Eigentlich wäre der Rücktritt von einem politischen Ehrenamt in der bayerischen Gemeindeordnung nicht vorgesehen. Dennoch kommt es manchmal vor, dass Stadt- und Gemeinderäte noch während einer laufenden Wahlperiode aus dem Gremium ausscheiden wollen, so wie jetzt der Königsberger Otto Kirchner.
Der Chef der Fränkischen Rohrwerke begründet diesen Wunsch damit, dass er in letzter Zeit aus beruflichen Gründen immer mehr Auslandsreisen unternehmen müsse und daher viele Sitzungstermine nicht wahrnehmen könne. Unter welchen Voraussetzungen ist es also möglich, als Stadtrat das Amt niederzulegen?
Muss das Gremium zustimmen, wenn ein Mitglied aus dem Amt entlassen werden will?
Nach den kommunalen Vorschriften muss der Gemeinderat förmlich durch Beschluss über den Antrag auf Entlassung entscheiden, teilt Moni Göhr, Pressesprecherin des Landratsamts Haßberge, schriftlich mit. Früher mussten dafür Gründe vorliegen und nachgewiesen werden. Denn in der Theorie müsste ein Bürger, der sich wählen lässt, sein Amt ausführen, „bis er umfällt“, wie es Johannes Mücke von der Königsberger Hauptverwaltung etwas überspitzt ausdrückt – oder zumindest bis zu den nächsten Wahlen.
Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2012 sind eine Begründung und deren Nachweis allerdings nicht mehr nötig. Seitdem muss der Stadtrat zwar immer noch einen Beschluss über die Amtsentlassung fassen, darf das Ersuchen aber nicht mehr ablehnen, wie Harald Piecha, Leiter der Würzburger Kommunalaufsicht, 2014 in einem Interview mit der Mainpost erklärte.
Wenn ein ehrenamtlicher Bürgermeister vorzeitig aus dem Amt scheiden will, gelten die gleichen Regeln wie beim Rücktritt eines Mitglieds im Gemeinderat, Stadtrat oder Kreistag. Ähnlich wäre es auch bei einem hauptamtlichen Bürgermeister, allerdings ist die Rechtsgrundlage hier nicht das Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz, sondern das Beamtenstatusgesetz, wie Landratsamtssprecherin Göhr ausführt.
Wie läuft der Rücktritt eines Stadtrates und die Aufnahme eines Nachrückers in das Gremium ab?
Zunächst muss der Politiker, der dem Rat nicht mehr angehören will, einen Antrag stellen. „Nach der formellen Beschlussfassung über den Antrag auf Entlassung, an der der Antragsteller nicht teilnimmt, hat der Gemeinderat auch über das Nachrücken zu entscheiden“, heißt es im Schreiben aus dem Landratsamt. Auch an der Beratung über seine Entlassung darf der Antragsteller als persönlich Betroffener nicht teilnehmen.
Laut Moni Göhr endet mit diesem Beschluss die Stadtratstätigkeit. Wenn also der Nachrücker in der Sitzung anwesend ist, „wäre eine Wahlannahme und Vereidigung in derselben Sitzung“ möglich, schreibt die Landratsamtssprecherin. Zu diesem Zweck könnte der Nachrücker auch vorher informiert werden. Im Fall von Otto Kirchner dürfte das aber kaum notwendig sein, denn sein Nachrücker wäre Markus Geuß, der ohnehin als Ortssprecher von Hofstetten mit am Ratstisch sitzt.
Gibt es eine Regelung, die vorschreibt, an welcher Stelle der Sitzung eine Entlassung aus dem Amt zu erfolgen hat?
Diesen Punkt hatte Sparkassenkritiker Rainer Gottwald ins Gespräch gebracht. Denn in der Sitzung, in der Otto Kirchners Amtsverzicht behandelt wird, steht auch die Entscheidung über das von Gottwald initiierte Bürgerbegehren gegen die Sparkassenfusion auf der Tagesordnung. Der Sparkassenkritiker merkt in einer Rundmail an, es sei ungewöhnlich, dass Kirchners Rücktritt nicht Punkt 1 der Tagesordnung ist – so wie es eigentlich üblich sei. Auch wenn Gottwald es nicht deutlich ausformuliert, schwingt der Vorwurf mit, Kirchner wolle den Rücktritt so lange hinausschieben, dass er in Sachen Sparkasse noch mitentscheiden darf. Hierzu erklärt Moni Göhr: „Es gibt keine Regelung; die Aufstellung der Tagesordnung ist Aufgabe des jeweiligen Bürgermeisters.“ Darüber, ob es zumindest ein „übliches Verfahren“ gebe, das sich eingebürgert hat, lägen dem Landratsamt keine Informationen vor. Die Erfahrungen von Journalisten, die schon seit Jahren regelmäßig über Sitzungen in verschiedenen Orten berichten, bestätigen allerdings, dass Amtsniederlegungen meist ganz am Anfang behandelt werden.