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HAßFURT: „Die Menschlichkeit ist wichtig, nicht die Religion“

HAßFURT

„Die Menschlichkeit ist wichtig, nicht die Religion“

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    „Die Menschlichkeit ist wichtig, nicht die Religion“ – mit dieser zentralen Aussage von Ahmad Jamaleddin lässt sich die Veranstaltung „Mein Glaube – Dein Glaube“ überschreiben, zu der am Donnerstag über 30 Interessierte in den Bibelkeller nach Haßfurt kamen. Der Abend gehörte zum Rahmenprogramm der Wanderausstellung „Gott liebt die Fremden“, die derzeit der ökumenische Verein „Bibelwelten“ zeigt.

    Familienseelsorgerin Dagmar Schnös, die in Knetzgau in der Flüchtlingshilfe engagiert ist, moderierte den Abend und fragte die Moslems Ahmad Jamaleddin und Zaher Msalatti sowie Pfarrer Stephan Eschenbacher zu den Schnittmengen, aber auch Unterschieden zwischen Christentum und Islam. Dabei ging es um Jesus und Maria im Koran, um Kopftuch und Ramadan, und um den Dschihad, den „heiligen Krieg“.

    Ahmad und Zaher organisieren in Haßfurt wöchentlich das Freitagsgebet, Pfarrer Stephan Eschenbacher stellt dafür den katholischen Pfarrsaal zur Verfügung. Um diese Tatsache entwickelte sich eine kontroverse Diskussion, weil Pfarrer Eschenbacher für das Freitagsgebet das Kreuz im Pfarrsaal abgenommen hatte. Jetzt hängt es wieder „es ist für uns auch kein Problem“, erklärte Zaher auf Frage von Dagmar Schnös. Religiöse Symbole haben im Islam kaum Bedeutung. „Wichtig ist Dein Glaube, Dein Gebet“, erklärt Zaher. Manche Muslims verzierten zuhause eine Wand mit den Schriftzügen „Allah“ und „Mohammed“, aber das sei jedem selbst überlassen.

    Ob es dann befremdlich sei, in ein christliches Land zu kommen, wo Bilder und Symbole von Gott und Jesus Christus quasi allgegenwärtig sind, wollte Dagmar Schnös wissen. Das verneinten beide. Auch in Syrien hätten sie schon mit Christen zusammengelebt.

    Beide Seiten wurden gefragt, was ihnen an ihrem Glauben gefällt. In der Antwort betonten Ahmad und Zaher, dass „unsere Religion Frieden lehrt.“ Auch Pfarrer Eschenbacher sieht Frieden und Nächstenliebe als zentrale Aussage Jesu, „an dem ich mein Leben ausrichten kann“.

    Zwei Feste feiern die Moslems – und das mit nur wenigen Wochen Abstand: das Zuckerfest zum Abschluss des Ramadan und das Opferfest während der Hadsch, der Wallfahrt nach Mekka. Das Fasten im Ramadan, der zeitlich durch das Jahr wandert und in den vergangenen beiden Jahren in den Hochsommer fiel, sähen viele Deutsche als schwierig, in Bezug auf das Trinken sogar als ungesund an, sagte Dagmar Schnös. Zaher und Ahmad verneinten das, denn das Fasten gebe Kraft. Die Entsprechung im Christentum beziehungsweise im Katholizismus sei die Fastenzeit. „Allerdings geht es auch um andere Dinge. Darum, was mir und anderen gut tut, um Ruhe und Rückbesinnung“, so Eschenbacher.

    Dagmar Schnös meinte, im Islam insgesamt mehr und strengere Regeln zu erkennen als im Christentum beziehungsweise in der Bibel. Doch Zaher erklärte, dass nicht alles im Koran stehe. Der Koran umfasse die Religionsregeln, doch der Prophet Mohammed habe auch unzählige Empfehlungen für ein soziales Miteinander und ein gesundes Leben aufgeschrieben, denen man folgen könne, die aber kein Dogma seien.

    In der katholischen Kirche gab es früher das Freitagsgebot, kein Fleisch zu essen. Ob der Fleischverzicht aber zu mehr Religiosität führt, oder ob es sich eher um eine praktische Regel handelte, das sei dahin gestellt. Wo Mohammed zum Essverhalten schreibt, der Mensch solle ein Drittel essen, ein Drittel trinken und ein Drittel des Magens leer lassen, ist Völlerei nach der Bibel eine Sünde.

