Das Zeitalter der Kelten liegt schon über zweitausend Jahre zurück. Die Kelten waren lange "im Dunkel der Geschichte" verborgen und haben uns selbst keine schriftlichen Zeugnisse überlassen. Sie wurden als "Pioniere Europas" wieder entdeckt. Ihre "kulturelle Aussaat" hat einen viel höheren Stellenwert bekommen. Man redet nicht mehr nur über Griechen, Römer und Germanen - man besinnt sich auf die geradezu revolutionären Veränderungen und Errungenschaften des "Keltischen Jahrtausends" (1. Jahrtausend vor Christus).
Es ist deutlich geworden, dass die Kelten auf einer höheren Entwicklungsstufe standen als die Germanen, die eigentliche Keimzelle für manche europäische Großstadt (beispielsweise Paris, Budapest, Belgrad oder Prag) eine keltische Siedlung war, die Kelten unserem Main, dem Rhein, der Donau, der Elbe, dem Neckar und vielen anderen Flüssen den Namen gaben. Auch unsere heutige Geldwirtschaft wurde von den Kelten "eingeführt" und in ganz Mitteleuropa finden sich ihre "Spuren".
Aus der Sicht der Griechen und der Römer waren die Kelten "Barbaren". Aus heutiger Sicht ist dieser Begriff ein unberechtigtes Schimpfwort. Wenn die Kelten herausgefordert wurden, waren sie zwar voller Todesverachtung und "keltoi" (=tapfer) bis zur Grausamkeit. Machthungrig waren sie aber nicht. Die Kelten hatten ein großes Problem: Sie haben sich nie zu einem Volk zusammen gefunden. Es gab nie eine nationale oder politische Geschlossenheit. Die Uneinigkeit der vielen Stämme untereinander war ihr Schicksal und ihr Untergang. Die Kelten wurden von dem Römern und Germanen vernichtet, verdrängt und "aufgesogen".
Ihre Sprache, der "Geist" ihrer Musik, die künstlerischen Ausdrucksformen und das aus dieser Zeit "herüber klingende" Sagengut sind lebendig geblieben (besonders in Schottland, Irland, Wales und in der Bretagne). Deutsche Wörter, wie Amt, Eid, Eisen, Geisel und Reich sind keltischen Ursprungs.
Die Kelten waren das erste Volk der Frühgeschichte in unserem Raum, von dem wir einen Namen wissen. Ihre Kultur ist in der (späten) Bronzezeit "aufgetaucht" und in der (frühen) Eisenzeit "untergegangen". Das "Keltische Jahrtausend" umfasst drei Epochen: Die Urnenfelderzeit (1200 bis 750 v. Chr.), Die Hallstattzeit (750 bis 450 v. Chr.) und die Latènezeit (450 bis 15 v. Chr.).
Die Kelten sind das letzte vorgeschichtliche Volk, das unseren Raum bewohnt, bewirtschaftet und bejagt hat. Ihre Siedlungsstätten, ihre Kultur, ihre Lebensweise und ihre Kulte sind uns meist nur aufgrund archäologischer Funde bekannt.
Die letzten Nachrichten über die Kelten werden in Asterix-Heften veröffentlicht. Solche Berichte sind natürlich nicht ganz ernst gemeint. Sie übertreiben maßlos, spiegeln aber auch einige Wahrheiten keltischer Lebensart wider: Den Drang nach prahlerischer Selbstdarstellung und Verhöhnung des Gegners, die Kampfeslust der keltischen Krieger, die Lebensweise als Ackerbauern und Viehzüchter; den "ewigen" Konflikt zwischen Galliern und Römern, die Stellung der Druiden und der Barden, die Freude an farbiger Kleidung, den Respekt vor den Mächten des Himmels, der Erde und der Unterwelt.
Die Kelten waren ein im Altertum weit verbreitetes indoeuropäisches Volk. Ihr ursprüngliches Siedlungsgebiet erstreckte sich vom östlichen Frankreich bis nach Böhmen. Bayern und Südthüringen waren "keltisches Kernland". Nach der großen (richtungslosen) Völkerwanderung sind sie in allen Teilräumen des europäischen Kontinents aufgetaucht, beispielsweise in Norditalien (Gallia cisalpina), Spanien (Keltibera), Portugal und selbst auf den britischen Inseln. Funde im Donauraum bestätigen sie dort für das vierte Jahrhundert vor Christus. Ein Jahrhundert später sind sie auf die Balkan-Halbinsel und nach Kleinasien (Galatien) vorgedrungen. In der Antike waren die Kelten "das größte europäische Volk" (vergleiche Karte).
In der Urnenfelder-Zeit wurden die Menschen verbrannt. Die Asche hat man in Tongefäßen (Urnen) auf Feldern eingegraben. Für die Hallstattzeit waren große Grabhügel kennzeichnend. Den Verstorbenen wurde nun alles mitgegeben, was sie für ein Leben im Jenseits benötigten. Man wollte, dass der Tote auch in seinem "zweiten Leben" als Gastgeber auftreten konnte. Die Grabkammern waren mit Balkenwerk gesichert. Die Begräbnisse und Totenfeiern waren sehr aufwendig.
