätze stehen können. Heute sind im Landkreis 50 500 Autos, 2500 Laster, 7400 Zugmaschinen, 5800 Krafträder und 130 Busse registriert. Mehr als 80 Prozent der erwachsenen Kreisbevölkerung dürfte einen Führerschein besitzen.

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