Kappner umriss kurz die geschichtlichen Daten zum Judenfriedhof in Kleinsteinach: Angelegt wurde die jüdische Begräbnisstätte im Jahre 1453, der älteste schriftliche Nachweis für ein Begräbnis stammt aus dem Jahr 1596 und mit der Jahreszahl 1604 ist eine der ältesten lesbaren Inschriften auf einem Grabstein nachgewiesen. Als bedeutende Persönlichkeit seiner Zeit fand Rabbi Samuel Meseritz hier seine letzte Ruhestätte.
Auf dem Kleinsteinacher Judenfriedhof wurden Gemeindemitglieder der israelitischen Kultusgemeinden aus Aidhausen, Friesenhausen, Haßfurt, Hofheim, Kleinsteinach, Knetzgau Lendershausen, Westheim, Wonfurt, Zeil und Schonungen begraben. Er besteht aus einem alten und neuen Teil mit insgesamt 1004 Grabsteinen.
Im Jahr 1925 wurde vom damaligen Distriktsrabbiner Dr. Cynski ein Denkmal für die 17 jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkrieges seiner Bestimmung übergeben. Als letzte jüdische Beerdigung ist die im März 1942 verstorbene Rosa Lonnerstädter aus Haßfurt verbürgt. Im Februar 1945 wurde der italienische Zwangsarbeiter Giuseppe Fava beigesetzt, er wurde nach dem Krieg exhumiert und nach Italien überführt. Er war als angeblicher Rädelsführer eines Aufstandes in Haßfurt erschossen worden. Mit seiner Beisetzung war der Friedhof nach jüdischem Glauben seiner rituellen Funktion entweiht und es durften fortan keine Beerdigungen mehr dort stattfinden.
Neben den Schändungen in der Nazizeit gab es schon 1894, in den 20er Jahren und nach dem Krieg im Jahre 1947 Friedhofsschändungen. Im Jahr 1961 wurde der Friedhof instandgesetzt, er untersteht jetzt dem Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, mit Sitz in München. Vor 15 Jahren wurde von Schulklassen der Hofheimer Hauptschule unter Leitung der Lehrer Herbert Dietz und Rüdiger Reining in dreijähriger Arbeit eine ausführliche Fotodokumentation des neuen Friedhofsteils erstellt. Seit März 1940 (!) ist der jüdischen Friedhof vom Landratsamt als Naturdenkmal eingestuft.
Am Eingang des älteren Teils des Friedhofes befindet sich ein Leichenhaus, die "Taharah" genannt wird. Hier wurden die Verstorbenen nach ritueller Vorschrift gewaschen und für die ewige Ruhe mit einem weißen Gewand, Schuhen und Kopfbedeckung eingekleidet und in einer einfachen Holzkiste als Sarg in den "Tallit", den Gebetsmantel, gehüllt zwei Tage lang aufgebahrt, so Israel Schwierz zum jüdischen Beerdigungsritus. Diese Dienste verrichtete die "Chewra Kadischa", die Beerdigungsbruderschaft oder -schwesternschaft in der jüdischen Gemeinde.
Die Sargkiste, der Leichenwagen und die Pferde, die ihn auf den Weg zum Grab zogen, waren alle völlig mit schwarzen Tüchern verhängt. Unterwegs hielt der Trauerzug der jüdischen Tradition folgend mehrmals an. Das jüdische Totengebet, der "Kaddisch" wurde von mindestens zehn Männern am Grab in Richtung Osten gesprochen.


Nachdem die Holzkiste mit den Toten waagerecht und in Blickrichtung nach Jerusalem in das Grab hinabgelassen wurde, sprach der Gemeindevorsteher oder der Rabbi den Segen. Dreimal wird dann Erde in das Grab geworfen und die jüdischen Gemeindemitglieder schaufelten das Grab zu. Der Beerdigungszug verließ dann auf einem anderen Weg den Begräbnisplatz, der Vorschrift folgend, dass Hin- und Rückweg verschieden sein müssen. Der Leichenwagen der Kleinsteinacher Juden wurde auch von den christlichen Mitbürgern bei ihren Begräbnissen in Kleinsteinach mitbenutzt, er wurde beim November-Pogrom im Jahr 1938 von den Nazis zerstört.