    Im Kontakt mit den Flüchtlingen erlebte Dagmar Schnös, dass deren Glaube im Alltag präsenter ist. „Da erinnert das Handy an die Gebetszeiten. Ich bin zwar als Gast erst mal wichtiger, aber das Gebet wird nachgeholt“, erzählte sie. Der Ruf zum Gebet sei auch im Christentum allgegenwärtig, sagte Pfarrer Eschenbacher. Aber immer weniger Menschen wissen, was es bedeutet, wenn die Glocken läuten. „Das wird zunehmend eher als Lärmbelästigung wahrgenommen“.

    „Mit dem Kopftuch habe ich nach wie vor ein Problem. Ich frage mich immer, ob die Frauen, die das tragen, wirklich frei sind“, sagte Schnös. Zaher wie Ahmad versicherten, dass jede Muslima für sich entscheidet, ob sie die strenge Regel einhält, dass eine fromme Frau nur Gesicht und Hände zeigen darf und den Rest ihres Körpers bedeckt. Übrigens gebe es auch eine Regel für Männer erklärte Zaher. Ein freier Oberkörper oder kurze Hosen, die oberhalb des Knies enden, das seien „NoGos“. Grundsätzlich aber könne jeder Moslem entscheiden, ob männlich oder weiblich, an welche Regeln er sich hält, was ja auch die meisten Christen so handhaben würden.

    Interessant fand Dagmar Schnös, dass Ahmad gelernter Damenfriseur ist. Die meisten Muslimas hätten in Syrien zwar reine Damensalons gewählt, doch ein Damenfriseur sei dort nichts Seltenes, seine Kundinnen seien meist Nicht-Muslimas gewesen. Auch dem Vorurteil, das Moslems massiv ihren Glauben verbreiten wollen, trat er entgegen: „Ich bin verlobt mit einer Deutschen und sie hat gar keine Religion. Das ist für mich kein Problem“, erklärte er.

    Erst in der Vorbereitung des Abends hatte Dagmar Schnös erfahren, dass von 114 Suren im Koran drei von Jesus und Maria handeln. Was da geschrieben steht, war für sie wie für Pfarrer Eschenbacher interessant. Es geht um die jungfräuliche Empfängnis, um Jesus als Propheten, als der er im Islam gilt, seine Kreuzigung. „Und da steht auch, er wird wiederkommen‘“, so Zaher.

    Während beide Religionen an den gleichen Gott glauben, ist die Rolle Jesu anders. Der dreieinige Gott ist für Moslems nur schwer zu verstehen, „aber das ist auch den meisten Christen nur schwer richtig griffig zu erklären“, sagte Pfarrer Eschenbacher. „Vielleicht noch am ehesten mit einem dreiblättrigen Kleeblatt, das dennoch eine Einheit bildet. Und die Verbindung ist die Liebe“.

    In beiden Religionen steht der barmherzige Gott im Mittelpunkt. „Aber wie verträgt sich das mit dem Dschihad?“, fragte Dagmar Schnös. Zaher sieht im Koran keinen Aufruf zu militantem Auftreten nach außen, höchstens gegen Angriffe. „Was in Syrien passiert, ist kein Dschihad. Das ist ein Krieg um Geld und Macht. Sie missbrauchen den Islam dafür“, machte er deutlich.

    Im Anschluss an die offizielle „Podiumsdiskussion“ entwickelten sich noch viele lebendige Gespräche. Diese können auch fortgesetzt werden bei der dritten Veranstaltung dieser Reihe. „Meine Kultur – Deine Kultur“ heißt es am Sonntag, 23. Oktober, von 14.30 bis 17.00 Uhr im evangelischen Gemeindehaus Haßfurt. Dort gibt es Essen und Getränke aus beiden Kulturen, Musik und viel Gelegenheit zur Begegnung. Das Bibelmuseum im Kupsch-Keller ist gleichzeitig geöffnet, Führungen durch die Ausstellung werden jeweils um 15.00 und 16.00 Uhr angeboten.

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