Sechs gleiche Arbeitsblöcke aus einem grau-grünen "Anröchter Dolomit" standen den Meistern zur Verfügung. Innerhalb einer Woche entstanden daraus ausdrucksvolle und schöne Kunststücke.
Im Garten seines Anwesens hat der Steinbildhauermeisters Michael Scholl ein Zelt aufgebaut. Darin arbeiten vier seiner Kollegen, zwei weitere sind in seiner Werkstatt beschäftigt. Frank Steinhauer aus Hüffelsheim an der Nahe bearbeitet seinen Stein gerade mit der Schleifmaschine, feinster Staub liegt in der Luft und außerdem ist es ganz schön laut.
Deshalb trägt Steinhauer Mund- und Ohrenschutz, während er seine Innenraumskulptur "Bewegung" in Form schleift. Sie sieht wellenförmig, ein wenig in sich verdreht aus und macht einen eleganten Eindruck. "Das ist ein Handschmeichelstein", meint der Künstler, "streicheln Sie ihn, dann spüren Sie die Bewegung." Tatsächlich gleitet meine Hand wie von selbst schwungvoll über die weichen Kurven, der Stein fühlt sich fast weich an, es ist ein zärtlicher Kontakt.
Dabei sei der Anröchter Dolomit aber ein harter Kalkstein, erzählt Michael Scholl. "Er besitzt eine ungewöhnliche Färbung und wird heutzutage nicht mehr oft verwendet." Der Limbacher hat als Gastgeber dieses Symposiums keine Möglichkeit, einen Stein zu bearbeiten, sondern muss sich um alles kümmern. Moderne Arbeitsgeräte wie Presslufthammer, Flex oder Schleifmaschinen müssen nicht nur parat sein, sondern auch genügend Strom haben, das Essen will besorgt und vorbereitet sein, es muss geheizt werden und das Rahmenprogramm wie die Besichtigung der Wallfahrtskirche Maria Limbach oder der Stadt Bamberg auf die Beine gestellt werden.
So liegt Scholls Stein jungfräulich im Garten und wartet im Regen auf seine spätere Bestimmung.
Jährlicher Erfahrungsaustausch
Im Gartenhäuschen berichtet Michael Scholl, dass er sich mit seinen sechs Meisterkollegen seit elf Jahren zum gemeinsamen Arbeiten und Erfahrungsaustausch jährlich einmal trifft. "Es ist die Liebe zum Stein und zum gemeinsam Erlebten, die uns zusammenführt." Dies bestätigen auch Frank Steinhauer, Franz Maucher aus Bad Waldsee im Allgäu, Bernhard Mathäss aus Neustadt an der Weinstraße, Markus Van Huet aus Sonsbeck an der holländischen Grenze, Jörg Jauss aus Niedereggenen bei Freiburg und Harald Stölzle aus Altenstadt bei Ulm.
Kritik und Anregungen
"Dass wir uns austauschen, unsere Ideen besprechen, gestalterisch voneinander lernen und unsere Freundschaft pflegen, macht den Reiz der Treffen aus." Michael Scholl fügt hinzu: "Ein Symposium ist im eigentlichen Sinne ja ein Gastmahl bei den Griechen gewesen, das mit Trinkgelagen und Unterhaltung gepaart war. So kommt auch bei uns das Feiern nicht zu kurz."
Doch vor jedem geselligen Beieinander am Abend stand eine Woche lang das Arbeiten auf dem Programm. Jeder Teilnehmer hatte die Aufgabe, "seinen" Stein mit den Maßen 140 mal 30 mal 30 Zentimeter frei zu gestalten. Davor hatten alle ein Jahr Zeit, sich Gedanken zu machen.
Die Ideen wurden nach der Anreise mit Michael Scholl besprochen, es gab Kritik und neue Anregungen. Mittlerweile enthüllen die Steine schon ihre künftige Gestalt. Jörg Jauss hat die Stele zu einem Grabmal gearbeitet, das ein Engelsflügel sanft umfasst. Eine Gartenskulptur hat Franz Maucher geschaffen, die zwei umschlungene Rundungen andeutet und von oben aus wie ein verschlungenes Kreuz aussieht. Krönung ist eine sich öffnende Knospe.
Figürlich hat Markus Van Huet gearbeitet: seine Skulptur zeigt einen Kopf mit Helm. Zwei weitere, ganz individuelle Grabmale haben Harald Stölzle und Bernhard Matthäs kreiert. Stölzles Werk vereinigt zwei Bewegungen, die gegeneinander laufen, aber trotzdem in Harmonie stehen. Sie könnten für ein Ehepaar oder zwei verwandte Personen als Grabstein dienen, die in Beziehung standen, aber dennoch völlig unterschiedlich sein konnten. Ein Grabstein, der von allen Seiten attraktiv ist und bei dessen Anblick man ins Nachdenken kommen kann.
"Metamorphose" hat Matthäs seine Schöpfung genannt. Sie bildet am unteren Ende eine Rundung - eine positive Wölbung - und endet oben in einer negativen Wölbung.
Alle Werke sind am heutigen Frei- tag, dem letzten und spannend- sten Symposiumstag, zwischen 9 und 12 Ohr im Atelier Scholl in der Limbacher Hauptstraße für Interes- sierte zu sehen.