Kaum einer kennt es und kein Straßenschild weist den Weg. Nur die großen Infotafeln am Radweg an der Stadtgrenze geben den entscheidenden Hinweis: „Heu-Hotel im Wehrlein. Vier Einfachstschlafplätze im Heu. Schlafsäcke und Kopfkissen auf Anfrage“ kann man hier lesen. Unsere Zeitung hat sich dieses Domizil näher angesehen, denn: Hotels gibt es viele, aber ein Heu-Hotel hat nicht jede Stadt zu bieten!
Mit viel Herzblut geführt
„Hotelier“ Winfried Schreyer und seine Frau Lilian betreiben – neben einem kleinen Ferienhaus – die Heu-Herberge seit fünf Jahren nebenberuflich in kleinstem Stil. Sein Geld verdient Schreyer anderswo. Täglich fährt er zur Arbeit nach Würzburg. Aber ihr besonderes Hotel führen die beiden mit viel Herzblut. In idyllischer Umgebung inmitten einer Blumenwiese mit Obstbäumen empfangen sie die Besucher.
Dabei sieht es erst mal wirklich nicht wie ein Hotel aus, eher wie ein schöner, lichtdurchfluteter Holzschuppen mit einer heubedeckten Hochliegefläche, die man über eine Holzleiter erklimmt. Frau Schreyer meint denn auch, der Begriff „Hotel“ sei vielleicht etwas unglücklich gewählt. Aber die Beschreibung als „Einfachstschlafplätze auf Heu“, also Schlafen wie anno dazumal, das trifft die Sache hundertprozentig.
In aller Regel nutzen es Tourenradler, die sich vorher telefonisch angemeldet haben. Jährlich kamen bislang jeweils rund 30 Übernachtungsgäste, um das Übernachtungserlebnis mit speziellem Flair zu genießen.
„Ich habe mir hier einen kleinen Lebenstraum verwirklicht“, erzählt der gebürtige Haßfurter Schreyer bei einer kleinen Führung und berichtet mit ruhiger Stimme, wie es dazu kam. Früher wanderte der 59-Jährige leidenschaftlich gerne mit Freunden in den Bergen der Alpen. Abends auf der Suche nach einem Schlafplatz mussten die Wanderer oft die leidvolle Erfahrung machen, dass alle Heustadel verriegelt waren.
Aber einige Male hatten sie Glück und die Wirtin einer Berghütte öffnete ihren Heuschober. Bei frischer Luft in einer weichen Kuhle haben die Abenteuerlustigen wie Murmeltiere geschlafen und geträumt. Und schon war die Idee geboren: dieses faszinierende und preisgünstige Schlaf-Erlebnis wollte Schreyer auch anderen Wanderern und Radlern ermöglichen.
Für den schmalsten Geldbeutel
Apropos preisgünstig: Dieses Hotel können sich auch Touristen mit schmalstem Geldbeutel leisten. Ganze zwei Euro verlangt er für die Übernachtung auf dem Heu, fürs Duschen im Haus werden nochmals zwei Euro fällig. Und wenn jemand keinen Schlafsack dabei hat, kann er sich einen ausleihen, für weitere zwei Euro. Was bewegt Menschen, diese doch eher spartanische Übernachtungsmöglichkeit anzunehmen? „Es ist nicht der niedrige Preis, es ist die Romantik!“, ist der dreifache Vater überzeugt. Viele Menschen hat er auf diese Weise schon kennen gelernt, sogar Gäste aus Brasilien.
Ausgebucht sind die Schlafplätze derzeit nicht. Wer's also mal ausprobieren will, kann nach Anmeldung unter Tel. (0 95 21) 95 23 36 oder 0151/55446000 auch kurzfristig „einchecken“.