„Muss nur noch kurz die Welt retten“ – dieses Tim-Bendzko-Lied klingt dem Anrufer entgegen, der versucht, Pfarrvikar Thomas Drexler auf dem Mobiltelefon zu erreichen. Und das trifft es ganz gut: Der 42-jährige Priester engagiert sich in seiner Freizeit als Rettungssanitäter beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK). „Zu diesem Hobby bin ich eher durch einen Zufall gekommen, aber jetzt mit Leidenschaft dabei.“
In Oberschleichach im Steigerwald, wo Drexler als Pfarrvikar wirkt, wurden im Jahr 2010 Freiwillige gesucht, die sich zu „First Respondern“ ausbilden lassen wollten – das heißt, zu Ersthelfern, die die Minuten zwischen Alarmierung des Rettungsdiensts und Eintreffen des Rettungswagens mit lebensrettenden Maßnahmen wie Herzdruckmassage überbrücken. Eine gewisse Nähe zum Thema hatte Drexler schon: Nach seiner Bundeswehrzeit hatte er eine Ausbildung zum Krankenpflegehelfer absolviert und danach im Würzburger Juliusspital als Nachtwache und Springer in der Notaufnahme gearbeitet, um sein Studium zu finanzieren.
„Teil der Ausbildung war auch ein Praktikum in der Wache des Roten Kreuzes in Haßfurt. Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich im Sommer 2011 mit einem weiteren Kurs die Ausbildung zum Rettungsdiensthelfer absolviert habe.“ Und weil auch das ihm gefiel, entschied Drexler sich, sich zum Rettungssanitäter weiterzubilden. Dafür musste er Kurse im oberbayerischen Burghausen belegen, 160 Praktikumsstunden in der Intensiv- und Anästhesieabteilung eines Krankenhauses ableisten und als so genannter Dritter Mann im Rettungsdienst mitfahren.
Das alles neben der Arbeit zu stemmen sei natürlich nur möglich gewesen, weil alle – die von ihm betreuten Gemeinden, sein Pfarrer Thomas Klemm und der Offizial Domkapitular Stefan Rambacher – ihm in Sachen mit der Terminplanung entgegenkamen. Gefördert wurde Drexler auch vom BRK, das die Kurskosten von rund 2900 Euro zahlte. „Die Ehrenamtlichen sind wichtig, weil wir gegenüber den Kostenträgern einen gewissen Anteil an ehrenamtlich geleisteter Arbeit nachweisen müssen“, sagt Wolfgang Zweverink, Bereitschaftsleiter des BRK in Haßfurt.
Er schätzt den priesterlichen Mitarbeiter: „Thomas verträgt auch mal einen lockeren Spruch.“ In der lockeren Atmosphäre lasse es sich dann auch Mal über große Themen wie den Glauben reden. „Selbst ich als Protestant, der nicht besonders häufig in die Kirche geht, habe schon einiges dazu gelernt“, sagt er.
Es ergibt sich auch schon einmal, dass Drexler seine Kollegen zum Gottesdienst und einem anschließenden Schnitzelessen einlädt. „Ich dränge mich aber niemandem auf. Sondern genieße es einfach, auch einmal in einem ganz anderen Umfeld zu sein als sonst“, sagt der fast zwei Meter große Geistliche.
Der Adrenalinspiegel sei bei jedem Einsatz hoch, denn jeder Notfall ist anders. Gewöhnen musste sich Drexler etwa daran, mit Blaulicht und Martinshorn auf der Mitte der Bundesstraße zu fahren und den Verkehr links und rechts hinter sich zu lassen. Auch als Seelsorger seien die Schicksale einiger Patienten mitunter für ihn belastend. Drexler erinnert sich an den Suizidversuch einer Person, die nach der Scheidung nicht ertrug, ihre Kinder nicht mehr sehen zu dürfen. Schnelles Eingreifens rettete ihr Leben.
Nach belastenden Einsätzen kommen gelegentlich Kollegen auf ihn zu, um sich mit ihm darüber zu unterhalten. „Da ist es schon gut, wenn man seelischen Beistand hat“, sagt Rettungssanitäter und Notarztfahrer Markus Hahn und fügt hinzu: „Der Drexler ist schon ganz brauchbar.“