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EICHELSDORF: Drogenhilfe: Viel Raum zum Leben und zum Arbeiten

EICHELSDORF

Drogenhilfe: Viel Raum zum Leben und zum Arbeiten

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    Es riecht nach Weihrauch. Und das, obwohl im leer geräumten ehemaligen Gotteshaus das letzte Mal vor rund sechs Wochen ein Gottesdienst statt gefunden hatte. Robert Soto-Löwenthal kann verstehen, dass nach den umfangreichen Abbauarbeiten der Geruch von Weihrauch in den kahlen Raum zurückgekehrt ist: Jahrzehnte wurde hier Gottesdienst gefeiert. Es war einfach ein ehrwürdiger Raum, sagt der Leiter der Drogenhilfe Tübingen (seit März 2007 Teil des Baden-Württembergischer Landesverband für Prävention und Rehabilitation gGmbH). Und diesen Charakter soll das Bauwerk auch in Zukunft behalten.

    Die Achtung vor den Erlöserschwestern, die das frühere Wasserschloss und Kloster 134 Jahre bewohnten, ist dem Leiter der Bettenburg nur allzu oft anzumerken. Immer wieder tauchen die Worte auf: „Das können wir alles erhalten.“

    Und es ist längst nicht so, wie manche geunkt hatten: Von einem alten Haus geht die Drogenhilfe in ein anderes altes Haus. „Eigentlich könnten wir hier schon gleich einziehen“, sagt Soto-Löwenthal. Denn in vielerlei Hinsicht ist das Haus in einem tadellosen Zustand. Die Räume sind gepflegt, auch wenn zuletzt nur noch wenige Schwestern hier waren. „Ich weiß gar nicht, wie sie das gemacht haben, dass alles noch so gut in Schuss ist“.

    Dennoch gibt es drei Bereiche, warum es mit „gleich einziehen“ erst einmal nichts wird: Zum einen – aus den Zimmern der Schwestern müssen Räume geschaffen werden, die den Anforderungen an eine Reha-Einrichtung, wie es die Drogenhilfe Tübingen ist, entsprechen. Gelöst wird es denkbar einfach: Aus jeweils zwei nebeneinanderliegenden Schwestern-Zimmern wird ein Doppelzimmer für die Klienten der Drogenhilfe. Dort wo jetzt die Waschgelegenheit noch zu sehen ist, wird eine Nasszelle eingebaut. Dazu gibt es im dritten Stock sowie im „Neubau“, dem in den 60er Jahren gebauten Trakt im Anschluss an die Pforte, auch Einzelzimmer. Hier allerdings nicht mit Nasszellen, sondern mit gemeinsamen Sanitärräumen auf dem Stockwerk.

    Der Umbau der Zimmer ist ein Posten, der zu Buche schlägt. Vermutlich nicht weniger teuer wird die Umrüstung des Stromnetzes im Haus. Denn an vielen Stellen entspricht dieses nicht den vorgeschriebenen Sicherheitsstandards. Auch wenn selbst der planende Architekt beinahe bewundernd vor den vor Jahrzehnten akribisch verlegten Leitungen gestanden hatte, berichtet Soto-Löwenthal.

    Ein weiterer Kostenfaktor: Der Brandschutz, wie er für solche Einrichtungen vorgeschrieben ist. So muss unter anderem das Treppenhaus abgetrennt werden.

    Entschädigt wurde die Drogenhilfe auf der anderen Seite durch Räume, „in denen wir nicht einmal streichen müssen“. Und viele Räume behalten dabei unter den neuen Nutzern gar die Funktion, die sie auch bei den Schwestern bereits innehatten. Im Untergeschoss etwa wird aus der Krankenstation neben der Verwaltung auch wieder eine Krankenstation eingerichtet. Im ersten Stock wird aus dem früheren Gemeinschaftsraum ein Aufenthaltsraum, der Speisesaal bleibt unverändert und besonders stolz ist Soto-Löwenthal auf die Küche. Blitzblank strahlt diese und sie entspricht allen Anforderungen für den Betrieb der Drogenhilfe mit seinen dann 60 Klienten und noch einmal rund 30 Mitarbeitern. Lediglich der Boden in der Küche muss aufgerauht werden – aus Sicherheitsgründen.

    Wenn Soto-Löwenthal von den Schwestern bewundernd spricht „sie sind uns sehr entgegengekommen“, dann meint er allerdings nicht nur den Kaufpreis, über den Stillschweigen vereinbar wurde, sondern auch einige weitere Geschenke, die der Orden den neuen Nutzern überließ: So etwa eine Wäscherei mit großen Waschmaschinen und einer überdimensionalen Mangel. Ideale Arbeitsbedingungen für die Arbeitsgruppen, die jetzt auch schon auf der Bettenburg dort tätig sind. Und nicht weniger stolz ist die Arbeits- und Beschäftigungstherapie über ihr Geschenk: Die Töpferei des Klosters samt Brennofen mit einem anschließenden herrlichen großen Raum für gemeinschaftliches Arbeiten.

    Vieles verbinde die Schwestern als frühere Nutzer und die neuen Nutzer, so Soto-Löwenthal, als er durch die Funktions-Räume führt: Das ehemalige Kloster biete einfach Raum zum Leben und zum Arbeiten und „zu lernen, zufrieden und glücklich zu sein“.

    Fast alle Räume des großen Gebäudekomplexes werden genutzt werden können. So wird zum Beispiel auch im Pfarrhaus wieder Leben einkehren – dies wird zum Kinderhaus.

    Tabu für die Klienten ist allerdings der Kloster-Friedhof. Lediglich die Pflege übernimmt der Grüntrupp der Einrichtung. Ansonsten soll er durch ein Tor abgetrennt werden vom übrigen Areal. Auch hat sich die Drogenhilfe verpflichtet, Angehörigen und Ordensmitgliedern den Zugang zum Friedhof zu gewähren. Deutlich ist dies schon jetzt an der ehemaligen Klosterpforte: Besucher können sich an die Drogenhilfe auf der Bettenburg wenden.

    Verschlossen und abgetrennt vom Alltagsbetrieb der Einrichtung bleibt zudem das ehemalige Gotteshaus. Und dennoch soll der markante Raum auch genutzt werden. So etwa für Konzerte und bei besonderen Anlässen. Immerhin thront dort noch die ehrwürdige Orgel über der Empore und erinnert an das ehemalige Gotteshaus. Auch Fachvorträge könnten hier stattfinden, berichtet der Leiter der Drogenhilfe weiter.

    Nach den Planungsarbeiten soll richtig Baubeginn im Mai sein. Zuvor, am 3. März, wollen die Drogenhilfe Tübingen und die Stadt Hofheim bei einem Informationsabend über die neue Einrichtung in Eichelsdorf informieren. Und dann dürfte auch der neue Name feststehen. Zurzeit steht nur so viel fest: „Schloss Eichelsdorf“ wird darin vorkommen. Nicht mehr Kloster, „denn das wäre wohl auch nicht im Sinne der Schwestern“, so Soto-Löwenthal.

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