Berthold Wunderlich strahlt und schaut zufrieden den Hang hinauf. Dort ist Action geboten. In eleganten Schwüngen steuert Linus auf seinen neonfarbenen Skiern direkt auf seinen Opa zu, während am Hang „Ski und Rodel gut“ unschwer zu erkennen ist.
Immer wieder fegen die Kinder den Hang hinunter, obwohl es inzwischen klirrend kalt geworden ist und sich die Sonne längst hinter der Bettenburg schlafen gelegt hat.

Opa Wunderlich ist nicht nur geduldig, ihn freut es richtig, dass das, was er vor gut einem Jahrzehnt auf die Beine gestellt hat, jetzt einmal richtig zur Geltung kommt: sein kleines, aber feines Familien-„Skigebiet“ am Rande von Sulzbach.
Es ist der Traum eines jeden Skifahrers: Raus aus dem Haus und quasi sofort auf der Piste stehen. Genau dieser Traum war für die Wunderlichs-Kinder vor gut einem Jahrzehnt in Erfüllung gegangen. „Ich wollte den Kindern was Gscheites schenken, was Bleibendes“, erinnert sich der 87-jährige Berthold Wunderlich. Zu Weihnachten bekamen die damals 15 Enkelkinder von ihm und seiner Frau Ilse einen Skilift geschenkt.
Schon lange schwebte dem Sulzbacher Tüftler so etwas vor, weil der Hang gleich neben dem Haus einfach ideal war. Allerdings waren die ersten Lift-Versuche nicht von Erfolg gekrönt. Das Vorhaben, einen Betonmischer als Antrieb für das Lift-Seil zu verwenden, verwarf er wieder, es war nicht sicher genug, erinnert sich Wunderlich.
„Baby-Lift“ aus Thüringen besorgt
Dann entdeckte er in Thüringen einen „Babylift“. Und so nahm in Gedanken die Skisaison am „Wachrangen“, wie der Hang in Sulzbach heißt, Gestalt an. Und nicht nur in Gedanken: Der Lift wurde gekauft. Und zwar für die, die ihm besonders am Herzen liegen: Der damals 76-jährige Berthold Wunderlich, von dem seine Schwiegertochter Kerstin sagt, dass „Familie sein Leben ist“, legte den Lift seinen Kindern und Enkeln quasi unter den Weihnachtsbaum.
Bis es aber so weit war, dass der Lift kam, präparierte er schon mal die Piste vor dem Haus und verlegte Starkstrom. Als der Lift dann geliefert wurde, baute Opa Berthold ihn gleich in seiner Werkstatt zusammen und fuhr ihn mit dem Stapler auf den „Wachrangen“.
120 Meter den Berg hoch
Schon damals war beim Nachwuchs die Freude groß, als der Lift dann in Betrieb ging. 80 Meter schleppte das Seil die Nachwuchs-Skifahrer und Rodler nach oben. Inzwischen sind es gar 120 Meter, sagt Berthold Wunderlich ganz stolz. Vor ein paar Jahren hat er das Seil verlängert.
Und auch mit seinen 87 Jahren hütet er den Lift wie seinen Augapfel, schaut immer wieder nach, dass das Seil gut läuft, dass es sich nicht in den Rollen verheddern kann. Die Anlage freut ihn einfach, „weil sie unkompliziert, aber effektiv ist“.
Wie Perlen aufgereiht, halten sich die Jungs am Seil fest und werden die 120 Meter nach oben gezogen. Dann geht's abwärts. Und heuer so schön wie selten zuvor, so der 87-Jährige ganz stolz, denn es hat nicht nur richtig schön geschneit, sondern der Schnee bleibt angesichts der tiefen Temperaturen auch richtig schön liegen.
Das war auch schon anders, da blitzte etwa im ersten Jahr das Gras noch hier und da durch. Mit einer Schubkarre fuhr Opa Wunderlich dann Schnee herbei und schaufelte ihn an die fehlenden Stellen. Und gar mit dem Stapler fuhr er weiteren Schnee heran, so der findige Sulzbacher, dem das Skifahren genauso viel Spaß machte wie seinen Kindern und Enkelkindern. Bis vor etwa drei Jahren fuhr er noch selbst seinen Hausberg hinab.

Die Kinder sind von dem, was ihnen ihr „Traumopa“ da eingerichtet hat, begeistert. Enkel Linus zum Beispiel, oder auch die Urenkel Felix und sein Bruder Moritz. Der elfjährige Linus hat hier das Skifahren gelernt, hatte so schon Erfahrung auf den zwei Brettern, als es zum Skifahren ins Gebirge ging. Und er berichtet lachend von einer Umfrage in der Schule vor dem Ski-Kurs, wer denn von den Schülern wo Erfahrung gesammelt habe: „Auf dem Sulzbacher Hausberg“, hat er dann gesagt, berichtet Linus Wunderlich schmunzelnd.
Und Linus hat bereits vor einigen Wochen mitgeholfen, dass die Ski-Piste noch eine weitere Attraktion bekommen hat: Zusammen mit dem Opa bereitete er eine Lücke in einer Hecke so vor, dass die Skifahrer und Rodler auf einen tiefer gelegenen Acker fahren können und so eine Sprungschanze haben. Wie gut dies funktioniert, führen Linus und Felix gleich immer wieder vor.

Beifall gibt's da auch gleich von Muttis, die am Lift stehen und ihren Jungs beim Wintersport zusehen. „Es ist doch einfach schön. Das Gelände ist übersichtlich, sie brauchen keinen Skipass und wir müssen auch nicht selber fahren“, sagen am Rand der Piste Beatrice Strohschön und Heike Höchner.
Auch eine Pistenraupe ist im Einsatz
„Es ist in diesem Jahr ein richtiger Wintertraum“, sagt Kerstin Wunderlich, die Mutter von Linus. Und dieser „Wintertraum“ hat in diesem Jahr endlich wieder einmal eine Verlängerung bekommen. Kerstin ist mit Ralf Wunderlich verheiratet, Bertholds Sohn. Und Ralf hat offenbar auch ein gutes Stück vom „Wintersport-Gen“ seines Vaters abbekommen, denn: Vor sechs Jahren erfüllte er sich zu seinem Geburtstag einen Wunsch und kaufte eine Pistenraupe.
Und die kam in den vergangenen Tagen zum Einsatz: Vier Kilometer Loipe hat Ralf Wunderlich gespurt, bis nach Walchenfeld und wieder zurück können so Langläufer die schöne Haßberge-Landschaft genießen. „Als er mit der Pistenraupe losfahren konnte, haben seine Augen richtig geblitzt, wie bei 'nem kleinen Bub“, sagt Kerstin Wunderlich. Und das dürfte dann nicht viel anders ausgesehen haben, als wenn Berthold Wunderlich an seinem Hang steht, das blaue Seil des Lifts durch den Schnee surrt – und er sich freut, wenn die Kinder in Schwüngen den Sulzbacher Hausberg herunterfahren.