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KREIS HASSBERGE: Der Main wächst in die Tiefe und Breite

KREIS HASSBERGE

Der Main wächst in die Tiefe und Breite

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    Bei Haßfurt wird im Zuge des Mainausbaus der Hafen verändert und die (im Bild nach rechts führende) Flussbiegung verbreitert.
    Bei Haßfurt wird im Zuge des Mainausbaus der Hafen verändert und die (im Bild nach rechts führende) Flussbiegung verbreitert. Foto: Foto: Michael Mößlein

    Frankens größter Fluss wird breiter und tiefer. Seit rund 20 Jahren läuft der Mainausbau. Voraussichtlich im Jahr 2020 kommt als letzter Abschnitt der Bereich zwischen den Staufstufen Ottendorf und Viereth an die Reihe. Dann ist der Fluss zwischen Bamberg, mit dem Anschluss an den Rhein-Main-Donau-Kanal, bis zur Mündung in den Rhein bei Mainz von Menschenhand in den Zustand versetzt worden, wie ihn Verkehrswegeplaner und Ökonomen heute gerne haben möchten. Doch was bedeutet der Ausbau für anliegende Städte und Gemeinden? Welche Folgen hat der Ausbau auf die Natur und auf die Lebewesen im Fluss? Wir haben Fragen und Antworten rund um den Mainausbau im Landkreis Haßberge zusammengetragen.

    Warum wird der Main überhaupt ausgebaut?

    Aktuell transportieren Schiffe an der Schleuse Kostheim bei Mainz, am Unterlauf des Mains, jährlich zwischen 16 und 17 Millionen Tonnen Güter auf dem Main. Im Bereich Bamberg sind es rund sechs Millionen Tonnen. Laut einer im August 2015 veröffentlichten Prognose, die das Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegeben hat, wird sich das Transportaufkommen auf dem Main bis zum Jahr 2030 um bis zu 15 Prozent erhöhen.

    Im bundesweiten Durchschnitt der Binnenwasserstraßen wird im gleichen Zeitraum zwar ein um fünf Prozentpunkte höherer Zuwachs erwartet, dennoch rentiert sich, volkswirtschaftlich betrachtet, ein Ausbau des Mains, meint Elmar Wilde, der kommissarische Leiter des Wasserstraßen-Neubauamtes in Aschaffenburg, das beim Ausbau des Mains federführend ist. Zudem mache der Ausbau die Schifffahrt auf dem Main sicherer und den Kapitänen falle das Manövrieren leichter.

    Welche Vorgaben sollen durch den Ausbau erreicht werden?

    Es geht in erster Linie darum, die Fahrrinne des Mains zu vertiefen. Die sogenannte Abladetiefe, also der Tiefgang, der einem beladenen Schiff unter der Wasseroberfläche maximal zur Verfügung steht, soll von aktuell 2,30 auf 2,70 Meter steigen. Hierzu wird die Fahrrinne auf 3,10 Meter vertieft. Die Differenz von 40 Zentimetern zu 2,70 Metern Abladetiefe ist ein Sicherheitspuffer, falls Gegenstände oder Sedimente angeschwemmt werden. Die Schiffe auf dem Main können damit künftig mehr Ladung aufnehmen. Wenn sich der Tiefgang eines Schiffes um 20 Zentimeter erhöht, entspricht dies laut Wilde einer um 15 bis 20 Prozent höheren Zuladung. Bei einem Schubverband können dies 1100 Tonnen ausmachen, was etwa 40 Lastzügen entspricht.

    Um die geplante Tiefe zu erreichen, müssen etwa 17 Prozent der Flusssohle bearbeitet werden – vor allem im Bereich der Staustufen. Die Engstellen des Mains, hauptsächlich die Kurven, sollen so weit verbreitert werden, dass ein Schubverband (185 Meter lang, 11,45 Meter breit) problemlos manövrieren und zwei Schiffe ohne Behinderungen einander passieren können.

    Wie sicher ist es, dass der Ausbau im Landkreis Haßberge in vier Jahren startet?

    Laut Wilde ist es unwahrscheinlich, dass der Ausbau vor dem Jahr 2020 beginnt. Es kann auch später werden. Dies hängt unter anderem davon ab, wie schnell das laufende Planfeststellungsverfahren abgeschlossen wird. Derzeit werden Einwände, beispielsweise von Behörden und Umweltverbänden, geprüft. Noch in diesem Jahr sollen im Haßbergkreis (der Ort steht noch nicht fest) die öffentlichen Erörterungstermine über die Bühne gehen, bei denen nochmals alle geplanten Maßnahmen und Bedenken erörtert werden. Wenn dabei keine größeren Probleme auftauchen, wird nach Abschluss der Planfeststellung das Baurecht erteilt – was aber nicht bedeutet, dass dann gleich losgelegt wird. Erst müssen die Arbeiten ausgeschrieben und vergeben werden.

    Für den Bereich zwischen den Staustufen Garstadt, Wipfeld (Lkr. Schweinfurt) und Schweinfurt besteht Baurecht. Dort wird der Main vermutlich ab Ende 2016, Anfang 2017 ausgebaut, so Wilde. Dann sind die Stauhaltungen Ottendorf und Knetzgau die letzten der 34 Stauhaltungen des Mains (die Abschnitte zwischen zwei Staustufen), die nicht ausgebaut sind.

    Welche Auswirkungen hat der Ausbau auf Fluss und Natur?

