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GOSSMANNSDORF/LUSSBERG: Die Querkel auf ewig in Stein gebannt

GOSSMANNSDORF/LUSSBERG

Die Querkel auf ewig in Stein gebannt

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    Steff Bauer.
    Steff Bauer. Foto: Foto: Meissner

    Unter den geschickten Händen von Bildhauerin Steff Bauer aus Schweinfurt erwacht ein rund zwölf Tonnen schwere Sandstein zum Leben. Die Zwerge – so genannte Querkel – tummeln sich auf dem der Veitensteiner Höhle nachempfundenen Gestein und erinnern an längst vergangene Zeiten. Der Gedenkstein soll zum Abschluss der Dorferneuerung in Lußberg aufgestellt werden.

    Steff Bauer arbeitete über sechs Wochen in Goßmannsdorf, wo sie einst ihre Ausbildung zur Bildhauerin absolviert hat, an ihrem Werk. Auf einem Neubrunner Sandsteinfindling, der die Form des Veitensteins widerspiegelt, hat sie die kleinen Gesellen der Vergangenheit nun quasi zum Leben erweckt: Der Klöß‘-Klauer, die vertauschten Kinder, der Hund aus Rudendorf, der kleine Arbeiter, der Hut-Querkel – alle sind sie am Stein versammelt.

    Ein riesiger Klotz war der Rohblock mit zwölf Tonnen Gewicht und den Ausmaßen von 2,40 auf 1,50 auf 1,60 Metern, Da der Stein zu groß war, um ihn in ihr Atelier in der Schweinfurter Friedhofstraße zu transportieren, bearbeitet sie ihn im Hof ihres einstigen Ausbildungsbetriebes Koch & Lenhardt. „Meine Aufgabe war es, die außergewöhnlichsten Sagen über die Querkel in Stein zu hauen“, sagt Bauer. Und so begann sie ihre Arbeit „am helllichten Tag“ – anders als einst die Querkel und sichtbar für Jedermann.

    Bevor sie mit ihrem Werk begann, hat sie natürlich erst die Höhle nahe Lußberg besucht und sich von ihr inspirieren lassen. Sie erklärt, dass die Legende von den Zwergen, die die Höhle im Veitenstein bewohnt haben sollen, wahrscheinlich auf der Tatsache basiert, dass im 17. und 18. Jahrhundert kleinwüchsige italienische Bergleute in der Region gearbeitet haben. Sie sollen nach Edelmetallen gesucht haben und sehr fleißig gewesen sein – und zu den Sagen um die eifrigen Querkel inspiriert haben.

    Die Dorfbewohner von Goßmannsdorf beobachteten in den vergangenen Wochen, wie Stück für Stück Bewegung in den Stein kam. Trotz erschwerter Bedingungen durch das wechselhafte Wetter der letzten Tage mit teils praller Sonne, teils heftigen Regenschauern, hat Bauer ihr Werk termingerecht fertiggestellt. Am Ende hat ihr Lebensgefährte und Bildhauerkollege Sören Ernst beim Schleifen des Steins geholfen, berichtet die Künstlerin, die die Hälfte des Jahres mit Ernst in Portugal lebt. „Damit sind wir glücklicherweise vor den allerheftigsten Regengüssen fertig geworden.“

    Die inzwischen renommierte Bildhauerin Steff Bauer hat früh ihre künstlerische Ader entdeckt. Schon als Kind zeigte sie sich beeindruckt vom Material Stein und der Bildhauerei. Mit Stein zu arbeiten, so Bauer, sei auch Ausdruck eines Ewigkeitsanspruchs: „Stein hält ein paar Hundert Jahre.“

