Ein Aquarium im Wohnzimmer findet sich in vielen Haushalten. Mehr oder minder werden die Fische gehegt und gepflegt. Manch einer verliert mit der Zeit die Lust am nassen Element. Anders ist dies bei Wilhelm Schorr aus Knetzgau, dem Vorsitzenden der Aquarienfreunde Haßberge. Für ihn sind die bunten Fische in ihrer ganzen Vielfalt und mittlerweile die exotischen Korallen ein wahres Lebenselixier, dem er sich ganz verschrieben hat.
Angefangen hat sein ausgeprägtes Hobby bereits im Alter von vier Jahren. Kaulquappen, gefunden in einer Pfütze, waren es, die er mit Heim schleppte und in großen Gläsern unterbrachte. Irgendwie muss dies sein Leben geprägt haben, vom Aquarium ließ er nie mehr los, sein Beruf wurde das Elektrometier.
Mit sechs Jahren wurden die Kaulquappen gegen Stichlinge eingetauscht. Wenig später kamen die ersten Guppies dazu. Als Wilhelm Schorr zur Bundeswehr eingezogen wurde, waren es bereits vier große Becken, die er bei den Eltern zurückließ. Die Fische verkrafteten die Trennung nicht, ein technischer Fehler, der von den Eltern nicht bemerkt wurde, sorgte für ein Massensterben.
Als Wilhelm Schorr heiratete und eine gemeinsame Wohnung bezog, war die erste Einrichtung im Wohnzimmer ein Aquarium. Und seine Frau behauptet heute noch, dass eigentlich nur wegen des Aquariums ein Haus gebaut wurde. Was heißt schon ein Aquarium? Klar, dass im Wohnzimmer ein großes Aquarium mit den Maßen 1,80 x 60 x 60 Zentimeter steht. Eines nur zum kurz mal hinschauen.
Das eigentliche Reich der Fische findet sich im Keller. In elf großen Becken mit jeweils 540 Litern leben rund 500 Meerwasser-Fische der verschiedensten Arten. Ihr Lebensraum ist die bunte Korallen- und Riffwelt der Karibik und Südsee. An der bunten Welt kann man sich gar nicht satt sehen, wobei die Fische hier einen natürlichen Lebensraum haben und teilweise nicht sichtbar sind, da sie sich in den Korallenriffen verstecken.
Der pensionierte Studiendirektor der Heinrich-Thein-Schule hat für seine Fische die Nacht zum Tage gemacht. Von 18 Uhr abends bis 6 Uhr früh sind die Becken künstlich beleuchtet, dann wird den Tieren 12 Stunden Nachtruhe gegönnt. Warum gerade gegen den Tagesrhythmus? Die Frage ist einfach beantwortet: Zu seiner Schulzeit hatte der Lehrer erst abends Zeit und außerdem ist der Nachtstrom preisgünstiger.
Wobei wir bei der Technik sind. Alle elf Aquarien sind Meerwasserbecken, da bedarf es jede Menge Technologie. So sind alle Becken von hinten begeh- und versorgbar. Eine Osmoseanlage, die das Wasser reinigt und im Kalk-Reaktor aufhärtet, und drei verschiedene Filteranlagen pro Becken sorgen für richtiges Wasser und Schwimmventile für den nötigen Wassernachschub. Für den Elektrofachmann Wilhelm Schorr ist sein Hobby eine Synthese von Tüftler, Elektriker, Chemiker, Techniker, Botaniker und Landschaftsgärtner.
Er findet an der ausgeprägten Technik für sein Aquarium ebenso viel Spaß als an der Aufzucht von seltenen Fischen. Und da gibt es jede Menge: Grundeln aus dem Indischen Ozean, die nur zwei Zentimeter groß werden; Kaiserfische, die unter Liebhabern schon mal 1 000 Mark kosten, in der Jugend blauweiß gefärbt sind und später sich total umfärben; farbenprächtige Anemonenfische, die in Harmonie mit der Pflanze Anemone leben, die keinen andern Fisch an sich heranlassen; Riffbarsche, die als Weibchen geboren werden, wobei das stärkste später zum Manne wird und Doktorfische, die unterhalb des Schwanzes ein ausklappbares Skalpell tragen, mit dem sie andere Fische aufschlitzen, um Beute zu machen.
Schorrs Nachzuchten, die in der Fachwelt anerkannt sind, nutzt der Aquarianer zum Tausch gegen Technik oder andere Fische. Sein Wissen gibt er als Vorsitzender der Aquarienfreunde und als Meerwasserreferent des Bezirkes weit über Bayerns Grenzen hinaus in Vorträgen weiter.
Vor einigen Jahren hat er sich einen weiteren Traum erfüllt. Er opferte an der Westseite des Hauses ein Stück Garten, baute einen 80 Quadratmeter großen Wintergarten, der von einem Riesenbecken eingegrenzt wird. 37 000 Liter Wasser beinhaltet das Becken, das teilweise im Freien ist und im Winter mit Platten abgedeckt wird. Um die großen Schaufenster zu reinigen zieht Wilhelm Schorr schon mal den Tauchanzug an und steigt zu den Fischen ins Becken. Darin sind derzeit rund 500 Süßwasserfische aus Südamerika und Afrika.
Die Temperatur des Wassers wird konstant auf 21 Grad gehalten. Der Wintergarten mit seinen vier großen Schaufenstern aus vier Zentimeter dickem Glas ist der Treffpunkt vieler Aquarianer. Mitten unter vorbeiziehenden Fischen sitzen und miteinander fachsimpeln, da geht das Herz der Fischliebhaber auf. Wobei Wilhelm Schorr betont, Unterfranken sei ein aquarianisches Notgebiet, denn in anderen Gegenden sei die Aquaristik weitaus größer verbreitet. Hat man die vielen Fische bei Wilhelm Schorr gesehen, mag man diese Aussage gar nicht glauben.