    Auch wenn nicht der komplette Flusslauf verbreitert wird, an den Stellen, an denen das Ufer weggebaggert und abgeflacht wird, sind die Eingriffe „sehr massiv“, sagt Dietmar Will, Biologe im Dienste der Stadt Haßfurt. Ihm bereitet es Bauchweh, wie er sagt, dass hier ein Gewässer den Bedürfnissen von Schiffen angepasst wird. Betroffen ist aus seiner Sicht vor allem der Abschnitt zwischen Haßfurt – hier speziell die Kurve am Hafen, die verbreitert wird – und Knetzgau. Ganze Galerie-Wälder werden verschwinden, so Will.

    Erstellte Umweltverträglichkeitsgutachten legen jedoch fest, wie entstandene Schäden ökologisch ausgeglichen werden, zum Beispiel durch neue Hecken, Hochstaudenfluren, großflächiges Grünland und Ersatzlebensräume für Fledermäuse und weitere Tierarten. Angesichts des zu erwartenden Kahlschlags an manchen Stellen tröstet sich der Biologe mit den Selbstheilungskräften der Natur. In den 1960/70er Jahren sei auf den heute grünen Main-Dämmen kein Baum mehr gestanden. Die Vegetation kann sich erholen – wenn man ihr den Raum hierfür gibt. Das Landratsamt Haßberge hat den Mainausbau in seiner Stellungnahme nicht abgelehnt, sagt der zuständige Leiter des Sachgebiets Naturschutz und Wasserrecht, Bernd Janik. „Es werden keine Naturschutzgebiete plattgemacht.“

    Was sagen die Main-Fischer zu den Plänen?

    Wichtig ist es laut Sigrid Dirschbacher, der Vorsitzenden der Fischerzunft Haßfurt, dass die Felder zwischen den Buhnen – den Steinstreifen, die die Fahrtrinne vom Ufergewässer trennen – besser miteinander verbunden werden. Fische finden dort Schutz und Ruhe vor den Wellen und gewaltigen Wasserschwankungen, den die tief gehenden Schiffe auslösen.

    Wegen den rund um die Uhr fahrenden Flusskreuzfahrtschiffen könnten die fünf Nebenerwerb-Mainfischer, die es im Haßbergkreis noch gibt, ohnehin nur noch in den an den Main angrenzenden Nebengewässern fischen, und ab und zu im Haßfurter Hafenbecken. Dirschbacher wünscht sich, dass es nach dem Ausbau des Schutzhafens in Haßfurt weiter Platz für die drei Fischernachen (Boote) geben wird. Sie erwartet auf „jeden Fall“ schlechtere Bedingungen, um Weißfische, Schleien, Karpfen, Aale, Hechte Zander und Barsche aus dem Main zu fischen.

    Was erwarten Anrainer-Kommunen?

    Die Stadt Zeil hat durch den Mainausbau keinen Nachteil, sondern „eher einen Vorteil“, sagt Bürgermeister Thomas Stadelmann. Der Zeiler Hafen könnte von einem steigenden Güterumsatz geringfügig profitieren. Vergrößern kann sich der Hafen jedoch nicht, weil er eingezwängt liegt zwischen Mainbrücke und Naturschutzgebiet. Die Vertiefung der Fahrrinne wirkt sich auf die Gemeinde Knetzgau nicht aus, meint dessen geschäftsführender Beamter Robert Selig. Auch in puncto Hochwasserschutz ändere sich nichts.

    Aus Sicht des Wasserzweckverbands Knetzgau-Sand-Wonfurt-Gruppe sieht er die theoretische Gefahr einer Bodenverunreinigung im Bereich der nahe an den Main heranreichenden Trinkwasserquellen, wenn beispielsweise Baufahrzeuge dort Öl verlieren würden. Deshalb lässt der Wasserversorger bereits jetzt den Ist-Zustand der Quellgründe von einem Fachbüro dokumentieren; ebenso werden die Bauarbeiten überwacht werden. Als „sehr ärgerlich“ bezeichnet Gädheims Bürgermeister Peter Kraus die notwendige Verlegung von 400 Metern Radweg bei Gädheim, weil das Mainufer dort abgeflacht wird und auf 25 Meter Breite verschwindet. 100 000 Euro kostet dies. Davon muss die Gemeinde Gädheim abzüglich erwarteter Zuschüsse etwa 20 000 Euro selbst zahlen. Gut findet Kraus, dass bei Gädheim eine feste Ansaugstelle für die Feuerwehr am Main entstehen wird.

    Was passiert mit dem Sediment, das aus dem Main gebaggert wird?

    Je nachdem, ob und wie stark dieses mit Schadstoffen belastet ist, können Sand und Kies als Baustoffe verwendet werden, berichtet Wilde. Mit Material, das nicht mit Trinkwasser in Kontakt geraten darf, können aufgelassene Gruben verfüllt werden, oder Lärmschutzwälle entstehen.

    Was kostet der Ausbau des Mains zwischen Ottendorf und Viereth?

    Das Wasserstraßenneubauamt schätzt die Kosten auf 17,5 Millionen Euro für den Bereich zwischen Ottendorf und Knetzgau (Stauhaltung Ottendorf) sowie 8,5 Millionen Euro für den Bereich bis Viereth (Stauhaltung Knetzgau). Etwa 15 Prozent davon fließen in ökologische Ausgleichsmaßnahmen.

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