Die Zuckerwirtschaft ist im Aufwind – trotz des „weißen Albtraums“. Gemeint sind damit die teils albtraumhaften Ernte- und Abfuhrbedingungen, so das Fazit der Rüben-Experten am Freitag im Hotel Goger in Augsfeld.
Hoffnung macht jetzt der deutlich gestiegene Weltmarktpreis für Zucker, vor allem nach dem politisch verordneten Zucker-Preisdumping auf Weltmarktpreis-Niveau durch die europäische Agrarpolitik. Aufwind erfährt die Zuckerwirtschaft aber auch durch den Selbstversorgungsgrad in der Europäischen Union, der nur noch bei 85 Prozent liegt.
Das Motto also für 2011: den Anbau ausweiten – um die heimische Nachfrage decken zu können. Rund 20 Prozent mehr Fläche als in 2010 könne im kommenden Anbaujahr bestellt werden, so die Schätzung von Klaus Ziegler vom Verband fränkischer Zuckerrübenanbauer (VfZ).
Obwohl die Quoten- und Teile der Industrie-Rüben deutliche Deckungsbeitragsvorteile vor Winterraps, Weizen oder Biogasmais haben, sollten die Rübenanbauer auf Wirtschaftlichkeit achten, hieß es. Das bedeute, Rübenquoten zu maximal 32 Cent je Dezitonne zu pachten beziehungsweise nicht mehr als 12,60 Euro je Tonne Aufpreis auf den Nennwert beim Kauf zu bezahlen, rechnete Ziegler vor.
Neuigkeiten der Kampagne 2011 stellten Südzucker-Rübeninspektor Ernst Merz und Dieter Schoch vor: Zum einen werde auf dem Liefervertrag 2011 – der bis spätestens 1.Mai in Ochsenfurt eingegangen sein muss – die so genannte IBAN-Nummer aufgelistet sein. Diese international standardisierte Bankverbindungsnummer muss auf Richtigkeit geprüft werden.
Ferner können die Anbauer die Lieferreihenfolge der einzelnen Schläge festlegen. Allerdings wird Südzucker die Einordnung in die erste oder zweite Abfuhrrunde daraus berechnen, so Merz.
Geplanter Beginn bei der „Nord-Maus“ für die Abfuhr 2011 ist in Bayerhof/Forst – oberer Haßgau – Coburg – Bamberg – unterer Haßgau – Gerolzhofen. Die „Süd-Maus“ beginnt das Verladen in Rüdenhausen und wird etwa im letzten Drittel der ersten Runde im Raum Knetzgau/Eschenbach eintreffen, erläuterte Schoch. Der informierte außerdem, dass der bei der Zuckerherstellung anfallende Carbokalk ein kostengünstiger Dünger sei. Restmengen aus der Kampagne 2010/11 könnten noch geordert werden.
Die Frühbestellung für Rübensaatgut kann noch bis 10. Februar im „Rübenportal“ erfolgen. Interessante Sorten und die geeignete Pillierung stellte Christian Beil (Ring fränkischer Zuckerrübenbauer) vor. Der Einsatz der höheren Ausstattung beim Saatgut und auch der einmalige vorbeugende Einsatz von Fungizid seien in jedem Fall wirtschaftlich.
Ans Herz legten alle Referenten den Anbauern die EUF-Bodenuntersuchung, das heißt die Bodenuntersuchung für die Ermittlung des Düngerbedarfs nach der Elektro-Ultrafiltration (EUF). Denn diese Art der Untersuchung und Düngeempfehlung berücksichtige auch die Nährstoffwechselwirkungen im Boden.
Im Rückblick auf die vergangene Kampagne dankte Rainer Stephan stellvertretend für alle Organisationen für die „gigantische Leistung aller Beteiligten“. Das vergangene Jahr habe gezeigt, dass die Zuckerrübe eine Gemeinschafts-Frucht sei, so sein Fazit. Und weil alle an einem Strick gezogen haben – und obwohl dabei so mancher seine mentalen und physischen Grenzen erreicht habe, so Merz, sei die Kampagne „ohne größere Verluste“ beendet worden.
Erschwerte Bedingungen
Die Erschwernis bei Abdecken, Schneeräumen, Abschleppen und so weiter sei, so Jochen Fenner (Vorsitzender VfZ), von Südzucker honoriert worden: Für die gesamte Kampagne bekommen die Anbauer einen Erschwernisausgleich von einem Euro je Tonne. Alle, die ab der 48. Kalenderwoche abgefahren wurden, bekommen nochmals einen Euro je Tonne zusätzlich. Daneben gibt es einen kleinen Zuschlag für die Sonderbelastung bei der Mietenpflege. Und in diesem Jahr schießt Südzucker beim Ersetzen des Rübenvließes einen Teilbetrag zu.
Auch die Ladegruppen erhalten einen Frachtzuschlag für die teils abenteuerlichen Lade- und Abfuhrbedingungen. Wobei, so Merz, die Feldwege oft besser geräumt waren als die öffentlichen Straßen.
Pilotprojekt Rüben-Biogasanlage
Der Ausblick auf die Zukunft: Bioethanolrüben werden gebraucht werden. Neues dazu gibt es bei der VfZ-Generalversammlung am 1. Juli in Veitshöchheim. Dort wird auch die Pilot-Rüben-Biogasanlage der Firma Ropa vorgestellt werden.
Forderungen aus den Reihen der Rübenanbauer, die aktuell etwa 53,3 Prozent der Aktien von Südzucker halten, nach höherer Ausschüttung für diejenigen, die die Arbeit machen, könnten nicht erfüllt werden, weil das Aktienrecht eine Gleichbehandlung aller Aktionäre fordere, so das Fazit aus der anschließenden Diskussion.
Und schließlich wurde auch das Thema Abzüge aufgegriffen. Rund neun Prozent der angelieferten Menge seien nach dem Urteil der Schätzer, die jetzt Gutachter heißen, keine reinen Rüben gewesen. Christian Beil erklärte, in Ochsenfurt sei ein Manko von 7000 Tonnen entstanden. Das bedeutet, dass sich die Gutachter um rund 0,46 Prozent gemessen an der Gesamtanlieferung zu Gunsten der Anbauer „verschätzt“ haben. „Die Kosten trägt in jedem Fall der Anbauer“, erläuterte Stephan. Denn es wird natürlich nur die tatsächlich produzierte Zuckermenge bezahlt.
Hilfestellung zur diesjährigen Anbauplanung unter www.frankenrueben.de oder beim Anbauplaner im Südzucker-Rohstoffportal. Weitere Infos zu Sorten und Pflanzenschutz auch unter bisz.suedzucker.de.
Die Kampagne in Zahlen
150 Tage dauerte die Kampagne heuer (Vorjahr: 124 Tage).
Der Ertrag lag im Landkreis bei durchschnittlich 64,4 Tonnen je Hektar (Franken 70,2 Tonnen; Vorjahr: 76,7 Tonnen).
Der Zuckergehalt im Landkreis erreichte 17,6 Prozent (Franken 17,5; Vorjahr: 18,7 Prozent).
Der Zuckerertrag betrug etwa zwölf Tonnen pro Hektar. Der Gesamtabzug betrug 9,4 Prozent im Werk Ochsenfurt.