In der frühen Latènezeit wurden Tote in Strecklage oft unter Weiterverwendung hallstattzeitlicher Hügelanlagen begraben. Darauf folgt eine Bestattung in Flachgräbern (mit weniger Grabbeigaben als in der Hallstattzeit). Schließlich wurden die Brandbestattungen (oft ohne jede Beigabe) zur Regel.
Anzahl und Wert der Grabeingaben lassen immer Rückschlüsse auf die soziale Stellung des jeweiligen Toten zu. "Leichenwagen", Zaumzeug, prächtige Waffen, große Bronzegefäße und wertvoller Schmuck waren Grabbeigaben für Fürsten und wohlhabende Krieger. Die Lebenserwartung betrug damals bei den Männern rund 40 und bei den Frauen rund 35 Jahre.
Für die Kelten war der Tod der Übergang von einem Dasein zum nächsten. Sie glaubten unbeirrbar an die Wiedergeburt. Der Tod war nichts anderes als eine "kleine Atempause in einem langen Leben". Die Vorstellungen von einem Leben nach dem Tod waren klar ausgeprägt. Ein antiker Schriftsteller berichtet, dass ihr Glaube daran so stark gewesen sei, dass sie selbst das Begleichen von Schulden bis zum Wiedersehen im nächsten Leben verschoben hätten.
Die Kelten sind als "Eisenbändiger" berühmt geworden. Ihre Schmiede hatten ein hohes Ansehen. Sie standen im Ruf, mit den Göttern verbündet zu sein. Sie waren Meister der Metallproduktion und der Metallbearbeitung. Sie kannten das Härtungsgeheimnis bei der Herstellung von Stahl. Die Waffen, die von ihnen geschmiedet wurden, waren die besten ihrer Zeit - wertvoll als Handelsprodukt und Gastgeschenk.
Im dritten Jahrhundert v. Chr. wurde im keltischen Verbreitungsraum die Geldwirtschaft eingeführt. Keltische Fürsten ließen erstmals Münzen nach griechischem und römischem Vorbild aus Gold, Silber, Elektrum und Mischmetallen prägen. Die Kelten haben sich in Europa ein Netz weiträumiger Handelsbeziehungen aufgebaut. Sie haben dabei schiffbare Flüsse bevorzugt und gelangten so über den Rhein zur Nord- und Ostsee, über die Rhône bei Marseille in den Mittelmeerraum und über die Donau in das Schwarze Meer. Die heutigen Alpenübergänge (St. Gotthard, Großglockner, Tauern) waren damals schon bekannt. Der "Brenner" erinnert an "Brennus", einen keltischen Heerführer, der mit seinen Kriegern 378 v. Chr. vor dem Kapitol von Rom stand.
Immer wieder haben Kelten das römische Weltreich bedroht. Julius Cäsar wurde schließlich ihr erbittertster Gegner. Er war in der Zeit von 58 bis 51 v. Chr. immer wieder auf Feldzügen in Gallien (Frankreich) unterwegs. Unter seinem Befehl wurden rund 800 keltische Dörfer zerstört und rund drei Millionen Menschen getötet oder versklavt.
Im Sommer des Jahres 15 v. Chr. überschritten die römischen Feldherren Tiberius und Druses - die Stiefsöhne des Kaisers Augustus - die Alpen. Sie haben die letzten 46 gallischen Stämme unterworfen.
Die Schlacht im Teutoburger Wald (9 n. Chr.) war schon eine Auseinandersetzung zwischen den Römern und den freien Germanen, die den Kelten nachfolgten.
Die keltische Gesellschaft war in drei Stände unterteilt. An oberster Stelle standen die Druiden als heilige Priester und Gelehrte. Sie waren für all das zuständig, was nicht durch das Schwert zu entscheiden war. Häuptlinge und Krieger zählten zur nächsten herrschenden Schicht. Das Gros der Bevölkerung bestand aus produktiven Arbeitern (Handwerkern, Händlern, Bauern und Viehzüchtern).
Die patriarchalische Familie war die Zelle der keltischen Gesellschaft. Die Einehe war vorherrschend. Die Mädchen blieben bis zum verlobungsfähigen Alter von etwa 14 Jahren in der Familie. Die Knaben gingen in der Regel im Alter von sieben Jahren aus dem Geburtshaus, um eine "Ausbildung" zu beginnen.
Für die keltischen Frauen war es eine wichtige Aufgabe, das häusliche Feuer ständig am Brennen zu halten. Die Männer bestimmten über Leben und Tod ihrer Frauen und Kinder. Nach zeitgenössischen Aussagen ist es manchmal vorgekommen, dass Witwen ihrem Mann in den Tod folgen mussten.
Heiratswillige Mädchen konnten sich üblicherweise ihren Mann auswählen. Für den Mann war nicht unbedingt die Mitgift entscheidend. Man hat auch auf die Schönheit, die "hausfraulichen Eigenschaften" und die Empfindungen Rücksicht genommen. Ein solches Verfahren war eine Seltenheit unter den Völkern dieser Zeit.