    Bauer wurde 1971 in Schweinfurt geboren und machte ihr Abitur am Celtis-Gymnasium. Nach einem mehrmonatigen Sprachaufenthalt in Spanien 1990 absolvierte sie 1991 ein freiwilliges soziales Jahr mit anschließender Betreuungshelfertätigkeit bei der Lebenshilfe in Schweinfurt und übernahm schon da gelegentlich die künstlerische Ausgestaltung von Lokalen und sozialen Einrichtungen. 1994 kam sie in den Haßgau und begann im Steinmetzbetrieb Koch & Lenhardt in Goßmannsdorf eine Steinmetz- und Bildhauerlehre. Nach der Ausbildung machte sie sich als Künstlerin selbstständig und arbeitete fortan in ihrem Atelier in der Friedhofstraße in Schweinfurt. 2002 bildete sie sich bei Studienkursen an den freien Kunstakademien in Essen und Bad Reichenhall weiter. Seit 2004 lebt und arbeitet sie mit dem Bildhauer Ernst Sören.

    Die Bürgermeisterin von Breitbrunn, Gertrud Bühl, freut sich sehr, wenn der Gedenkstein am 22. Juli eingeweiht wird. Sie erzählt die erste Sage, die von der Existenz der Querkel berichtet: So hätten die Menschen damals lange nicht gewusst, wo die Zwerge, die in der Gegend bemerkt worden waren, ihr Zuhause hatten. Bis ein Hund aus Rudendorf sie auf die Spur der Querkel führte. „Der Hund, so heißt es, legte an Gewicht zu, ohne dass man ihn mehr gefüttert hätte“, erklärt Bühl. Und so sei man dem Vierbeiner, der sich oft Richtung Veitenstein davon machte, nachgelaufen. Auf diese Weise wurde das Loch gefunden, wo der Hund aus- und einging und wo ihn die Zwerge fütterten. Bühl hat während der vergangenen Monate einmal in der Woche in Goßmannsdorf vorbeigeschaut, um sich ein Bild von Steff Bauers Arbeit zu machen. „Bis jetzt gefällt es mir sehr gut“, sagt sie. Die Idee, mit dem Gedenkstein auf die Veitensteiner Höhle hinzuweisen, sei von einem Gemeinderat gekommen.

    Als die Quärkel die Veitensteiner Höhle verließen

    Kreisheimatpfleger Günter Lipp ist mit den Legenden, die sich um die Quärkel ranken, vertraut. In seinen Unterlagen finden sich Aufzeichnungen über die kleinen Zwerge. So hat Siegfried Weber beispielsweise die Geschichte ihres Fortgangs nacherzählt:

    „Vor vielen Jahren, als es noch keine Autos und noch keine Fernseher gab, wohnten in der Höhle auf dem Berg kleine Waldmännlein, Quärkel geheißen. Sie lebten von den Früchten des Waldes und ihrer Arbeit. Wo sie konnten, halfen sie auch den Menschen. Doch ließen sie sich nie dabei sehen. Hatte aber jemand eine Arbeit nicht zu Ende gebracht, weil es dunkelte, oder weil er abgerufen wurde, so fand er sie am nächsten Morgen schon getan.

    Am Sonntag jedoch gingen die Quärkel nach Salmsdorf, weil die Salmsdorfer Frauen für ihre guten Klöße bekannt sind. Wenn alle Leute in der Kirche waren, schlüpften sie in die Häuser und nahmen sich zum Lohn für ihre Hilfe einen Kloß aus den Töpfen, die die Frauen noch schnell vor dem Kirchgang auf den Herd gestellt hatten.

    Eines Tages wunderte sich eine Salmsdorferin über die geringere Anzahl Klöße in ihrem Topf nach dem Gottesdienst. Am nächsten Sonntag blieb sie zu Hause und versteckte sich hinter einem Vorhang. Wie staunte sie, als sich die Küchentür öffnete und sie zunächst keinen Menschen eintreten sah. So vermutete sie die Katze und schaute auf den Boden. Da entdeckte sie ein kleines Männlein, das ohne Scheu seinen gewohnten Weg einschlug. Zuerst holte es sich einen Küchenstuhl und stellte ihn an den großen Herd. Danach kletterte es über die Schublade auf den Küchenschrank und holte aus dem obersten Schubfach die Kloßkelle. Mit dieser begann es nun flink und geschickt einen Kloß aus ihrem Topf zu fischen. Geduldig wartete es, bis der Leckerbissen abgekühlt war, um ihn dann mit großem Appetit zu verzehren. Zum Abschluss spülte es die Kloßkelle sorgfältig im Waschbecken und räumte alles wieder an seinen Platz.

    Noch am selben Nachmittag erzählte die Späherin ihre Beobachtungen in einer Kaffeerunde. Ohne Mühe konnte sie alle Hausfrauen dazu überreden, von nun an die Kloßtöpfe immer mit schweren Eisendeckeln zu versehen.

    Am folgenden Sonntag verteilten sich die Quärkel wieder während der Gottesdienstzeit im Dorf. Jeder ging in sein Bauernhaus. Als sie die abgedeckten Töpfe sahen, rückten sie sich wie immer einen Stuhl an den Herd und versuchten nun mit der Kloßkelle den schweren Deckel herunterzuheben. Doch es wollte nicht gelingen. Aber in ihrem Eifer traten manche auf die heiße Herdplatte, verbrannten sich die Finger oder rutschten aus und fielen auf den Boden.

    Jammernd und wehklagend stürzten sie aus den Häusern. Bald waren alle Quärkel auf der Dorfstraße versammelt. Keiner hatte einen Kloß bekommen, aber jeder beklagte einen schmerzenden Körperteil. Hungrig und wütend wanderten sie zurück zu ihrer Höhle auf dem Veitenstein. Dort beschlossen sie, aus dieser ungastlichen Gegend mit den geizigen Bauersfrauen fortzuziehen.“

    Der Veitenstein und seine Sagen

    Bei Lußberg erhebt sich ein bewaldeter Bergrücken von 460 Metern Höhe. Am westlichen Teil des Bergrückens, dem Lußberg, ragt ein verwitterter Sandsteinfelsen heraus, dessen äußerster Rand etwa 15 Meter senkrecht abfällt. Das ist der „Veitenstein“. Die Besonderheit des Veitensteins ist seine sagenumwobene und rätselhafte Felsenhöhle und das Querkelloch mit Inschriften und Zeichen. Über eine Felsspalte kann man in unterirdische Hohlräume gelangen. Aus einer dieser Kammern, dem Geißstall, führt eine Verbindung nach außen (Querkelloch). Es wird angenommen, dass hier eine heidnische Kultstätte existierte, worauf Funde hinweisen.

    Die ausgetauschten Kinder

    In Priegendorf erzählten 1891/1892 die Schulkinder: Die Querkel stahlen die Laibe Brot aus den Backöfen zu Priegendorf, aber sie warteten auch die kleinen Kinder und bekamen hierfür zum Lohne Brot. Wenn in Priegendorf „Musik war“, kamen die Querkel herein ins Dorf und tanzten mit. Um neun Uhr aber gingen sie wieder ihres Weges. Ihr Geschirr holten die Querkel bei den Häfnern in Gerach. Dort stahlen sie aber auch unter Mittag die Wickelkinder. Überhaupt sagte man allgemein, die Querkel hätten Kinder ausgewechselt. Einmal gingen die Zwerge nach Mauschendorf und nahmen einen kleinen Zwerg mit, um ihn drüben gegen ein Menschenkind zu vertauschen. Aber sie wurden dabei gesehen, sie entflohen und ließen in der Eile das Kind und auch den kleinen Zwerg im Hause zurück. Die Leute wussten nun nicht, welches der beiden Kinder das ihrige sei und pflegten sie gleichmäßig. Das Zwergenkind lernte nicht sprechen, es war kein Wort aus ihm herauszubekommen. Als es schon zwölf Jahre bei den Leuten war, legte einmal die Pflegemutter Eierschalen auf den Herd. Das brachte den Zwerg zum Reden und er sprach: „Ich bin schon so alt wie der Thüringer Wald und hab‘ noch nicht so viel 'Eiergluckl' gesehen“ und darauf verschwand er (Lußberg 1913, aufgeschrieben von K. Spiegel). sme

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